Richtfest und Halbzeit für das Casals Forum am Beethovenplatz

In zwei Jahren wird der Kammermusiksaal Musik und Menschen verbinden, die Welt draußen immer im Blick. Foto Patricia Truchsess

Kronberg (aks) – Halbzeit bei der Kronberg Academy. Nun steht es da, das „Schatzkästlein“ für die Musik, in Beton gegossen und weithin sichtbar: Ein Ort der Musik für alle. Zwei Jahre nach dem Spatenstich am 1. Oktober 2017 hatte die Kronberg Academy am Sonntagnachmittag zum Richtfest des Casals Forums geladen. Das ehrgeizige Bauprojekt der Kronberg Academy Stiftung als Reverenz an den großen Cellisten und Humanisten Pablo Casals ist nun Realität. Das Bahnhofsareal sollte schöner werden und wurde mit der Realisierung eines Konzertsaals, Studierzentrums und Hotels zu einem Meilenstein in der jüngeren Stadtgeschichte.

Dabei steht die Kammermusik im Focus: Ein Konzertsaal entsteht hier, der vielen Ansprüchen genügen soll und vor allem variabel auf alle Klangnuancen der Musik eingehen soll. Nicht nur Kammerorchester finden hier eine ideale Bühne, sondern auch kleine „intimere“ Besetzungen.

Transparenter Kammermusiksaal

Als der Architekt, Volker Staab, 2014 aus Berlin kommend in Kronberg eintraf, kam er sich vor „wie auf dem Abstellgleis“. So empfand er das Parkdeck als „Loch“ und die gesamte Topografie mit Victoriapark, Bäumen, Gassen und Wegen der Altstadt als Herausforderung für den Bau eines Kammermusiksaals mit Hotel: Ein Bau, der sich in die Landschaft einfügen sollte. Der Rohbau steht nun an einem zentralen Platz, der als Treffpunkt Licht und Raum bietet und zukünftig „Beethovenplatz“ heißen könnte, so hofft jedenfalls Raimund Trenkler, der Gründer und Vorstandsvorsitzende der Kronberg Academy Stiftung. Aus dem anfänglichen „Schuhkarton“, der dann doch zu sperrig schien, entstand dank Trenklers Anregung ein frei geschwungener transparenter Saal mit konvexen und konkaven Wänden und einer breiten Glasfront, die den Blick von außen nach innen, aber auch von innen nach außen frei gibt. Diese Offenheit soll alle Menschen einladen, Musik zu erleben und zu genießen – für „ein freies Musikerlebnis“. Bald sind sie vollbracht, die ambitionierten Pläne des Berliner Architekten: die Bürger und Bürgerinnen Kronbergs sowie Musikliebhaber und Künstler aus aller Welt dürfen sich auf eine zeitgemäße Spielstätte auf höchstem musikalischen Niveau freuen. „Richtfeste sind die schönsten Feste!“, so Staab. Es sähe alles noch besser aus als er es sich vorgestellt habe.

Sein Dank galt besonders der Baufirma Jökel, die fachkundig zur Vollendung dieses Leuchtturms in der Musikwelt beitrug. „So etwas erlebt man nur einmal im Leben“, hieß es unisono auf der Baustelle.

Der Ton macht die Musik

Der Architekt und die Baufirma haben geliefert – und selbst ihre kühnsten Erwartungen übertroffen, wie sie gern zugeben. Jetzt ist es am Akustik-Ingenieur Martijn Vercammen aus dem niederländischen Mook, die Akustik entsprechend anzupassen und zu optimieren. Für die perfekte Tontechnik arbeitet er an einem physikalischen Modell im Maßstab 1:10, er weiß um die komplexe Herausforderung eines Kammermusiksaals, der durch seine Akustik bestechen soll. Er setzt bei der Oberflächenverkleidung auf Eichenholz, das schwer genug ist für die richtige Reflexion des Klangs. Es gehe jetzt um den Versuch, aus den akustischen Eigenschaften einen beschwingten Raum zu machen: „So schönes Gelingen für gutes Klingen“. Beschwingt ist er jetzt schon im Rohzustand, der Raum, in dem zukünftig viel Musik zu hören sein wird. 300 Personen finden Platz im Parkett, 250 auf den oberen Rängen rund um die Bühne, für alle, die den Künstlern ganz nah sein möchten.

Zukünftiger „Hotspot“ der Musik

An diesem Festtag galt der Dank vor allem Raimund Trenkler, der sich seit 27 Jahren beharrlich und leidenschaftlich für Kammermusik und seine Idee einer herausragenden internationalen Musikakademie in Kronberg einsetzt. Marta Casals Istomin, die Witwe des weltberühmten Cellisten und Schirmherrin des Kronberg Academy Festivals, bezeichnet den Visionär Trenkler als „most wonderful person“, der seinen Traum verwirklicht hat – „a dream well organized“. „Music can make a better world“ – recht hat sie auch damit, dass es dafür immer ein ganzes Dorf braucht. Trenkler hatte einen Traum, der nun beeindruckende Formen angenommen hat: „Das Casals Forum wird mit Begeisterung, Emotion und auch Liebe gebaut. Dadurch wird dieser Bau zum richtigen Ort für Qualität, Kreativität, Internationalität und Menschlichkeit. Ein Ort, der Menschen zusammenbringt, einladend, transparent und trotzdem eine ‚andere Welt‘; für Künstler ein geschützter Raum, in dem sie immer willkommen sind und der Musik zu ihrem Recht verhelfen können; ein Ort, an dem Musik nicht durchreist, sondern entsteht; und schließlich ein Ort, der die Menschen bewegt.“

