Bombastische Männer tanzen Ballett

Die „Trouble Tigers“ der Tanzgarde 08 wissen nicht nur mit gefährlichen Dinosauriern fertig zu werden, sondern auch das gesamte Steinbacher Bürgerhaus mit ihrer Ballettkunst zu begeistern.Foto: Pfeifer

Von Petra Pfeifer

Steinbach. Herren in Shorts rücken oft in den Mittelpunkt der negativen Kritik. Männer in Petticoats oder Fellkleidchen hingegen haben eine ausgezeichnete Lobby. Zumindest während des Karnevals und ganz sicher bei einem Männerballettturnier. Dass dies eine unverrückbare Tatsache ist, zeigt der riesige Erfolg des Spaßturniers, das nun zum 25. Mal das Steinbacher Bürgerhaus zum Brodeln brachte.

Acht Gruppen aus Nah und etwas Ferner waren es, die sich einfach aus purem Spaß in ihre Kostüme zwängten, um im ausverkauften Haus die Bretter zu erobern, die die Narrenwelt bedeuten. Dass ihnen das mühelos gelang, lag nicht allein an ihren Tanztalenten. Es gibt wohl kaum eine Karnevalsveranstaltung, deren Publikum von vorneherein vollkommen von ihrem Gelingen überzeugt ist, die rundherum lediglich auf die Lachmuskeln zielt, wie eine, bei denen Männer in Tütüs und ähnlichem Schnickschnack zu erwarten sind.

Los ging es mit der „Männerperfomancegruppe“ vom Kronberger Kappenklub, die sportlich-athletisch ihre ganz eigene Avenger-Choreografie zum Besten gaben. Jede Hülle, die die knackigen Burschen dabei fallen ließen, erntete dabei lauten Jubel und weil es gar zu schön war, mussten sie dann gleich noch eine Zugabe geben. Das war übrigens ein Schicksal, das alle Gruppen an diesem Abend ereilte, egal wie sehr sie nach getaner Arbeit auch schnauften.

Vorschusslorbeeren in Form von lautem Klopfen auf die Tische an denen ihre Gäste saßen, ernteten kurz darauf die Trouble Tiger von der Steinbacher Tanzgarde 08. Hits wie „The Winner takes it all“ und „Everybody need somebody“ begleiteten die erfolgreiche Darbietung, in deren Verlauf ein Dino besiegt und mit Hebefiguren gepunktet wurde. Dass nicht alles zu 100 Prozent saß, wusste Sitzungspräsident Harald Glocksin vom veranstaltenden Steinbacher Carneval Club (SCC) bestens zu erklären: „Einer von den Männern musste schnell weg, weil seine Frau in den Wehen liegt.“

Runde Bäuche und mächtige Brüste

Für die ersten Lachtränen sorgten die „hauseigenen“ Dicken Dales vom SCC, die es seit zwei Jahren gibt. Bei ihrem Tanz wackelten nicht nur Gesäße und runde Bäuche, sondern auch mächtige montierte Brüste. „Völlig losgelöst von der Erde“ waren sie somit zwar nicht wirklich, aber die Reise der Astronauten zum Mond hatte durchaus etwas außerirdisches. Auch Prinz Florian I., der sich mit der 72. Sodenia, seiner Prinzessin Franziska I., aus Bad Soden kurz darauf die Ehre gab, konnte sich dem „Charme“ der herrlichen „Damen“ kaum entziehen und musste seine kleine Ansprache gleich mehrfach lachend unterbrechen, als eine von ihnen durch den Saal „schwebte“. Zu guter Letzt lautete seine wohlwollende Empfehlung: „Bleibt bis Aschermittwoch heiter!“

Als ewig langer Drache wälzten sich die Bull Towners aus Stierstadt zunächst durch den Mittelgang des Saales, um dann als süße Geishas die Sympathien aller auf sich zu ziehen. Kein Wunder, dass der vor ihnen herumtänzelnde „Kaiser“ sich schwer tat bei der Wahl einer Liebsten. Bestimmt erging es den Damen im Saal ganz ähnlich als die Kimonos von den Schultern glitten und die Tänzer mit bloßem Oberkörper zu „Kung Fu Fighting“ glänzten.

Die einzigen wirklich weiblichen Tänzerinnen ließen sich gleich im Anschluss an die Pause auf der Bühne blicken. Die „Fidelities“ vom SCC zeigten ihre eigene Version von einem Gefängnisausbruch. Eine sportlich-rasante und ideenreiche Choreografie, die entsprechend vernehmlich honoriert wurde.

Eigentlich hätten die Glashüttener „Grashüpfer“ in ihrer Tarnkleidung dann gehörig Gas geben müssen, um die Geschwindigkeit beizubehalten. Doch sie entschleunigten das Geschen auf der Bühne ein wenig. Denn die Männer aus dem Hintertaunus legten bei ihrem Tanz mehr Wert auf Ausdruck denn auf Sport. Auch diese Variante wusste das dankbare Publikum offensichtlich zu goutieren.

Zum Techno-Mix begaben sich die zehn „Bachstelzen“ des CluGeHu Weikirchen auf eine bravouröse Zeitreise in die frühe Steinzeit. Sie brillierten nicht nur als Neandertaler, sondern auch als tänzerisch begabte Dinosaurier derart, dass sie beim Auszug stehende Ovationen genießen konnten.

Eine eigenwillige Variante des Stangentanzes zeigten wiederum die wandlungsfähigen „Waschbären“ Kalbach mit ihren Gehstöcken, bevor sie aus dem Senioren-Outfit geschlüpft als Blondinen in roten Kleidern mit Petticoat zu den Klängen von „Lollypop“ entzückten. „Hier bebt der Saal, so soll’s auch sein!“, gratulierte Harald Glocksin den schwitzenden Männern für die gelungene Show. Und Dank ihrer bemerkenswerten Kondition war selbst da noch nicht Schluss mit dem Auftritt, sondern allein in Hemd und Unterrock folgte eine nicht minder sportliche Zugabe.

Entzückender Tanzabend

Den entzückenden Abschluss eines gelungenen „Tanzabends“ machten die Luschedänzer vom Niederräder Carneval Verein als „Die grazilen Ausreißer“. Auch hier waren wieder Lachtränen fällig, als sie sich ihrer „Gefängnisklamotten“ entledigten und mit Tütüs, Shirts und glitzernden und befederten Haarreifen eine weiterhin tolle, temporeiche Choreografie zu „Mr. Boombastic“ und „Schwanensee“ zeigten. „Das ist ein Applaus, den ihr euch absolut verdient habt“, meinte daher vollkommen zu recht Harald Glocksin mit Blick auf den tobenden Saal.

Und auch wenn schon im Vorfeld des Spaßturniers klar war, dass hier keine Sieger gekürt werden, stand letzten Endes fest, dass sowohl Akteure als auch Zuschauer gewonnen hatten: viele herrlich komische, lustige und heitere Momente und jede Menge Spaß.

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