Altenhain (Sc) – Es ist ein fantastisch anmutendes Jubiläum, das die aktuell achtzehn aktiven Mitglieder des Gesangvereins Taunusliederzweig 1875 Altenhain/Ts. in diesen Tagen feiern. Am ersten Sonntag im Februar des Jahres 1875 gründeten siebzehn sangesfreudige junge Männer den „Taunusliederzweig“ – ganz im Geiste humanistischer Ideale zum „Zwecke der Kunstpflege und Volksbildung“. So steht es in der Chronik des Vereins geschrieben! Noch heute finden sich in den Archiven des Vereins im alten Rathaus Altenhain viele Fotoalben, die von den „goldenen Zeiten“ zeugen und auf deren Fotos all die wunderbaren Auftritte und gemeinsamen Aktivitäten dokumentiert sind.
Die ersten 50 Jahre
Nicht lange nach dem Krieg (1870/71) fanden sich am 1. Februar 1875 siebzehn sangesfreudige Männer zusammen und gründeten den Gesangverein Taunusliederzweig 1875 Altenhain. Das Amt des Präsidenten, so wurde der Dirigent damals genannt, übernahm der damals in Altenhain tätige Lehrer Frankenbach – als Übungsraum diente der Schulsaal. In der Generalversammlung vom 7. Februar 1886 wurde unter dem Präsidenten Johann Gottschalk beschlossen, eine Vereinsfahne anzuschaffen. Am 11. Juli 1886 fand schließlich die Fahnenweihe statt, an der zahlreiche Vereine aus den Nachbargemeinden teilnahmen. In den folgenden Jahren erwarb sich der Verein einen guten Namen und nahm an zahlreichen Sängerfesten sowie öffentlichen Veranstaltungen teil. Die Anzahl der Mitglieder wuchs stetig und im Jahr 1903 zählte der Verein bereits 48 aktive Sänger. Nach Einstellung der Vereinstätigkeiten während der Kriegsjahre nahm der Verein seine Tätigkeit im Jahr 1919 wieder auf und engagierte im Jahr 1925 mit Karl Kümmel aus Neuenhain erstmalig einen musikalischen Leiter, um mit den rasanten Entwicklungen der benachbarten Chöre Schritt halten zu können.
Erfolgreiche Wettstreite
In den folgenden Jahren beteiligte sich der Chor an zahlreichen Wettsingen in der näheren und auch weiteren Umgebung. Im Mai 1929 schließlich ging man mit einem denkbar knappen Vorsprung von nur zwei Punkten als Sieger des Wettstreites beim Gesangverein „Concordia“ in Hofheim als Sieger hervor. Es wurden noch viele Wettstreite besucht und zahlreiche schöne Preise fanden ihren Weg nach Altenhain. Im Februar 1927 übernahm schließlich Johann Best die Geschicke des Vereins und führte sie für 23 Jahre, bevor er die Leitung 1950 aus gesundheitlichen Gründen niederlegte und für seine großen Verdienste anschließend zum Ehrenpräsidenten ernannt wurde. Als nach dem 2. Weltkrieg das Gesangsleben am 1. Mai 1947 wieder aufgenommen wurde, musste auch ein neuer Dirigent gewonnen werden. Die Wahl fiel auf Richard Koch aus Königstein, dessen qualifizierte Chorleitung den Sängerkreis zu ersten größeren Erfolgen führte.
Zu neuen Höhen
Im Herbst 1958 entschied der Verein erneut einen Dirigentenwechsel, wobei die Wahl auf Wolfgang Hauck aus Bad Soden fiel, der dieses Amt anschließend für über 40 Jahre innehatte und dem außer einem großen musikalischen Talent auch besondere pädagogische Fähigkeiten zu eigen waren.
