Hex, hex – der Fastnacht-Hit für Hexen

„Wo ist Winnetou?“ fragen die Showgirls vom CluGeHu Weißkirchen und bieten mit ihrer Suche beste Tanzunterhaltung. Foto: agl

Oberursel (agl). Die Oberhexe Birgit Zumbroich lächelt zufrieden in den übervollen Saal. Wie immer sind die 270 Plätze in der Taunushalle Oberstedten restlos besetzt. Da gackern Hühner, blinken Engelsflügel, flattern Spielkarten am Tütü und am Ausschnitt, grinsen Dalmatinergirls, schwarzbepunktet von der Wange bis zur Wade, und wippen Gummiquallen am Pony bei den sechs Damen, die sich als Aquarium verkleidet haben.

Die Welt der Fantasie ist bunt und einfallsreich und ungewöhnlich ausgefallen beim Hexenfasching. Da wird am Sekt genippt, und doch ist Aperol Spritz das bevorzugte Lieblingsgetränk. Am Strohhalm spielend begutachten sich die verkleideten Fastnachtsfans. Die Stimmung ist weiblich heute Abend. Und auf der Bühne werden die Männer zu den besseren Frauen. Sie tanzen, drehen kunstvolle bis weniger elegante Pirouetten. Sie tragen Turnschläppchen, blondgelockte Perücken, kommen im Geisha-Look unter einem roten Riesendrachen versteckt daher und beginnen sich unter großem Applaus, wenn es die Nummer verlangt, auf der Bühne zu entblößen bis auf den Schlüpfer. Da werden die Muskeln bespielt und die Zuschauerinnen freut’s. Allerdings alles im Rahmen des guten Geschmacks. Denn an diesem Abend ist einfach alles gut und gut gelungen.

Männer im Saal?

Die Vereine der Region lassen es sich nicht nehmen, wirklich aufwendige Auftritte hinzulegen. Die Kostüme, die Kraft der Hebefiguren und die Konzentration jedes einzelnen Mitglieds aus dem Männerballett ist sagenhaft und professionell. Wäre da nicht auch Olga Orange vom Kabarett „Rosa Wölkchen“, die dem männchlichen Anstrich auf der Bühne im Dirndl und mit ordentlich Holz vor ihrer Hütt’n etwas Urweibliches entgegensetzt. Bei ihr zählt Schnodderschnauze versus Choreographie. Sie bringt den Saal zum Kochen. Oder soll man besser sagen: er?

Wunderbar spontan steigt sie von der Bühne, es ist, wie sie sagt, ihr x-ter Auftritt heute vor Faschingspublikum, denn einige Veranstaltungen dieser Art hat sie schon hinter sich. Doch die Kostümierungen beim Hexenfasching rauben ihr dermaßen den Atem und beeindrucken sie so nachhaltig, dass sie den Kontakt zum Publikum sucht. Nun wird’s intim. Die Taunus-Karnevalsprinzessin hat auch ihren Spaß, als Olga auf sie zukommt und ihr einen Prinzen anlachen möchte. Der einzige Mann im Saal ist schnell gefunden. Aber was ist das? Es stellt sich heraus, es ist der Chauffeur Ihrer Hoheit Vanessa I.

Zuvor hatte schon eine alte Bekannte den Saal mit ihrer hinlänglich bekannten Männersuche zum Lachen gebracht. Hiltrud Hufnagel mit Perlenkette, roter Lackledertasche und Blümchenkostüm philosophiert über Lifestyle auf dem Friedhof: Die Zotte der Gießkanne zeigt nach oben? Für Hiltrud ganz klar, wer ein solches Zeichen beim Gießen setzt, sucht eine Frau. Zotte hängt nach unten? Dieser Mann ist nicht zu haben. Für sie ist das Senioren- Parship.

Aber bei Weitem die schönsten und stilvollsten Kostüme haben die Maxis aus Weißkirchen. Da blitzt nichts Schrilles, da setzt man auf edle Akzente und gekonnte Choreographie. Man wünscht ihnen eine Bekanntheit über die regionalen Grenzen hinaus. Das ist ein Auftritt der professionellen Art. Ordentlich einzuheizen hingegen, das versteht das Usinger Männerballett vom Kleinen Rat. „Mr. Vain“ von „Culture Beat“, die alte Discozotte, ist ein Klassiker, der jeder Hüfte Schwung verleiht. Der Abend läuft mehr als rund. Selbst die grüngewandeten Hexen vom Hexenrat mit ihren Spitzhütchen sieht man auf ihren Sitzen wippen und begeistert grooven. Denn jeder, der in den 80ern jung war, lässt spätestens jetzt seine ausgelassensten Jahre Revue passieren.

„Cinderella – der Traum wird wahr“, vom Carneval-Verein Stierstadt zeigt eine romantische Jungmädchenphantasie, die Maxi-Garde vom CV Stierstadt greift mit „Das Gute und das Böse“ ebenfalls auf ein Märchenthema zurück. Äußerst gekonnt und mit viel Akrobatik. Die Brassband des Vereins „Frohsinn“ unter der Leitung von Jens Stern bringt nach der Pause alle von „Queen“ bis Glenn Miller wieder im Saal auf Hochtemperaturen.

Hexensitzung heißt vier Stunden abzuschalten, Spaß zu haben, Zeit im Flug verstreichen zu lassen und die Männerlosigkeit keinen einzigen Moment zu bereuen.

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