Schloßborn (blk) – „Tratsch im Treppenhaus“, so lautet der Titel des diesjährigen Bühnenstücks der Schloßborner Laienbühne e.V. Tief in menschliche Abgründe blicken lässt die Komödie von Jens Exler, die übrigens seit mehreren Jahrzehnten einer der Bühnenklassiker im Programm des bekannten Ohnsorg Theaters in Hamburg darstellt.
Untermieter sorgen für Turbulenzen
Wer kennt sie nicht, die neidischen und missgünstigen Nachbarn, die neugierig ihre Nase ungefragt in die Angelegenheiten der Mitbewohner stecken? Ein solches „Exemplar“ ist Meta Boldt, sehr überzeugend und mit Verve dargestellt von Alexandra Pollet, die im vergangenen Jahr ihr Bühnendebüt bei der Schloßborner Laienbühne hatte. Mit viel Klatsch und Tratsch sorgt Frau Boldt im Mietshaus ordentlich für Turbulenzen und bringt mit ihren Intrigen ihre lieben Nachbarn zunächst gegeneinander auf. Zu diesem Zweck schleicht sie sich, selbst in der unteren Etage lebend, immer wieder ins dritte Stockwerk, wo gerade zwei Untermieter eingezogen sind. Die fürsorgliche Pensionärin Hanne Knoop, eine Glanzrolle für Brigitte Klomann, die bereits 1995 erstmalig mit der Schloßborner Laienbühne auftrat, hat die junge Silke Seefeldt, sympathisch gespielt von Nicole Heil, seit 2012 immer wieder mit von der Partie, unter ihre mütterlichen Fittiche genommen und ihr eine Kammer untervermietet. Fräulein Seefeldt, die sich über ihren lieblosen, desinteressierten Vater ärgert, möchte mit diesem nicht länger unter einem Dach leben. Großes Glück für die junge Frau, dass ausgerechnet Hanne Knoop sich als Haushaltshilfe in der Autowerkstatt von Herrn Seefeldt ihre Rente ein wenig aufbessert. Bei der netten und warmherzigen Frau Knoop findet Silke Seefeldt nun ein neues Zuhause.
Unterdessen bekommt der ebenfalls in der dritten Etage lebende, etwas „miesepampelige“, pensionierte Steuerbeamte Ewald Brummer unerwarteten Besuch von seinem Neffen Markus Brummer, der sich ebenfalls mit seinem Vater überworfen hat und nun bei seinem Onkel Ewald Zuflucht sucht. In der Rolle des knurrigen Ewald Brummer zu sehen war Manfred Kunz, „Urgestein“ der Schloßborner Laienbühne, der die Zuschauerinnen und Zuschauer schon gleich zu Beginn der Aufführung mit seinem Auftritt im altmodischen blauen Herrennachthemd zum Lachen brachte. In der Rolle des Neffen glänzte Franka Josic, ebenfalls bereits bei der ersten Aufführung der Schloßborner Laienbühne nach der Coronapause im vergangenen Jahr mit dabei.
Nachbarn auf Freiersfüßen
Als Tratschtante Meta Boldt Wind von den beiden neuen Untermietern bekommt, hat sie natürlich nichts Besseres zu tun, als dies dem Hauswirt Bernhard Tramsen, dargestellt von Karl-Heinz Rusche, der seit seinem Auftritt in „Pension Schöller“ im Jahre 2015 regelmäßig mit der Schloßborner Laienbühne zu sehen ist, zu stecken. Herr Tramsen ist zunächst nicht erfreut über diese Neuigkeiten, wurden ihm die Untermietschaften doch nicht offiziell gemeldet. Tramsen, der zwar verheiratet, jedoch weithin als Schürzenjäger bekannt ist, vergisst seinen Ärger jedoch schnell, als er die junge Untermieterin Silke Seefeldt im Treppenhaus trifft. Doch nicht nur er macht der jungen Frau den Hof. Auch der kauzige Ewald Brummer ist sichtlich angetan von der hübschen jungen Dame. Aber vor allem verliebt sich dessen Neffe Markus auf den ersten Blick in die charmante Nachbarin. Doch nicht nur der junge Brummer wandelt auf Freiersfüßen. Auch die alleinstehende Hanne Knoop knüpft zarte Bande zu ihrem Etagennachbarn Ewald Brummer, der allerdings nicht ahnt, wer ihm da so liebevoll frischen Streuselkuchen vor die Türe stellt.