Unter seiner Leitung konnte der Verein seine wohl größten Erfolge erzielen. Bei einem „Prädikatswertungssingen“ in Königstein konnten die Sänger bereits im Jahr 1960 für zwei Lieder die Bewertung „Hervorragend“ erringen. Es folgten in den 60er und 70er Jahren zahlreiche Chorkonzerte und Wettsingen, bei denen der Chor sehr oft den ersten oder zweiten Platz belegte und zudem die Wertung „Hervorragend“ für seine sängerischen Darbietungen erhielt. Im Jahr 1968 beteiligte sich der Chor an der „Stunde des Chorgesanges“ im Hessischen Rundfunk. Der damalige verantwortliche Chorleiter des HR, Walter Pappert, betonte damals, dass sich der Verein mit seinem Dirigenten Wolfgang Hauck auf einer „überdurchschnittlichen Stufe des Chorgesanges“ befinde. Einen weiteren wichtigen Punkt markierte das Prädikat-Wertungssingen in Kronberg im Jahr 1970, bei dem der Wertungsrichter Bernhard Weber das Prädikat „Hervorragend“ für die „kammermusikalische Leistung“ vergab und anführte, dass er an jenem Tag auch persönlich noch „etwas hätte lernen“ können. Wolfgang Hauck erhielt damals den Dirigentenpreis.
Es folgten sehr viele Jahre aktiver Chorarbeit und unzählige Auftritte und Teilnahmen an Wettsingen, die von einer großen „Professionalität“ des Chores und einem enormen Engagement seiner aktiven Mitstreiter zeugte. Das Jahr 1984 war das wohl erfolgreichste Jahr in der Chorgeschichte. Nicht weniger als neun Wettsingen, Freundschaftssingen und Prädikatswertungssingen absolvierten die Chormitglieder in dem Jahr. Bei allen Wettstreiten erhielten sie das Prädikat „Hervorragend“ und errangen beim Bundesleistungssingen des H.S.B. in Bensheim an der Bergstraße einen hervorragenden 2. Platz.
Das Chor-Highlight
Das wohl schönste und erhabenste Erlebnis, so Wolfgang Löb (1. Vorsitzender), war ein Gala-Konzert im Mai 1988 in der Alten Open in Frankfurt. Veranstaltet wurde dieses denkwürdige Chorereignis von dem Verein „Freunde und Förderer des Chorgesangs e.V.“, Frankfurt (Main). Im ersten Teil des Konzertes sangen die Mitglieder des Taunusliederzweig gemeinsam mit sechs weiteren Chören, die alle von Wolfgang Hauck geleitet wurden (Haucksche Chorvereinigung). Das Motto damals lautete: „800 Stimmen singen für Sie Chöre, Arien und musikalische Szenen aus bekannten Opern und Operetten“.
Das Festbuch zum 125-jährigen Jubiläum listet bis zum Jahr 1999 insgesamt fast 190 Termine auf, an denen der Chor an wichtigen und hochkarätigen sängerischen Aktivitäten teilgenommen hat.
Großes Fest vor 25 Jahren
Im Jahr 2000 konnte der Taunusliederzweig bereits sein 125-jähriges Jubiläum feiern – ein festliches Ereignis, zu dem Kurt Gottschalk, damals 1. Vorsitzender und heute Ehrenmitglied, alle Bürgerinnen und Bürger herzlich willkommen hieß. Ein wahrhaft großes Jubiläumsfest wurde damals – vor 25 Jahren – gefeiert. Beginnend mit einem ökumenischen Festgottesdienst in der Marienkirche Altenhain, schloss sich eine Woche später der Festkommers an. Am Folgetag gab es ein Freundschaftssingen, zu dem sich 37 Chöre und Singgemeinschaften in der Kahlbachhalle in Altenhain trafen. Daran anschließend fand ein Volksliederwettbewerb statt, der sowohl ein Klassensingen als auch ein Ehrensingen beinhaltete. In verschiedenen Kategorien wurden Preise und Pokale für die Platzierungen sowie Ehrenpreise vergeben. Zum Abschluss des Jubiläumsjahres folgte Anfang Dezember ein festliches Konzert in der Marienkirche Altenhain.
