Schneidhain (nd) – Braucht Schneidhain eine Spielhalle? Vor allem diese Frage beschäftigte die Mitglieder des Ortsbeirates in der vergangenen Woche. Neben Bürgermeisterin Beatrice Schenk-Motzko (CDU), dem Ersten Stadtrat Jörg Pöschl (CDU) und Kai Prokasky, Mitarbeiter des Fachdienstes Planen der Stadt Königstein, waren zahlreiche interessierte Bürger zur 29. Sitzung ins Dorfgemeinschaftshaus gekommen. Auch Christoph Schwarzer, Besitzer des Gebäudekomplexes „Zur Linde“, war anwesend. Schwarzer plant neben einer deutsch-österreichischen Gaststätte, einem Kiosk und Mitarbeiterwohnungen eine Spielhalle im oberen Stockwerk des maroden Gebäudes. Für die Stadt Königstein ein Grund zur Freude, will Investor Schwarzer doch das kleine baufällige „Urlindchen“ abreißen lassen und neu bauen.
Einem großen Teil der direkten Anwohner ist die Spielhalle jedoch ein besonderer Dorn im Auge. Streitpunkte sind die Parkplatzsituation, die langen Öffnungszeiten und befürchtete Probleme mit der Klientel, die dort ein- und ausgehen könnte. Zu schlecht sind die Erfahrungen mit den Kunden der früheren Spielothek. Diese wurde von der Stadt Königstein lediglich geduldet. Allerdings lief die Vergnügungsstätte damals unter einem anderen Betreiber. Die Sorgen der Anwohner sind groß und so berichteten sie von Vermüllung, Pöbeleien, nächtlichen Ruhestörungen und Schlägereien. Ortsvorsteher Wolfgang Gottschalk und die Mitglieder des Ortsbeirates stehen zwischen den Fronten, denn sie werden einerseits von Gegnern, andererseits von Befürwortern der Spielhalle angesprochen. So wurde unter Tagesordnungspunkt 3, der Fragestunde der Bürger, alsbald hitzig diskutiert.
Anwohner äußern ihren Unmut
„Warum gab es keine Ortsbegehung für die Nachbarn der Linde? Eine Kommunikation hat nicht stattgefunden“, bemängelte Anwohner Georg Döller. Der Beschluss der Stadtverordnetenversammlung habe zum Zeitpunkt ihrer Amtsübernahme bereits festgestanden, antwortete Beatrice Schenk-Motzko. Sie wäre allerdings durchaus zu einer Begehung bereit gewesen, hätte man sie danach gefragt. Ortsvorsteher Wolfgang Gottschalk erklärte, dass er nicht den Ortsbeirat in der Pflicht sehe, sondern die Stadt Königstein. Kai Prokasky bestätigte, dass auch der Fachdienst die Unterlagen erst bekommen würde, wenn die Stadtverordnetenversammlung zugestimmt habe. „Vorher dürfen wir nichts veröffentlichen”, so Prokasky. Auch Anwohnerin Regina Birk ist verärgert. Sie habe den Ortsbeirat über ihre Bedenken unterrichtet. Durch die Wiesbadener Straße sei der Lärmpegel ohnehin schon hoch. „Für uns alle ist das eine Belastung, die einfach übergangen wird“, beanstandete sie. Gottschalk erklärte, dass der Ortsbeirat nicht entscheide, da dieser neutral bleiben müsse. In der Tat haben Ortsbeiräte in Hessen zwar ein Vorschlagsrecht in Angelegenheiten, die den Ortsbezirk betreffen, die Entscheidung trifft allerdings die Gemeindevertretung, also die Stadtverordnetenversammlung. Georg Döller fragte, ob es vor dem kritisierten Bebauungsplan jemals die Erlaubnis der Stadt für eine Spielhalle mit Automaten gegeben habe. „Meines Wissens nicht“, so die Bürgermeisterin.
