Schneidhain (nd) – Am vergangenen Sonntag war es wieder so weit: In Schneidhain fand die zweite Auflage des beliebten Heimatkinos statt, das vom Heimat- und Brauchtumsverein Schneidhain organisiert wird. Schon im letzten Jahr waren zahlreiche Besucher in die Heinrich-Dorn-Halle gekommen, um sich die Filme von Hubert Müller anzuschauen. Dieser hatte in den 70er- und 80er-Jahren Veranstaltungen und Ereignisse in Schneidhain gefilmt. Als er im Jahr 1990 starb, gingen die Aufnahmen an seine Frau, die sie dem Stadtarchiv zur Verfügung stellte.
Das Heimatkino fand im letzten Jahr zwar zum ersten Mal statt, aber die Pläne dafür gab es schon länger. Schon bei der Gründung des HBV war die Idee geboren. Moderiert wurde die Vorstellung, die in zwei Hälften eingeteilt war, von Oliver Ernst, dem Zweiten Vorsitzenden des HBV. Los ging es mit Aufnahmen aus dem Jahr 1974.
1974 – ein Jahr für Fußball-Fans
„Was war denn eigentlich im Jahr 1974?“, fragte Ernst die Besucher. Natürlich hatte er sich vorbereitet und konnte die Frage selbst gut beantworten. Es waren gute Zeiten für Fußball-Fans, denn während die deutsche Nationalmannschaft Weltmeister wurde, gewann Eintracht Frankfurt den DFB-Pokal. Der Grundstein für das Freilichtmuseum Hessenpark in Neu-Anspach wurde gelegt und in Wolfsburg lief der erste VW Golf vom Stapel. Ein politisches Beben beschäftigte die Bürger des Landes; Willy Brandt war wegen der Guillaume-Affäre zurückgetreten und Helmut Schmidt wurde der neue Bundeskanzler.
In den Kinos liefen Filme von Bud Spencer und Terence Hill rauf und runter, und die Trophäe des Eurovision Song Contests, damals noch Grand Prix Eurovision de la Chanson, ging an ABBA mit dem Hit „Waterloo“. Auch in Schneidhain gab es ein wichtiges Ereignis – die Jugendfeuerwehr wurde gegründet.
Für viel Gelächter sorgten die Werbespots aus den 70er Jahren, die zu Anfang gezeigt wurden. Derweil heute auf möglichst wenig Plastik geachtet wird, war es damals der neueste Schrei. „Das neue Ajax in der Plastikdose – jetzt noch kräftiger“, versprach ein Werbeslogan, und Frau Antje aus Holland gab ihre Rezeptideen für Toast Hawaii an „liebe Hausfrauen“ weiter – weil Männer nicht kochten.
Getuschelt wurde während der Filmvorführung viel, denn so manch einer erkannte sich selbst sowie liebe und unliebsame Bekannte oder Verwandte. Die Aufnahmen vom Kinderfasching zeigten viele bunt gekleidete Jungen und Mädchen, die heute selbst Eltern sind. Besonders gefeiert wurde natürlich die Fußball-Weltmeisterschaft, mit geschmücktem Pferd und Kutsche wurde eine Runde durchs Dorf gedreht. Das Treffen der drei ehemaligen Bürgermeister wurde ebenfalls filmisch festgehalten. Bis zur Gebietsreform im Jahr 1972 hatte Schneidhain einen eigenen Bürgermeister, und so begegneten sich bei der Zusammenkunft Georg Weck, Heinrich Dorn und der kürzlich verstorbene Georg Gregori. Der Kerbeumzug und die Kerb, die auch heute noch gefeiert wird, durfte auf den Aufnahmen ebenso nicht fehlen. Gesprochen wurde der Film von Irene Riedel.
Während der Pause konnte man sich ausführlich über die vielen bekannten Gesichter und Gebäude austauschen – dazu gab es leckeres Eiskonfekt und stilechtes frisches Popkorn.
1984 – die Kerb auf dem Tiefpunkt
„Was war im Jahr 1984?“, fragte Oliver Ernst erneut das Publikum. Deutschland war kein Weltmeister mehr, sondern Frankreich Europameister, und die Anschnallpflicht wurde eingeführt. Helmut Kohl war Bundeskanzler und im Kino hielt Indiana Jones mit dem Tempel des Todes in Atem. Apple brachte mit dem Macintosh eine Neuheit auf den Markt und Klaus Lage sang von „1000 und eine Nacht“, in der es „Zoom“ gemacht hatte.
Erneut sorgten die Werbespots für ein großes Amüsement – Heidi machte den Alm-Öhi mit einem McDonalds Burger glücklich, und Underberg schmeckte zwar ganz schön bitter, aber half einem dafür schnell über den Berg.
In Schneidhain war die Kerb in diesem Jahr auf dem Tiefpunkt angekommen, es gab nicht mal ein Karussell. Das hielt die Schneidhainer aber nicht vom Feiern ab, und so genossen sie das erste Schnaademer Volksradfahren und den Tag der Freiwilligen Feuerwehr mit Fanfarencorps.
In Königstein wurde indes Georg Gregori zum ersten Stadtrat gewählt und Hubert Müller filmte den Besuch von Burgfräulein Ines Pfaff auf dem mittelalterlichen Markt von Katharina Kaufmehl im Kurpark. Die Fahrt der Dampflok konnte man damals auch schon einmal im Jahr bewundern, und das Hochwasser in Schneidhain stand den Bürgern bis zu den Knien. Sprecher des Films war Klaus Meier.
In aufwendiger Arbeit hatten die Mitglieder des HBV die Aufnahmen geschnitten und digitalisiert. Viele der Besucher blieben noch nach der Vorstellung, schließlich gab es viele Erinnerungen und Entdeckungen zu teilen. Bei einem leckeren Äbbelwoi oder Bier ließen sie den Abend ausklingen.
Für den Heimat- und Brauchtumsverein gibt es weiterhin viel zu tun – es gilt, den Hüttenzauber am 14. Dezember vor der Heinrich-Dorn-Halle zu organisieren.
Der Termin für das nächste Heimatkino steht ebenfalls schon fest: Am Sonntag, dem 16. November 2025, ist es dann zum dritten Mal so weit. Und man darf schon gespannt sein, was die Macher dann aus den Archiven kramen.