Eichenprachtkäfer im Kelkheimer Stadtwald entdecktSchädling bringt Eichen zum Absterben

Kelkheim (ju) – Dass es unserem Wald nicht gut geht, ist kein Geheimnis. Schaut man sich die Wälder im Taunus an, sieht man große abgeholzte Flächen oder solche, auf denen nur noch Totholz steht. Die Dürre der vergangenen Jahre, der Borkenkäfer und die Buchenkomplexkrankheit haben den heimischen Bäumen extrem zugesetzt. Auch der Kelkheimer Wald leidet unter dem menschgemachten Klimawandel. Und hatte man gerade gedacht, durch den vielen Regen der letzten Monate trete eine Entspannung ein, macht sich eine neue Herausforderung bemerkbar.

Die heißt Agrilus biguttatus, der Zweipunktige Eichenprachtkäfer. Eigentlich denkt man bei dem Namen an einen freundlichen, wohlgesonnen Käfer – aber leider falsch. Der Eichenprachtkäfer ist ein Schädling, der an einigen Stellen im Vordertaunus seit letztem Sommer die durch den Klimawandel vorgeschädigten Eichenbestände angreift. Die ausgewachsenen Käfer sind ungefähr 1 cm groß, metallisch grün gefärbt, mit zwei charakteristischen weißen Punkten. Sie legen ihre Eier in den Furchen der Rinde der Eichen ab. Aus diesen schlüpfen nach zwei Wochen die Larven und fressen sich in die Rinde ein.

„Die Eichen im Kelkheimer Stadtwald sind noch nicht so stark befallen wie in anderen Gemeinden im Rhein-Main-Gebiet“, erklärt der Kelkheimer Revierförster Hendrik Bickel. „Allerdings beobachten wir auch hier die Ausbreitung des Eichenprachtkäfers an exponierten Lagen oder stark besonnten Waldrändern.“ In Kelkheim und Umgebung hat Bickel vier Stellen ausfindig gemacht. Rund 20 Bäume sind am Waldrand direkt hinter dem Fischbacher Sportplatz befallen, fünf an der Gundelhardt, und im Schmiebachtal hat Bickel weitere befallene Bäume gefunden. Größte Sorge bereitet ihm aber der Staufen. Auf der exponierten Kuppenlage hat er mehrere Bäume gesichtet, die vom Eichenprachtkäfer befallen sind. Problem: Der Wald dort oben ist stillgelegt, kein Baum darf entnommen werden, auf dem Gebiet liegt ein Schutzstatus. „Der Käfer kann aber Strecken von rund vier bis sieben Kilometern zurücklegen, was weitere Bestände bedroht“, erklärt Bickel die verzwickte Lage.

Normalerweise bedroht seine Anwesenheit die Eichen nicht in ihrem Bestand. Wenn sich die Käfer aber auf alten, bereits vorgeschädigten Bäumen ansiedeln, können sie deren natürlichen Verfallsprozess drastisch beschleunigen. Das ist ein völlig natürlicher Vorgang in unseren Wäldern. Jedoch ist es derzeit so, dass durch die jahrelang anhaltende Trockenheit sogar die als resistent geltenden Eichen flächendeckend unter Stress stehen. Auch jüngere Bäume, die eigentlich „voll im Saft stehen“ müssten, sind sozusagen dauerhaft im Überlebensmodus. Der Eichenprachtkäfer findet mehr geschwächte Bäume und vermehrt sich dementsprechend schneller.

Während ihrer Entwicklung fressen die Larven des Käfers das Kambium. Das ist die dünne Gewebeschicht zwischen der Rinde und dem eigentlichen Holzkörper. Hier verlaufen die Nährstoffleitbahnen des Baumes, welche durch den Larvenfraß unterbrochen werden. In der Folge führt dies zum Absterben des Baumes. Ob eine Eiche vom Prachtkäfer befallen ist, erkennt im frühen Stadium nur der Forstexperte nach einiger Übung und Erfahrung. Sowohl die Einbohrlöcher der Larven als auch die Ausfluglöcher der ausgewachsenen Käfer sind sehr klein und nur aus nächster Nähe zu erkennen. An Verfärbungen der Rinde und verdorrten Ästen erkennt man Bäume, welche bereits befallen sind. In späten Entwicklungsstadien hilft der Specht, die Bäume zu erkennen. Er sucht hinter den oberen Rindenschuppen nach den Larven, und die Bäume erscheinen dann rötlich. Bickel hat die befallenen Bäume am Fischbacher Sportplatz mit drei roten Streifen versehen. An einigen anderen prangt eine Fragezeichen. „Die Eichen behalte ich im Blick; sie zeigen noch keine starken Anzeichen, sollten aber regelmäßig überprüft werden, um vorzubeugen.“

Da es sich bei dem akuten Befall von Eichenprachtkäfern um ein neues Phänomen handelt, hat das Forstamt Königstein einen Waldschutzexperten von der Forstwissenschaftlichen Versuchsanstalt in Göttingen um Rat gebeten. Er empfiehlt schnelles Handeln. Solange es sich, wie im Kelkheimer Wald der Fall, nur um einzelne Bäume oder kleinere Baumgruppen handelt, die vom Prachtkäfer befallen sind, werden diese gezielt gefällt und entnommen. Dabei muss darauf geachtet werden, dass alle Teile des Baumes aus dem Wald entnommen und entsorgt werden. Dazu gehört auch die Rinde, in der sich auch nach der Fällung des Baumes die Larven weiter vermehren können. Auch das richtige Timing ist wichtig. Eingeschlagene Eichen müssen vor dem Ausflug der Käfer im Frühjahr aus dem Wald gebracht werden.

Drei Striche am Baum – er muss umgehend gefällt werden, so Revierförster Hendrik BickelFotos: Judith Ulbricht

Die Larven des Eichenprachtkäfers machen es sich unter der Rinde „gemütlich“ und rauben der Eiche den Lebenssaft.

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