Eine besondere Gemeinde in Neuenhain

Neuenhain (es) – Die Sommergottesdienste der Evangelisch-methodistischen Kirche in Bad Soden-Neuenhain sind am vergangenen Sonntag gestartet. Thema der besonderen Gottesdienst-Reihe ist „Heimat finden“.

Auch an den vier folgenden Sonntagen im August lädt die Gemeinde ein, sich dem Begriff Heimat aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu nähern: von Heimat verlieren, Flucht und Ausgrenzung bis zu Heimat finden auf Erden und im Himmel. Die Gottesdienstbesucher werden zur persönlichen Bestandsaufnahme und Reflektion. Menschen werden interviewt, die von Heimatverlust und Neubeginn betrofen sind, es wird viel mit der Lobpreisband gemeinsam gesungen, die Predigt verbindet das mit dem jeweiligen Thema. Im Anschluss an den Gottesdienst gibt es den traditionellen Kirchenkaffee und Zeit für Gespräche.

Methodisten in Neuenhain

Pastor Clemens Klingel bot am ersten Sonntag der Reihe eine Innenansicht der Evangelisch-methodistischen Gemeinde an.

Mehr als 150 Jahre ist es her, dass Methodisten in Neuenhain erste Versammlungen abhielten. Aus einer kleinen Hausgemeinschaft entwickelte sich im Laufe der Zeit eine lebendige Kirchengemeinde, die heute wichtiger Teil einer aktiven Ökumene in Bad Soden ist.

Die Methodisten entstanden durch die größte Reformbewegung der anglikanischen Kirche in den USA. Deutsche Auswanderer lernten diese christliche Form der Gemeinschaft dort kennen und schickten Missionare nach Deutschland. Anders als bei den großen Kirchen versammelten sich die Methodisten in Hausgemeinschaften zum Singen, Beten, Predigen und Abhalten von Kindergottesdiensten. Daran können sich auch noch ältere Neuenhainer gut erinnern, dass sie zu den Methodisten in die Sonntagschule gingen, da es das Angebot von katholischer und evangelischer Seite nicht gab.

Das Hinterhofdasein ließ die Meinung zu, dass die Methodisten überfromm und irgendwie Sonderlinge sind. Das änderte sich erst Mitte der 60er-Jahre, als durch die Konzerte von Sängern und Bläsern mehr Öffentlichkeit entstand und sich Berührungsängste langsam abbauten. Der Baubeginn des heutigen Gemeindezentrums im Rother Weingartenweg 5 im Jahr 1975 erzeugte Anerkennung in der Ortsgemeinde, bauten doch die Gemeindeglieder dieses Gemeindehaus in Eigenleistung und nur durch Spenden finanziert. Durch den Anschluss an die damalige ökumenische Frauenarbeit wurden Begegnungen der Pfarrer der evangelischen und katholischen Kirchen Neuenhains und Bad Sodens immer selbstverständlicher und es hat sich ein beachtenswertes ökumenisches Miteinander entwickelt.

Frank Blasch im Interview

Nach der Innenansicht durch Pastor Clemens Klingel wurde als Gast Bürgermeister Frank Blasch im Interview aufgefordert, seine Außensicht auf die Methodisten am Ort darzustellen. Neben anerkennenden Beobachtungen warb er für weiteres Engagement der Christen im Ort. Er zeigte eindrücklich auf, dass das Funktionieren der sozialen Arbeit in Kindergärten, bei der Flüchtlingsarbeit oder mit Senioren sowie das Erleben von Traditionen wie Taufe, Konfirmation, Eheschließung oder Beerdigung fest in der Hand der Kirchen seien und dies auch so bleiben solle. Eingebunden zu sein in eine Kirchengemeinde biete viel Raum, um sich heimisch zu fühlen.

Und so stand der Gottesdienst der fünfteiligen Sonntagsreihe als Erstes unter dem Fokus der Bestandsaufnahme „Heimat finden“. Verschiedene Stimmen warfen heimatliche Begriffe in den Raum, wie: Elternhaus; hier kenne ich mich aus; Freundschaften; Zugehörigkeit; Petzekuche; Sauerborn; gemeinsame Geschichte; Oma begraben; Zusammenhalt; Süßes Gründchen; Feste; Traditionen; meine Schule; um nur einige zu nennen. Schon dieser Einstieg gab Anregungen sich zu fragen: Was bedeutet Heimat für mich?

Der Predigttext aus Jeremia 29 schilderte die unfreiwillige Ansiedlung der Juden in Babel. Gegen alle Widerstände, sich dort heimisch zu fühlen, fordert Gott sie auf, für den Ort und seine Menschen zu beten: Wenn es der Heimat gut geht, geht es auch Euch gut.

Es wird spannend bleiben bei den nächsten Gottesdiensten – hoffentlich erlaubt es gutes Wetter, im Kirchgarten zu sitzen.



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