Erinnerung an den ersten Ehrenbürger Sigismund Kohnspeyer

Sigismund Kohnspeyer auf einem Gemälde

Königstein (kw/pu) – Am 19. Mai vor 125 Jahren starb Sigismund Kohnspeyer, ein am 29. August 1830 in Frankfurt am Main geborener deutscher Kaufmann und Bankier jüdischer Abstammung, den es Mitte der 1860er Jahre nach Königstein zog und der ob seines Wirkens zum ersten Ehrenbürger der Burgenstadt ernannt wurde.

Als einer der ersten wohlhabenden Frankfurter entdeckte er das erfrischende Klima des Taunus für sich und legte sich deshalb hier eine Sommervilla zu. Damals gab es noch keine Villa Rothschild und keine Villa Andreae, aber Dr. Georg Pingler hatte bereits seine Wasserheilanstalt etabliert und 1863 einen Kurverein gegründet. So blieb der „Neuankömmling“ dem Kurarzt auch nicht unbemerkt. Pingler stellte in seinem Saisonbericht von 1867 ausdrücklich heraus, dass die Sommerresidenz von Kohnspeyer eine geradezu „magische Anziehungskraft“ auf die „Haute volee“ der Umgebung haben werde, mit dem Resultat, „dass eine Menge seiner Gäste die außerordentlichen Naturschönheiten dieses Ortes würdigen lernten, was wohl nicht ohne Früchte bleiben wird….“ Damit sollte er Recht behalten.

Kohnspeyer, oder auch Cohn-Speyer, stammte nicht etwa aus der pfälzischen Domstadt, sondern eben aus Frankfurt. Sein Vater, Leopold Isaak Kohn (1790 bis 1847), hatte den Namen seines Förderers, des Bankiers Michael Joseph Speyer, angenommen, der zu den wohlhabendsten Frankfurter Bürgern zählte. Sigismund wuchs behütet auf. Sein zwei Jahre älterer Bruder Isaak, der über seine Frau mit der Familie Goldschmidt verschwägert war und dessen Kinder in die Bankiersfamilien Warburg und Sulzbach einheirateten, folgte beruflich dem Vater. Auch Sigismund wird mitunter als Bankier bezeichnet, er engagierte sich jedoch in vielfältigen Bereichen, unter anderem mit Beteiligungen an Baumwollspinnereien und in verschiedenen Vorständen und Aufsichtsräten. Er war im Vorstand der Frankfurter Lebensversicherungsgesellschaft, der Deutschen Phönix Feuerversicherung, im Aufsichtsrat der Frankfurter Bank und der Deutschen Wasserwerksgesellschaft, Frankfurt sowie Vorsitzender des Aufsichtsrats der Cronberger Eisenbahn.

Auch kulturelle Unternehmungen begleitete er tatkräftig, etwa als Mitglied der Senkenberg Gesellschaft für Naturforschung, und zusammen mit anderen war er 1858 erster Geschäftsführer der Zoologischen Gesellschaft des neugegründeten Frankfurter Zoos.

Sein besonderes Interesse galt dem Theater. Mit einer großen Spende begründete er den Frankfurter Theater-Pensionsfonds. Von 1868 bis 1878 übernahm er die Leitung der Städtischen Bühnen, zu denen er eine besondere Beziehung entwickelte. Denn hier lernte er seine spätere Frau, die Opernsängerin Antonie Labitzky (1835 bis 1894), kennen, die als erste Coloratursopranistin am Frankfurter Theater Erfolge feierte. Für den Bau des Opernhauses setzte sich Kohnspeyer ebenfalls tatkräftig und mit großzügigen Spenden ein. Bei dessen Eröffnung 1880 hatte Tonie Labitzky ihre Karriere längst beendet. Seit 1873 war sie mit Kohnspeyer verheiratet und Mutter von zwei Töchtern geworden, die in Königstein zur Welt kamen.

Wann Sigismund Kohnspeyer die Kurstadt für sich entdeckte, ist nicht bekannt. 1867 kaufte der damals 37-Jährige die Villa am Ortseingang. Doch bereits ein Jahr zuvor, am 12. Oktober 1866, hatte ihm der Gemeinderat den Ehrenbürgerbrief verliehen. Schon zu dieser Zeit muss er sich um das Gemeinwesen verdient gemacht haben, und auch in den folgenden Jahren unterstützte er mit seinen großzügigen Spenden unter anderem den Bau der Synagoge wie den der evangelischen Kirche. 1878 spendete er für die Errichtung des Kriegerdenkmals und immer wieder für die Armen. Um seine Villa, die noch heute an der Frankfurter Straße steht, ließ er einen großzügigen Landschaftspark von dem damals führenden Gartenarchitekten Heinrich Siesmayer anlegen, der von der Frankfurter bis zur Wiesbadener Straße und über die Thewaltstraße hinaus reichte. Ein Weiher im Garten zog im Winter die Schlittschuhläufer von nah und fern an, was der Hausherr nicht nur zuließ, sondern geradezu förderte. Der gesamte Park, in dem auch einige wilde Tiere gehalten wurden, stand an Sonntagen allen Königsteinern offen. So wird in Beschreibungen Kohnspeyers immer wieder seine besondere Gastfreundlichkeit hervorgehoben.

Er führte ein großes Haus, in das er nicht nur gerne seine wohlhabenden und einflussreichen Freunde einlud, sondern das auch Künstler und Intellektuelle anzog. Selbst Kaiserin Friedrich, der er ihr Anwesen „Friedrichshof“ in Kronberg vermittelt hatte, war hier öfter zu Gast. Sigismund Kohnspeyer starb am 19. Mai 1895 in Königstein, kein Jahr nach dem Tod seiner Frau. In den Nachrufen wird er als genau der freigiebige und großzügige Mensch geschildert, den schon der Gemeinderat dreißig Jahre zuvor bei der Verleihung der Ehrenbürgerschaft in ihm erkannte, und auch Dr. Pingler hatte sich mit seiner Einschätzung von dessen positiver Wirkung auf die Entwicklung Königsteins nicht geirrt.

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