๐ช๐ถ๐ฟ ๐ณ๐ฟ๐ฎ๐ด๐ฒ๐ป ๐ป๐ฎ๐ฐ๐ต ๐๐ป๐ฑ ๐ธ๐นä๐ฟ๐ฒ๐ป ๐ฎ๐๐ณ: Ist das Aufstellen von Automaten die Lösung, wenn in einem Ort die Nahversorgung komplett wegbricht? So liest sich der Artikel „Post setzt immer mehr Automaten ein“ der Taunuszeitung vom 17.06.2024.
๐ช๐ฎ๐ ๐๐๐ฒ๐ฐ๐ธ๐ ๐ฒ๐ถ๐ด๐ฒ๐ป๐๐น๐ถ๐ฐ๐ต ๐ต๐ถ๐ป๐๐ฒ๐ฟ ๐ฑ๐ถ๐ฒ๐๐ฒ๐ฟ ๐๐๐๐ผ๐บ๐ฎ๐๐ถ๐๐ถ๐ฒ๐ฟ๐๐ป๐ด?
Am 13.06.2024 hat der Bundestag die Gesetzesnovelle im Plenum angenommen, im Juli wird das Gesetz zur Modernisierung des Postrechts dann im Bundesrat beschlossen. Ohne, dass der Bürger bisher wirklich mitbekommen hat, was es mit dieser Modernisierung auf sich hat.
Die angeblich wichtigste Veränderung sei der veränderte Pflichtwert, wonach erst am dritten Werktag nach Einwurf 95 Prozent der Briefe zugestellt sein müssen. Dadurch können erhebliche Kosten gesenkt werden, da die Inlandsflüge zur Briefbeförderung gestrichen werden. Für den Verbraucher zwar eine etwas längere Wartezeit, für die Menschheit jedoch ein großer Beitrag zum Klimaschutz. Da sich die Kommunikation in den letzten Jahren sowieso vom Brief zur Mail wegbewegt hat, sei diese Änderung nur zeitgemäß. Und wer doch einen eiligen Brief hat, kann immer noch einen Prio-Brief aufgeben, der ist schneller, aber für den Verbraucher auch teurer im Porto. Die Modernisierung des Postgesetzes scheint also auf den ersten Blick für uns alle nur wenig Einbuße zu bedeuten, und nebenbei wird die Umwelt geschont.
Klingt akzeptabel, wäre da nicht Artikel 1, Kapitel 2, Paragraf 17, Absatz 2 des Postrechtsmodernisierungsgesetzes, wonach die Bundesnetzagentur im Benehmen mit der jeweilig betroffenen Gebietskörperschaft automatisierte Stationen anstelle von
Universaldienstfilialen zulassen kann. Ein kurzer, komplizierter Satz versteckt in einem 184-seitigen Gesetzentwurf, mit solch folgenschwerer Auswirkung!
๐๐ฟ๐ธ๐นä๐ฟ๐ฒ๐ป ๐๐ถ๐ฟ ๐บ๐ฎ๐น ๐ถ๐ป ๐ฒ๐ถ๐ป๐ณ๐ฎ๐ฐ๐ต๐ฒ๐ฟ ๐๐ผ๐ฟ๐บ, ๐๐ฎ๐ ๐ฑ๐ถ๐ฒ๐๐ฒ๐ฟ ๐ฆ๐ฎ๐๐ ๐ณü๐ฟ ๐ท๐ฒ๐ฑ๐ฒ๐ป ๐ü๐ฟ๐ด๐ฒ๐ฟ ๐ถ๐ป ๐๐ฒ๐๐๐๐ฐ๐ต๐น๐ฎ๐ป๐ฑ ๐ฏ๐ฒ๐ฑ๐ฒ๐๐๐ฒ๐ป ๐๐ถ๐ฟ๐ฑ:
Bei der Privatisierung der Bundespost in den 90er Jahren musste sich die Post verpflichten, mindestens 12.000 Filialen zu betreiben, damit die Bürger auch nach der Privatisierung zuverlässig Briefe verschicken konnten. Das bedeutet, dass die Post in jedem Ort mit mehr als 2.000 Einwohnern eine Filiale betreiben muss, und in Ortschaften mit mehr als 4.000 Einwohnern eine Filiale in zusammenhängenden Wohngebieten maximal zwei Kilometer entfernt sein darf. Durch diese Vorgabe hatte der Staat gesichert, dass jeder Zugang zu einer wohnortnahen Grundversorgung an Postdienstleistungen hatte.
Durch das bundesweite Postrechtsmodernisierungsgesetz wird diese Sicherheit aufgeweicht.
Die Bundesnetzagentur kann, im Benehmen der jeweiligen Gebietskörperschaft, der Post erlauben, keine Filiale zu führen, sondern diese durch automatisierte Stationen zu ersetzen.
