„Dass wir die Folgen tragen müssen, ist unsere eigene Schuld.“

Der Politikwissenschaftler Professor Dr. Thomas Jäger und der hr-Info Moderator Werner Schlierike sprechen über die kommende US-Präsidentschaftswahl.Foto: mas

Friedrichsdorf (mas). Am 5. November ist es so weit: Die USA wählen ihren neuen Präsidenten. Während die einen hoffen, dass die Kandidatin der Demokraten und aktuelle US-Vizepräsidentin Kamala Harris in das weiße Haus einzieht, sind die anderen für den Kandidaten der Republikaner und ehemaligen US-Präsident Donald Trump. Doch egal wie das Ergebnis ausfällt, sicher ist, dass es nicht nur Auswirkungen auf Nord-Amerika haben wird, sondern auch auf Europa und somit ebenfalls auf Deutschland. Um herauszufinden, um welche Folgen es sich genau handelt, organisierte die Friedrich Naumann Stiftung und Karl-Hermann-Flach-Stiftung eine Veranstaltung, bei der der hr-Info Moderator Werner Schlierike mit Professor Dr. Thomas Jäger, einem Politikwissenschaftler aus der Universität zu Köln, dessen Schwerpunkte auf internationale Politik und Außenpolitik liegen, ins Gespräch kamen.

Eingeleitet wurde die Veranstaltung im Forum Köppern von Cornelia Els, der Referentin im Länderbüro Hessen/Rheinland-Pfalz der Friedrich-Naumann-Stiftung, sie erzählte etwas zu den beiden Gesprächspartnern. So soll etwa Jäger bereits „im Jahre 2016 den Wahlsieg von Donald Trump vorausgesagt“ haben. Danach übergab sie das Wort an den Moderator, der das Thema mit scharfem Blick auf die Zustimmung Trumps mit folgenden Worten eröffnete: „Funktioniert die Demokratie in den USA?“ Daraus entwickelte sich ein Umriss des Staats- und Wahlsystems der USA, welcher von Jäger im Kontrast zu Deutschland gestellt wurde. „In Deutschland gibt es einen starken Staat und eine schwache Gesellschaft. In den USA gibt es einen schwachen Staat und eine starke Gesellschaft“, erklärte der Professor. Dazu sagte er, dass jeweils 35 Prozent der Demokraten und Republikanern schon fast „Gläubige“ sind und ihre Partei wählen, was auch kommen mag. Daraus – und aus dem Wahlvorgang, bei dem nicht die absoluten Zahlen relevant sind, sondern der Sieg in den Staaten, welche die meisten Wahlmänner abgeben – gehe hervor, dass es bei der Wahl größtenteils auf die sogenannten Swing-States ankomme. Das sind größere Staaten, bei denen nicht klar gesagt werden kann, für wen sie am Ende stimmen. Bei dem Rest steht die Entscheidung meistens schon längst fest. Deshalb beantwortete Jäger auch die passende Publikumsfrage „Im Grunde genommen sagen die Zahlen gar nichts, oder?“ mit „Ne, die Zahlen sagen gar nichts.“ Zu große Schwankungen in den Swing-States lassen sich keine präzise Vorhersage treffen.

Während die etwa 50 schick gekleideten Gäste an einem Glas Wein nippten und sich am Dialog beteiligten, wurde der Fokus auf den Einfluss auf Europa gelegt. Doch hierbei ging es nicht wie angekündigt um einen Vergleich zwischen den beiden Präsidentschaftskandidaten, sondern viel mehr um Trumps Außen- und Innenpolitik. So wurde oft der Punkt angesprochen, ob und, wenn ja, wie Trump eine Diktatur einführen würde, falls er an die Macht kommen sollte. Die Möglichkeit dazu soll laut Jäger auf jeden Fall bestehen, da Trump bereits dabei sei, alle unter ihm in der Partei mit Leuten auszutauschen, die mit ihm auf einer Linie stehen. „Trumps Regierung funktioniert wie eine Mensa: Das sind alles Küchenhilfen“, verdeutlichte Jäger. Außerdem erobere er die Medien besonders dadurch, dass er wohl unmögliche Forderungen wie etwa die Abschaffung der Einkommenssteuer bewerbe. Da es nach Schlierike im diesjährigen Wahlkampf nicht um Argumente, sondern um Emotionen gehe, seien diese Forderungen für die Zustimmung umso relevanter.

Die größte Gefahr für Deutschland sei jedoch, dass Trump aus der Nato austreten möchte. Dies werde nach dem Politikwissenschaftler nicht nur in der Kriegsuntüchtigkeit der restlichen Mitglieder enden, sondern öffne dazu Russland die Tore, einen Kriegsmarsch durch Europa zu beschreiten. Er merkte jedoch an: „Dass wir die Folgen tragen müssen, ist unsere eigene Schuld.“

Im Vergleich dazu wurde Harris mit Samthandschuhen behandelt: Bei ihr lägen die Probleme darin, dass sie zum Ende des Wahlkampfes immer weniger in Erscheinung träte und nicht mehr eine so hohe Zustimmung bei der schwarzen Bevölkerung der USA habe wie der ehemalige US-Präsident Barack Obama – was für seine Auftritte bei Harris‘ Wahlkampfveranstaltungen gesorgt habe. Doch kritische Analysen mit ihrer Außenpolitik und dem daraus resultierenden Einfluss auf Deutschland und Europa blieben aus. Diesen Eindruck bestätigte Jäger auch im Nachgang: Der Grund sei, dass das höhere Risiko von Trump ausgehe und somit der Fokus auf ihn gelegt wurde. Dabei wäre ein ausführlicher Vergleich besonders deswegen interessant, da Jäger selbst erwähnte, dass Harris im diesjährigen Wahlkampf Punkte aus Trumps Wahlkampf im Jahre 2016 übernahm.

Somit bestand für das Publikum leider nicht die Möglichkeit, durch einen objektiven Informationsaustausch eine eigene Meinung über die Kandidaten und ihre Einflüsse zu bilden. Dafür durften sich die Gäste zum Schluss an kostenfreien Brezeln und Getränken bedienen. Dabei nutzten sie im Foyer des Forums gesprächsfreudig die Chance, sich über die Veranstaltung und ihre Ansichten untereinander auszutauschen.



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