Liederabend in den „Heil‘gen Hallen“ des Adelheidstiftes

Eine illustre Runde brachte den Adelheidstift zum Klingen: Prof. Thilo Dahlmann, der Pianist Götz Payer und die Meisterschüler Merle Marie Bader sowie Harald Hieronymus Hein, Seongjae Choe, Jonathan Macker (von links nach rechts). Foto: Sura

Königstein (aks) – Bevor die drei jungen Sänger und eine Sängerin – alle Meisterschüler der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst – von Frankfurt aus in die weite Welt ausschwärmen, gaben sie sich im Adelheidsaal am Samstagabend die Ehre. Pfarrerin Katharina Stoodt-Neuschäfer freute sich sichtlich über „alte Bekannte und neue Sänger, die als Meisterschüler ihren Weg in die Welt gehen werden“ und gab damit den Startschuss für die Konzertreihe der Immanuelgemeinde für 2020. Den Pianisten Götz Payer lobte sie ausdrücklich als „wundervollen Liedbegleiter“.

Unverbrauchte Stimmen

Das Publikum erwartete ein facettenreiches Programm in dem relativ kleinen, holzgetäfelten Saal mit einer guten Akustik, die die starken Stimmen warm umfing. Lampenfieber lag in der Luft, aber auch die Vorfreude auf schöne Musik, interpretiert von gut ausgebildeten Sängern mit jungen unverbrauchten Stimmen. Am Klavier begleitete sie virtuos Götz Payer, der ihnen im musikalischen Dialog eine ebenso verlässliche wie wichtige Stütze bot und der die Lebendigkeit und Charakteristik jedes einzelnen Sängers erfassen und die schillernden Facetten jeder Arie klangstark umsetzen konnte.

Durch den Abend führte der Professor für Gesang an der Hochschule für Musik, Bassbariton Thilo Dahlmann, der als Konzert- und Liedsänger in der klassischen Musikszene einen hervorragenden Namen hat. Er war sichtlich stolz, drei seiner Schüler vorzustellen, die die sonoren Stimmlagen beherrschen, und die mit herrlich tiefen Stimmen als Baritone und Bassbaritone ihre Arien eindrucksvoll vortrugen.

Wandelbarkeit führt zu Applaus

Jonathan Macker mimte den „Sarastro“ aus der Zauberflöte, der als gütiger Herrscher strenge Anforderungen an jeden Menschen stellt, der etwas auf sich hält. Gleich darauf wechselte er ins Italienische als kecker lebenslustiger „Figaro“, der trotz seiner respekteinflößenden Stimme leichtfüßig von den flatterhaften Eitelkeiten des „Cherubino“ berichtete. Die Wandelbarkeit der jungen Künstler und ihrer Stimmen sowie ihre überzeugende, wenn auch reduzierte Darstellungskunst, die Text und Deutung wunderbar unterstrich, verführte das Publikum immer wieder zu gut gelauntem und durchaus frenetischem Applaus.

Seongjae Choe punktete mit Finzis „Shakespeare Songs“, die er flott und gut gelaunt mit einer schönen Euphorie in der Stimme interpretierte: „Sweet lovers in Spring“, das klang nach leichter Muse.

Vom Frühling ging es geradewegs in den Tod, so kündigte es Dahlmann mit einem ironischen Unterton an, das sei das „täglich Brot des Sängers“. Harald Hieronymus Hein trat mit drei Liedern von Schubert auf. Sein Blick zielte verklärt ins Jenseits, so stimmte er die Anwesenden auf Düsternis und Endlichkeit ein. Als Totengräber jauchzt er über seinen Spaten und lacht sich ins Fäustchen, dass „reiche und arme Leute werden meine Beute“. Ernst wird es beim Tod des Mädchens, das fleht und bittet, dass der „Knochenmann“ sie doch nicht anrühren möge.

Heins Stimme klingt durchaus gefährlich verführerisch, wenn er sie lockt, doch sanft in seinen Armen zu schlafen. Er setzte mit dem „Erlkönig“, vertont von Carl Loewe, noch einen drauf, wo er scheinbar dem Wahnsinn nah, den verzweifelten Vater und das verängstigte Kind singt und dabei Gänsehaut erzeugt. Auch Wagners „Holder Abendstern“, ein erhabener Stern am Klassikhimmel, wurde mühelos gemeistert von Jonathan Macker, ebenso wie die Mendelssohn Bartholdy-Arie aus dem „Paulus“-Oratorium, vorgetragen von Choe. Das klang gewaltig und hallte in großer Schönheit nach.

Helligkeit in dunklem Gesang

Die Sopranistin Merle Marie Bader brachte strahlende Helligkeit in den „dunklen Gesang“ mit ihrer klaren Stimme und gut verständlicher Aussprache. Anmutig erklangen die „early songs“ von George Crumb, einem zeitgenössischer Komponisten, die dieser schon mit 17 Jahren komponierte. Ihre Stimme ist lyrisch expressiv und ihre Interpretation frisch und begeisternd. Nomen est omen: Merle, die wie eine Amsel heißt und „das Lied der Nachtigall“ von Grieg auch wie eine Nachtigall singt, bewältigte die Heine- und Goethe-Vertonungen leicht und präzise. Grieg, der als der beste norwegische Komponist zu seiner Zeit galt, wollte sich mit diesen meisterhaften Liedern auch international behaupten, zur großen Freude der Zuhörer, die seine lichte, klare und kraftvolle und doch verspielte Musik immer wieder neu entdecken und lieben lernen.

Eine Zugabe vom Professor selbst war ein weiterer Höhepunkt an diesem eindrucksvollen Abend, an dem große Gesangskunst in einem sehr intimen Rahmen vorgetragen wurde. Und das alles bei freiem Eintritt! Das Spendenkörbchen war am Ende gut gefüllt, so schien es zumindest, aber für solch rare Liedabende auf höchstem Niveau, für alle Königsteiner um die Ecke, sollte einem nichts zu teuer sein, damit sie auch weiterhin stattfinden können und damit die Kurstadt auch weiterhin Kulturstadt bleibt.



X