Christoph Schwarzer erklärte, dass es mit der Stadt eine Vergleichsvereinbarung gegeben habe, die bis zum Jahr 2022 galt. Ihm sei klar, dass das Thema emotionalisiert sei. Das Gebäude sei in einem grausamen Zustand. Auch Eingangskontrollen seien geplant. „Wir wollen es ordentlich machen – es kann Sanktionen geben, wenn die Regelungen nicht eingehalten werden“, bekräftigte Schwarzer. Seine Mitarbeiter seien zum Thema Jugendschutz und Spielsucht gut geschult. Alkohol würde in der Spielhalle nicht ausgeschenkt. Er wolle dem Ort etwas Schönes geben. „Mein Eigentum – mein Konzept. Ich könnte das Objekt auch vermieten – wer weiß, was dann dort hineinkäme“, erklärte Schwarzer. Auch Schenk-Motzko sieht im Gesamtkonzept eine Bereicherung für den Ort. „Sollte das Konzept umgesetzt werden, werden wir Sie begleiten; Sie müssen sich nur melden“, richtete sie sich an die Anwohner. Der Bürgersteig auf Höhe der Scheune soll laut Bauplan breiter werden und auch die Natursteinmauer – mehrere Bienenarten legen hier ihre Eier ab – soll bleiben. Die größte Sorge der Anwohner sind die langen Öffnungszeiten. Lediglich zwischen 4 und 10 Uhr morgens muss eine Einrichtung dieser Art geschlossen sein. Die erhoffte Einschränkung der Öffnungszeiten wird es wohl nicht geben.
Straßen bleiben verkehrsberuhigt
Gute Nachrichten gibt es für die Anwohner der Straßen „Am Wäldchen“ und „Am Wickenstück“. Beide Straßen bleiben verkehrsberuhigt, nur an der Parkplatzsituation müsse es Änderungen geben.
Die Einwohner Königsteins und der Stadtteile haben kürzlich Briefe bezüglich der Grundbesitzanteile bekommen. Viele Bürger beschäftigt dieses Thema sehr. „Wo kann man Einspruch einlegen, warum ist die Biotonne kostenpflichtig geworden und warum kostet der Wasserzähler 40 Euro mehr?“, fragte ein Besucher der Sitzung. Die Bürgermeisterin erklärte, dass es ihr schwergefallen sei, den Hebesatz zu ändern. Sie habe einen schwierigen Haushalt vorgefunden. Die Biotonne hingegen sei schon immer kostenpflichtig gewesen, die Kosten hätten sich in den Kosten des Restmülls versteckt. Widerspruch kann binnen vier Wochen bei der Stadt Königstein eingereicht werden. „Wenn wir nichts erhöht hätten, hätten der Kreis und die Landesregierung den Haushalt nicht genehmigt“, erklärte die Bürgermeisterin.
Wohnungen nur für Mitarbeiter
Unter Tagesordnungspunkt vier und fünf ging es erneut um das Thema Linde. Nun gab es auch unter den Mitgliedern des Ortsbeirates etwas Streit. „Es gibt viele Bedenken, die wir nicht ausräumen konnten – Mitarbeiterwohnungen, Parkplätze –, da wurde vieles schöngerechnet“, so Ortsbeiratsmitglied Ralf von Cleef (CDU). Noch befände man sich im Dialog, wenn es erst beschlossen sei, schaffe man Tatsachen. Noch könne man etwas ändern, denn noch sei die Spielhalle nicht erlaubt. Vor allem die langen Öffnungszeiten und die Parkplatzproblematik sehe er kritisch. Die Mitarbeiterwohnungen müssten ausschließlich für Mitarbeiter vorgesehen sein, die auch wirklich vor Ort arbeiten, sonst würde die Rechnung nicht aufgehen. Nach längerer Diskussion der Ortsbeiratsmitglieder untereinander stellte von Cleef schließlich einen Antrag. Die Mitarbeiterwohnungen sind bindend für Mitarbeiter zu verwenden, die in der Linde arbeiten. Dem Antrag wurde zugestimmt, ebenso wie den Tagesordnungspunkten vier und fünf, dem vorhabenenbezogenen Bebauungsplan „Zur Linde“ und der dazugehörigen Satzung.
Wahrscheinlich werden die Anwohner keinen Einfluss auf das Projekt Linde und die Spielhalle nehmen können. Auch ein Bürgerbegehren würde sich womöglich schwierig gestalten, möchte die Hessische Landesregierung diese doch bald einschränken. Fakt ist allerdings, wer sich das deutsch-österreichische Gasthaus und den Kiosk wünscht, wird sich auch mit der Spielhalle abfinden müssen. Das eine wird es ohne das andere nicht geben.