Kulturstätte und Wohlfühloase – das Casablanca ist Kino und gleichzeitig mehr

Javier Lozano vor dem Plan mit den Stuhl-patenschaften. Foto: Tocha

Bad Soden (wto) – Gemütliche rote Plüschsessel, hinten im Saal eine schöne Bar mit einer langen Theke und Bistrotischen davor, vorn die Bühne vor der Leinwand: Dieser Saal hat eine besonders einladende Ausstrahlung. An diesem Ort – die Rede ist vom „Kino CasaBlanca Art House“ in Bad Soden – ist man gern. Und wer die Betreiber des Kinos trifft, begegnet zwei gut gelaunten Menschen.

Javier Lozano (60) und Irene Bräuninger (56) haben das Kino 2021 übernommen und mit einem Neustart fit für die Gegenwart und die Zukunft gemacht. Es war vor exakt zwei Jahren, am 22. Juni, als sie ihren ersten Film zeigten: Es war eine Open-Air-Vorführung von „Casablanca“ mit Humphrey Bogart und Ingrid Bergman – und somit jener Titel, der dem neuen Kino unter ihrer Führung auch den Namen gegeben hat – und Casablanca (das heißt übersetzt „Weißes Haus“) ist auch eine Anspielung auf das weiße Haus in der Straße „Zum Quellenpark“ im Herzen von Bad Soden, in dem das Kino untergebracht ist.

Lozano und Bräuninger sind zwei engagierte Cineasten, die beide mit ihren Familien seit den 90er-Jahren in Bad Soden wohnen. Sie haben viel Herzblut in das Casablanca-Projekt gestellt – und heute zeigt sich, dass es gelungen ist, das Bad Sodener Kino neu zu etablieren.

Vielfalt von Veranstaltungen

Sie ließen nicht nur den Spielbetrieb wieder anlaufen, sondern nutzten die zunächst noch von Corona gezeichnete Zeit. „Wir haben investiert und renoviert, haben das Programm weiterentwickelt und uns in die Technik eingearbeitet, haben ein Netzwerk aufgebaut und das freundliche Team hinter der Theke zusammengestellt“, sagt Lozano, der Geschäftsführer der „CasaBlanca Kino und Kulturbetriebs GmbH“. Diese Phase, in der viele wesentlichen Kinobestandteile erneuert wurden – von der Leinwand, dem Tonsystem, der IT-Vernetzung, dem Ticketsystem bis hin zur Theke – ist heute abgeschlossen.

Irene Bräuninger – sie arbeitet auch als freie Film- und Fernsehjournalistin unter anderem für 3Sat und das ZDF –, betont: „Das Kino ist heute mehr als eine reine Film-Spielstätte – wir sind breit aufgestellt.“ Das bedeutet, dass das Casablanca heute nach wie vor ein Filmtheater ist, aber gleichzeitig auch eine Kulturstätte im weiteren Sinne, ein Raum für Lesungen, für Kabarett und Kleinkunst, für Live-Konzerte und Kindertheater auf der Bühne. Und es finden Diskussionen zu unterschiedlichen Themen statt, beim „Sonntagstalk“ werden Gäste aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in das Kino eingeladen. Immer wieder gibt es „Filmgespräche“: So stand bei der Vorführung des beeindruckenden Dokumentarfilms „Vogelsperspektiven“ der Vogelkundler und Staatssekretär im hessischen Umweltministerium Oliver Conz als Gesprächspartner zur Verfügung; und zum Film „Merkel – Macht der Freiheit“ wurden junge Politikerinnen und Politiker aus dem Main-Taunus-Kreis auf die Bühne gebeten. Last, but not least kann das Casablanca auch für private Veranstaltungen und Feiern gemietet werden.

Filme werden sorgfältig ausgewählt

Diese Vielfalt bedeutet im Umkehrschluss nicht, dass Filme stiefmütterlich behandelt werden. „Wir legen Wert auf ein hochwertiges Programm“, sagt Lozano, „mit anspruchsvollen Filmen, die die Welt differenziert betrachten.“ Das Casablanca ist nicht von ungefähr ein Programmkino unter dem Label „Art House“. Es werden nicht einfach die neuesten Hollywood-Produktionen und Blockbuster an das Publikum weitergereicht. „Das Programm ist kuratiert, wir wählen sorgfältig aus“, sagt Lozano. „Wir zeigen natürlich gern Filme, die viele Zuschauerinnen und Zuschauer in unser Kino bringen, aber wir greifen nicht auf plumpe Comedy und Schenkelklopfer oder auf Action- und Ballerfilme zurück.“

Das Programm hat besondere Rubriken, die unterschiedliche Zielgruppen ansprechen. An jedem Samstag- und am Sonntagnachmittag werden Kinderfilme gezeigt; es gibt den „Dokumentarfilm des Monats“; und mit dem „Cinema italiano“, dem „Cinéfrançais“, dem „CinEspañol“ und den „Iconic American Movies“ kommen jeweils einmal im Monat ausgewählte Filme in der entsprechenden Originalsprache ins Programm, teils mit einer kurzen zweisprachigen Einführung – und immer mit leckerem landestypischem Fingerfood. Einmal im Monat trifft sich bei diesen Filmen eine besondere Community, die am jeweiligen Land, seiner Sprache und Kultur besonders interessiert ist.

Und jetzt wieder Open Air

Am vergangenen Montagabend hat die Open-Air-Saison begonnen. Zu sehen war die Komödie „Tenor: Eine Stimme – zwei Welten“. In den folgenden elf Wochen geht es im Freien weiter, am nächsten Montag mit „Die Rumba-Therapie“. An den Tischen im Hof können bis zu 85 Gäste sitzen, die Filme werden als Silent Movie mit Kopfhörern gezeigt.

Das Casablanca ist eingebunden in ein Netzwerk und pflegt Kooperationen. So steht die Reihe Cinema italiano unter der Schirmherrschaft des Italienischen Generalkonsulats in Frankfurt. Das Kinderkino wird von der Stadt Bad Soden finanziell unterstützt. Auch der Verein KinoKultur unterstützt finanziell und trägt den Dokumentarfilm des Monats. Und: „Dass alle 80 Sessel in dem schönen Samtrot aufgepolstert werden konnten, geht auf ‚Stuhlpatenschaften‘ zurück“, sagt Lozano. „Ein Riesendank an unser treues Kino-publikum!“ In der Aufbauphase gab es auch Unterstützung durch Fördermaßnahmen des Landes Hessen.

Ein Lebenstraum

Der Verein KinoKultur war im Dezember 2012 gegründet worden. Damals stand das alte Kur-Filmtheater vor dem Aus. Nicht zuletzt aufgrund des Engagements der KinoKultur-Initiative konnte 2013 die „Kultkinobar“ eröffnet werden. Dann kamen der Corona-Strudel und neue Turbulenzen.

Doch dies ist Vergangenheit. Heute erstrahlt das Kino in neuem Glanz. Es ist inzwischen auch mit Kinoprogrammpreisen ausgezeichnet worden. Die beiden Betreiber sind sich einig, einen Lebenstraum verwirklicht zu haben: „Ein eigenes Kino zu haben, es führen und das Programm gestalten zu können, das ist wunderbar“, sagen sie unisono.

Anspruchsvolle Filme, Lesungen, Sonntagstalk, Kindertheater: Irene Bräuninger und Javier Lozano laden in ihr „Wohnzimmer“ ein. Es ist ihnen gelungen, das Kino neu aufzustellen und für die Zukunft fit zu machen.Foto: Tocha

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