Irrungen und Wirrungen
Als dann noch Vater Seefeldt, sympathisch gespielt von Bernd Weisflug, seit 2008 im Team der Schloßborner Laienbühne, im Hause auftaucht, um sein abtrünniges Töchterchen Silke zu zwingen, wieder nach Hause zu kommen, wird es turbulent. So nimmt das Schicksal seinen Lauf, zunächst nicht unerheblich beeinflusst von der intriganten Meta Boldt, die natürlich in all diesen Irrungen und Wirrungen ihre Stunde gekommen sieht. Geschickt gelingt es ihr, sich bei den jeweiligen Nachbarn einzuschmeicheln, um jenen möglichst alle pikanten Informationen zu entlocken, damit sie ihr Spinnennetz aus Klatsch und Tratsch, Lug und Trug weiter weben kann. Dass sie selbst es jedoch mit der Wahrheit nicht allzu genau nimmt, kommt allerdings erst im Verlaufe der Handlung ans Tageslicht. Die Jubiläumsfeier des ortsansässigen Kaninchenzuchtvereins, in dessen Vorstand sowohl der alte Ewald Brummer als auch Hauswirt Tramsen Mitglied sind, fügt dann endlich zusammen, was zusammengehört. So endet das Stück zwar für Klatschtante Meta Boldt mit der Erkenntnis, dass man lieber erst einmal vor der eigenen Haustüre kehren sollte und dass sie sich mit ihrem „Tratsch im Treppenhaus“ selbst keinen Gefallen getan hat. Aber für einige der Nachbarn gibt es ein frohes Happy End.
Mit diesem Klassiker des Ohnsorg Theaters Hamburg hatte sich die Schloßborner Laienbühne auch in diesem Jahr wieder ein anspruchsvolles Projekt ausgesucht. Unter der Leitung von Regisseur Kilian Marx und Team gelang es dem Ensemble, sich in die Herzen der Zuschauerinnen und Zuschauer zu spielen. Es ist nicht so leicht, sich einem Vergleich mit professionellen Schauspielern wie zum Beispiel Heidi Kabel, Heidi Mahler, Edgar Bessen und Jürgen Pooch, die für „Tratsch im Treppenhaus“ mit dem Ohnsorg Theater auf der Bühne standen, zu stellen. Doch die Schloßborner Laienbühne ist seit ihrer Gründung im Jahre 1994 für ihre Bühnenerfolge, auch über die Grenzen von Schloßborn hinaus, bekannt. Dass das Drehbuch jeweils ein klein wenig „regional angepasst“ wird, spielt hierbei sicherlich auch eine Rolle. Während die Originalfassung auf der Bühne des Ohnsorg Theaters in Plattdeutsch aufgeführt wird, warfen sich die Darstellerinnen und Darsteller der Schloßborner Laienbühne die Schimpfwörter in schönstem Hessisch „an de Kopp“ bzw. „an de Krautkopp“ und auch mehrfache Verweise auf das nachbarschaftlich nicht immer ganz so perfekte Geschehen zwischen Schloßborn und Glashütten kamen in der Schloßborner Adaption von „Tratsch im Treppenhaus“ zum Tragen. Doch die „Schnaake“, wie die Glashüttener seit mehreren Generationen genannt werden, trugen die kleinen Schelmereien der Schloßborner „Krautköpp“ mit Fassung und vor allem Humor. Immerhin stand mit Alex Pollet eine echte Glashüttener „Schnaake“ auf der Bühne in der Schloßborner Mehrzweckhalle.
Wie immer steht hinter einem herausragenden Schauspielensemble auch ein starkes Team für Technik und Ausstattung. Spielleiter Kilian Marx bedankte sich nach der Aufführung sehr herzlich bei Dr. Martin Ring und seinem Team für die technische Unterstützung sowie Michèle Kunz für die wunderbare Ausstattung auf der Bühne. Besonders dankte Kilian Marx Souffleuse Franziska Hötschl, die über die vier Akte hinweg in ihrem kleinen Kasten saß und den Akteurinnen und Akteuren sehr professionell über gewisse „Durststrecken“ hinweghalf.
Insgesamt gab es nach der Premiere am vergangenen Freitag noch zwei weitere Vorstellungen am letzten Wochenende, die jeweils gut besucht waren. In den Pausen war natürlich wieder für das leibliche Wohl der Zuschauerinnen und Zuschauer gesorgt worden.
Wer sich über Projekte und Neuigkeiten der Schloßborner Laienbühne auf dem Laufenden halten möchte, ist herzlich eingeladen, sich die Homepage http://www.laienbuehne-schlossborn.de oder den Instagram-Kanal @laienbuehne_schlossborn anzuschauen.
Ende gut, alles gut! Nur Meta Boldt bekommt die Quittung für ihre Intrigen. Das Ensemble der Schloßborner Laienbühne im letzten Akt (von links: Manfred Kunz, Franka Josic, Alexandra Pollet, Bernd Weisflug, Nicole Heil, Brigitte Klomann, Karl-Heinz Rusche)
Fotos: Löber-Kieslich
Laute Musik am Morgen sorgt für einen Interessenskonflikt zwischen dem pensionierten Steuerbeamten Ewald Brummer (li. Manfred Kunz) und Nachbarin Hanne Knoop (re. Brigitte Klomann).