Die Kronberger könnten stolz sein auf ihren neuen „Hotspot der Musik“, wie es Staatsminister Axel Wintermeyer auf den Punkt brachte, der vor zwei Jahren noch über Bauzäune stieg und heute „erstaunt, fast schon sprachlos“ vor dieser betongewordenen Idee steht. Es ginge nicht ohne „Lokomotiven wie Trenkler“, aber auch nicht ohne bürgerschaftliches Engagement, das so einzigartige Visionen zur Realität werden lässt, unterstützt von staatlichen Geldern, die den Musikbetrieb fördern an Orten, „an denen Exzellenz gelehrt und gelebt wird“. Gidon Kremer, der Grandseigneur des Geigenspiels, verleiht dem Fest feierliche Würde mit einer Sonate von Mieczysław Weinberg, und trotz der Beton-Akustik im zugigen Rohbau kriecht dieser Moment unter die Haut. Man spürt, was hier im Werden ist: Der ideale Raum für Musik.

Musik ist wie Architektur

Der Pianist Sir András Schiff erinnert an den Namensgeber dieses Forums Pablo (Pau) Casals, der 1973 verstarb: „There is no musician I love more than Pablo Casals“. Er war ein mutiger Mensch, der sich gegen den Diktator Franco auflehnte und im Exil leben musste. Er freut sich als Musiker besonders, dass Architekten nicht nur Golfplätze und Casinos bauen und dass dank der Architekten im Casals Forum in Zukunft „Musik intim und persönlich bleiben darf“. Musik sei wie Architektur: Jede Bachfuge sei wie eine romanische Kirche oder eine gotische Kathedrale.

Bald ist’s geschafft!

Das Richtfest ist nicht nur die Stunde der Bauherrn und in diesem Fall der Politiker, Sponsoren, Freunde, Partner und der Künstler, sondern traditionell der Bauarbeiter und ihrem Polier. Die prächtige Richtkrone auf dem Dach schwebt über Markus Schreiber, der den Richtspruch verkündet mit der Bitte um Gottes Segen: Bald ist’s geschafft! Dann leert er sein Weinglas und wirft es hinter sich, die vielen Scherben sollen Glück bringen. Trotz Bauhelm ist er heute nicht im Dienst. Gott sei Dank!

Der Regen legte eine kurze Pause ein, ein Segen für die vielen fein gemachten Damen und Herren auf dem neuen Platz inmitten des Forum. „Freude – Freude“ klingt es aus den wohlgestimmten Kehlen des Cäcilienchors aus Frankfurt. Die Vorfreude auf das, was hier entsteht, ist spürbar: Ein Haus, das Freude bringen soll mit Musik für alle Menschen. Und dann stimmen alle Feiergäste gern mit ein in die „Ode an die Freude“ von Schiller, vertont von Ludwig van Beethoven in seiner grandiosen neunten Sinfonie, eine Melodie, die alle kennen – einige textsichere und klangvolle Sänger sind darunter. Ja, so scheint es in diesem erhebenden Augenblick: Alle Menschen werden Brüder...

Tag der offenen Baustelle

Schon am morgigen Feiertag, 3. Oktober, findet von 13 bis 17 Uhr ein „Tag der offenen Baustelle“ statt.

Um 13 Uhr begrüßt der Kronberger Bürgermeister Klaus E. Temmen (parteilos) die Besucher, anschließend können sich Nachbarn, Bürgerinnen und Bürger Kronbergs sowie Musik- und Architektur-Interessierte aus ganz Frankfurt/Rhein-Main einen ersten Eindruck vom Rohbau verschaffen. Bis 17 Uhr stehen Mitglieder des Fördervereins und des Teams der Kronberg Academy an mehreren Stationen bereit, um Fragen zu beantworten, auch für den Entdeckergeist der Kinder gibt es ein besonderes Angebot. Für einen Imbiss ist gesorgt, der Eintritt ist frei. Mitglieder des Vereins der Freunde und Förderer der Kronberg Academy erhalten bereits zwischen 11.30 Uhr und 13 Uhr exklusive Führungen über die Baustelle.

Fakten: Bauherrin und zukünftige Betreiberin des Konzertsaals und des Studienzentrums ist die gemeinnützige Kronberg Academy Stiftung. Form und Größe des Casals Forums werden in Europa einzigartig sein. Hier haben rund 600 Zuhörer Platz, die Größe der Bühne ist flexibel. Bis zu sieben Konzerte sollen hier im Monat öffentlich veranstaltet werden, 80 im Jahr. Nach außen hin entsteht eine Verbindung zum angrenzenden Park. Das Casals Forum ist das Herzstück des neuen Entrées der Stadt Kronberg. Gleich nebenan entsteht ein Studienzentrum für den ganzjährigen Studienbetrieb, mit dem Carl Bechstein-Saal mit 150 Plätzen sowie einem Kabinett-Saal mit 50 Plätzen. Der Neubau beherbergt auch die Verwaltung der Kronberg Academy und eine kleine Geigenbau-Schule.

Das Bauvorhaben wird vor allem ermöglicht durch das enorme Engagement privater Förderer, außerdem vom Bund (21,5 Millionen Euro), vom Land Hessen (4,5 Millionen Euro) sowie von der Stadt Kronberg und vom Hochtaunuskreis / Taunus Sparkasse (1 Millionen Euro). Der Bau begann mit dem Spatenstich im Oktober 2017, die Eröffnung wird für 2021/22 erwartet.



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