In der weiterhin gültigen Infrastrukturvorgabe von mindestens 12.000 Filialen werden jetzt Automaten der menschenbetriebenen Filiale gleichgesetzt. Zwar muss dies im Benehmen mit der Gebietskörperschaft erfolgen, „Benehmen“ bedeutet aber nur, dass die Kommune ihre Sichtweise darlegen kann, aber letztendlich keine Einspruchsmöglichkeit hat.
๐ช๐ฒ๐น๐ฐ๐ต๐ฒ ๐๐ผ๐ป๐๐ฒ๐พ๐๐ฒ๐ป๐ ๐ต๐ฎ๐ ๐ฑ๐ถ๐ฒ๐๐ฒ ๐ธ๐น๐ฒ๐ถ๐ป๐ฒ, ๐๐ป๐๐ฐ๐ต๐ฒ๐ถ๐ป๐ฏ๐ฎ๐ฟ๐ฒ Ä๐ป๐ฑ๐ฒ๐ฟ๐๐ป๐ด ๐ณü๐ฟ ๐ฑ๐ฒ๐ป ๐ü๐ฟ๐ด๐ฒ๐ฟ?
Wenn man der Post bzw. der Bundesregierung glaubt, ist das Ablösen der Postfilialen durch
automatisierte Stationen ein absoluter Mehrgewinn, immerhin stehen diese Automaten rund um die Uhr zur Verfügung. Keine Öffnungszeiten, an die man sich halten muss, dadurch kaum Wartezeiten.
๐ช๐ถ๐ฟ ๐๐ผ๐ป ๐ฑ๐ฒ๐ป ๐๐ฅ๐๐๐๐ก ๐ชÄ๐๐๐๐ฅ๐ก ๐ณ๐ฟ๐ฎ๐ด๐ฒ๐ป ๐ฎ๐ฏ๐ฒ๐ฟ:
• Sehen das die Menschen auch so, die uns bisher während der Öffnungszeiten in
einer Postfiliale bedient haben?
• Wer berät uns an einer Station, wenn wir uns bzgl. des Versands unsicher sind?
• Wer hilft den Senioren und ausländischen Mitbürgern, wenn sie Probleme haben?
• Wer greift ein, wenn beim Versand ein Betrugsfall vorliegt?
๐ช๐ถ๐ฟ ๐ณ๐ฟ๐ฎ๐ด๐ฒ๐ป ๐ด๐ฎ๐ป๐ ๐ฑ๐ฒ๐๐๐น๐ถ๐ฐ๐ต: Handelt es sich bei der Automatisierung um Bürgerwille, oder um eine reine Kosteneinsparung, ergo Gewinnmaximierung bei der Post AG, deren Hauptanteilseigner immer noch die Bundesregierung ist?
Es gibt da allerdings noch ein weiteres Problem. Laut Taunuszeitung vom 17.06.2024 waren im Februar 2024 125 Pflichtstandorte gar nicht besetzt. Dass die Post ihrer „Anwesenheitspflicht“ nicht nachkommen kann, wird mit dem derzeitigen Strukturwandel erklärt. Wo kein Einzelhändler mehr vor Ort ist, könne die Post auch keine Postfiliale betreiben. Denn eine Voraussetzung für den Betrieb einer Postfiliale ist es, dass diese in einen bestehenden Geschäftsbetrieb integriert wird. Selbst wenn die Post also wollte, könnte sie gar keine weiteren Postfilialen betreiben, da auf den Dörfern meist keine Einzelhändler mehr vorhanden sind. Durch das Aufstellen der Automaten sei so aber wenigstens die Infrastrukturvorgabe erfüllt.
Unter dem Aspekt ist es wahrscheinlich auch egal, ob, wie vom Bundesrat gefordert, das Wort „Benehmen“ der Gebietskörperschaft durch „Einvernehmen“ der Gebietskörperschaft
im Gesetzesentwurf ersetzt wird, denn bei einer fehlenden #nahversorgung wird eine Gemeinde gar keinen Einspruch erheben können.
Der Schwarze Peter wird also an die Kommune weitergereicht. Wären in den Stadtteilen Läden, in denen man einen Postbetrieb anbieten könnte, müsste man keine Automaten aufstellen.
๐ช๐ถ๐ฟ ๐๐๐ฒ๐น๐น๐ฒ๐ป ๐ฎ๐น๐๐ผ ๐ฒ๐ฟ๐ป๐ฒ๐๐ ๐ฑ๐ถ๐ฒ ๐๐ฟ๐ฎ๐ด๐ฒ: Ist das Aufstellen von Automaten die Lösung, wenn in einem Ort die Nahversorgung komplett wegbricht? Oder sollte man vielmehr seine städtischen Randgebiete wieder attraktiver gestalten, dass auch dort die Grundversorgung gewährleistet ist und die Post AG gar keine Notwendigkeit sieht, Automaten aufstellen zu müssen.