Es wird ruhiger im Verein
Im Jahr 2005 gab der langjährige Vorsitzende Kurt Gottschalk den Vereinsvorsitz ab. Zum neuen Vorsitzenden wurde im Februar 2005 der langjährige 2. Vorsitzende (1987-2005) Wolfgang Löb bestimmt, der bereits 1965 der Singgemeinschaft beigetreten war, sich seit 1981 im Vorstand engagierte und bei den Jubiläumsfeierlichkeiten im Jahr 2000 den Festvorsitz übernommen hatte. Unter seiner Leitung nahm die Singgemeinschaft an der 700-Jahr-Feier von Altenhain teil und gab anlässlich des 50-jährigen Jubiläums von Wolfgang Hauck als Chorleiter ein Konzert in der Altenhainer Kirche, bevor dieser im Jahr 2009 – nach 52 Jahren – aufhörte und Wolfgang Weiss die Chorleitung übernahm. Als ausgebildeter Kirchenmusiker ist er musikalisch breit aufgestellt und recht anspruchsvoll, so Löb. Auftritte kommen unter seiner Leitung nur dann zustande, wenn „alles perfekt eingeübt ist“. Gerne erinnert man sich an den Besuch einer Abordnung aus Bad Sodens Partnerstadt Franklin vor ein paar Jahren, als die Darbietung der amerikanischen Hymne vom Bürgermeister der Partnerstadt mehr als gelobt wurde. Der Text wurde, da nicht alle Sänger genug Englisch konnten, kurzerhand in „Lautschrift“ übersetzt.
Das letzte große öffentliche Konzert des Gesangverein Liederzweig fand im Jahr 2015 satt.
Zwischen den Jahren 2010 und 2023, so äußerte sich Löb bedauernd, sind zehn aktive Sänger verstorben oder können, teilweise aus Altersgründen, nicht mehr mitsingen – der Altersdurchschnitt der aktiven Sänger liegt bei 79 Jahren, wobei der jüngste 54 Jahre und der älteste 90 Jahre alt ist.
Gerne blickt der 1. Vorsitzende auf die gemeinsamen Jahrzehnte zurück, in denen die Chormitglieder über vierzig Jahre lang jedes Jahr gemeinsam eine 4-Tages-Fahrt unternommen haben und der alljährlich stattfindende Herbstausflug soll auch nicht unerwähnt bleiben, denn auch heute wird Geselligkeit noch großgeschrieben. Nach der wöchentlichen Gesangsprobe am Mittwochabend treffen sich die Chormitglieder regelmäßig im „Grünen Baum“ auf einen Handkäs, einen Äppelwoi und ein paar gute Gespräche.
150-jähriges Jubiläum
Der Vorstand hatte lange überlegt, welche Veranstaltungen im aktuellen Jubiläumsjahr stattfinden sollen und können. Die Personaldecke werde immer dünner und rauschende Sängerfeste mit großem Festzelt, Freundschaftssingen, Wertungssingen, bunte Abende und dergleichen seien heute leider nicht mehr zu stemmen, so der erste Vorsitzende. Gerade die reinen Männerchöre im Sängerkreis seien in die Jahre gekommen und kämpften ums Überleben. Der „Taunusliederzweig“ besteht aktuell aus achtzehn aktiven Sängern, die noch auf einem ansehnlichen Niveau singen können. Das Ziel sei immer gewesen, so Wolfgang Löb, das 150-jährige Jubiläum noch gemeinsam zu erleben. Vor diesem Hintergrund hat der Vereinsvorstand beschlossen, das Jubiläumsjahr, trotz aller Widrigkeiten und Probleme, mit drei Terminen zu feiern.
Sonntag, 30. März:
Festgottesdienst in der Altenhainer Kirche Beginn um 9.30 Uhr
Anschließend: Totenehrung auf dem neuen Friedhof, danach Frühschoppen im „Grünen Baum“
Sonntag, 25. Mai:
Jubiläumskonzert in der Altenhainer KircheBeginn um 18 Uhr
Sonntag, 9. November:
Geburtstagsfeier im Saal des Gasthauses „Zum Grünen Baum“
Beginn um 18 Uhr