Wenn der Hammer auf dem Amboss tanzt

Unter den aufmerksamen Blicken zahlreicher Besucher fertigt Schmiedemeister Tim Fischer Stäbe zum Halten von Teelicht-Gläsern an. Foto: fch

Bad Homburg (fch). Das Schmiedehandwerk gehört zu den ältesten handwerklichen Tätigkeiten der Menschheit. Die Gewinnung von Eisen aus Erz sowie die Bearbeitung von Metall hatte großen Einfluss auf die Entwicklungsgeschichte. Der Schmied arbeitete für den Krieg und für den Frieden. Er stellte Werkzeuge, Ackerbaugeräte, Waffen und verschiedenstes Gebrauchsgegenstände her. Ab der zweiten Hälfte des Mittelalters hat sich das Schmiedehandwerk differenziert.

Für den Frieden gearbeitet haben die Vorfahren von Anja Fischer in Ober-Eschbach. „Meine Vorfahren waren alle Huf-Schmiede. Ich bin die fünfte Generation. Ich bin zwar keine Schmiedin, habe aber mit Dirk Velte einen Schmied geheiratet. Unser Sohn Tim Fischer führt die Tradition fort. Er ist wie sein Vater Schmiedemeister, studiert zurzeit Architektur. Nach dem Studium will er in die Oberurseler Metallmanufaktur seines Vaters eintreten.“ Samstag stand er wie seine Vorfahren beim achten Adventsschmieden in der 1854 erbauten historischen Dorfschmiede.

Durch die wirtschaftliche Lage – ab den 1950er-Jahren gab es für Hufschmiede nur noch wenig zu verdienen – war sie in einen Dornröschenschlaf gesunken. Und wurde lange als Lagerstätte und Rumpelkammer genutzt. Anja Fischer und Dirk Velte haben sie für das Adventsschmieden entrümpelt, im Originalzustand gelassen und hauchen ihr seither an jedem ersten Adventssamstag neues Leben ein. „Wir wollen den Bürgern einmal im Jahr Einblicke in das alte Schmiedehandwerk geben.“ Und so prasselte das Feuer in der Schmiedeesse, und der Schmied ließ zur Freude seines Publikums den Hammer auf dem Amboss tanzen. Mit geschickten Handgriffen bearbeitete Tim Fischer das rotglühende Eisen. Nach und nach verwandelte es sich in kunstvoll geformte Stäbe, an denen Teelicht-Gläser, Kugeln oder andere Ziergegenstände aufgehängt werden können. Die Besucher standen dicht gedrängt in der alten Dorfschmiede, um sich alles genau anzusehen. Geöffnet hat die Familienschmiede wie der vorweihnachtlich-geschmückte Innenhof des Anwesens nur einmal im Jahr für einen guten Zweck. Und zwar im Anschluss an den Ober-Eschbacher Adventsmarkt. Dann feiern Bürger des Stadtteils mit Gästen aus der Region bei Speis und Trank in den ersten Advent, kaufen Geschmiedetes und hochwertiges Kunsthandwerk, handgefertigte Karten oder selbstgebackene Weihnachtsplätzchen.

„Es macht uns einfach Freude, es ist ein schöner Event in einem romantischen Ambiente. Man trifft sich mit Freunden, verlebt einen schönen Abend, gewinnt Einblicke ins Schmiedehandwerk und tut nebenbei etwas Gutes“, zählt Anja Fischer auf. Alle Einnahmen werden zu 100 Prozent gespendet. Möglich wird dies unter anderem durch das Mett-Sponsoring einer Metzgerei, die Brötchen-Spende einer Bäckerei und den Einsatz vieler Ehrenamtlicher.

Anfangs stemmte die Familie alles allein, dann wurde sie von zwei befreundeten Familien unterstützt, inzwischen greifen ihnen 20 Helfer tatkräftig unter die Arme. „Wir benötigen noch einen Getränkesponsor.“ Außer den deftigen Mett-Brötchen werden Plätzchen, süße Waffeln, Kartoffelchips und weitere Gerichte angeboten. Im ersten Jahr spendete die Familie 650 Euro für einen guten Zweck. Die Einnahmen in Höhe von 2800 Euro aus der letztjährigen Veranstaltung kamen dem Förderverein der Grundschule Im Eschbachtal für sozial benachteiligte Kinder zugute.

Auch in diesem Jahr klingelte es in den Kassen wieder kräftig. Die Hälfte der Spendensumme soll an drei bedürftige Familien im Stadtteil gehen. Die andere Hälfte geht zu gleichen Teilen an das Kinderhaus Bad Homburg und den Verein „Wildwasser Frankfurt“. Der hat seit Anfang 2023 eine Beratungsstelle in Bad Homburg.



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