Kompetenzgerangel bei Geschäftsordnungsfrage

Kronberg (pu) – Beim Thema Stadtentwicklung kochen derzeit die Gemüter permanent hoch (siehe auch weiteren Bericht in dieser Ausgabe) und angesichts der angespannten Nervenkostüme nimmt das Kompetenzgerangel teils groteske Züge an. Anders ist ein Vorgang kaum zu erklären, der während der jüngsten Stadtverordnetenversammlung passierte. Den Stein ins Rollen brachte der im Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt (ASU) schon kontrovers diskutierte Antrag der SPD-Fraktion mit dem Vorschlag, bei Bedarf einen temporären Gestaltungsbeirat für Städtebau und Architektur zu bestellen. Dabei handelt es sich um ein unabhängiges und empfehlendes Sachverständigengremium, das den Magistrat, die Stadtverordnetenversammlung und die Ausschüsse unterstützen kann bei städtebaulich bedeutsamen Planungen, beispielsweise auch bei Bebauungsplänen von zentraler Bedeutung, der Vorbereitung und Durchführung wichtiger öffentlicher Bauvorhaben oder der städtebaulichen und gestalterischen Beurteilung privater Bauvorhaben. Die Entscheidung über unterbreitete Vorschläge liegt dennoch bei den Parlamentariern.

Chance

Die Sozialdemokraten sehen in dem Angebot der Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen eine Chance und halten es für einen konstruktiven Beitrag, im Bestreben zur Verbesserung des Stadtbildes, die architektonische Qualität auf einem hohen Standard zu sichern sowie städtebauliche und architektonische Fehlentwicklungen zu verhindern, für einzelne Vorhaben auf einen solchen Beirat zurückgreifen zu können.

Die Werbung um Zustimmung der anderen Fraktionen fiel jedoch nicht auf fruchtbaren Boden. Laut Ausschuss-Vorsitzenden Max-Werner Kahl sehen die Christdemokraten dafür keine Notwendigkeit. „Unseres Erachtens sind Stadtplanung und ASU fachlich und kapazitätsmäßig sehr gut aufgestellt“, so Kahl wörtlich. Die KfB äußerte ebenfalls erhebliche Zweifel, unter anderem wegen der Kostenfrage. Dazu steht in der Vorlage: Über die Größe des Beirats, seine Zusammensetzung und die Dauer des Verfahrens für das jeweilige Projekt entscheidet der Magistrat in Abstimmung mit der Architektenkammer Hessen. Die Aufwandsentschädigung der Beiratsmitglieder folgt den Regelungen der Kammer. Letztendlich empfahlen sechs ASU-Mitglieder, diesen Antrag abzulehnen bei nur drei Befürwortern. Soweit die Vorgeschichte vor der Parlamentssitzung.

Als in dieser der Tagesordnungspunkt aufgerufen wurde, trat der SPD-Fraktionsvorsitzende Christoph König ans Rednerpult und informierte zur Geschäftsordnung, im Ältestenrat (Gremium, das Geschäftsordnungsfragen bespricht) sei besprochen worden, dass diese Vorlage in die nächste Sitzungsrunde geschoben werden kann, wenn ein Vertreter der Architektenkammer die hinter dem Gestaltungsbeirat steckende Idee und dessen Möglichkeiten im nächsten Ausschuss für Stadtentwicklung vorstellt. Es fehle dazu nur noch das Einverständnis des Ausschussvorsitzenden Max-Werner Kahl. Das verweigerte der Angesprochene zunächst, der seinerseits seiner Überzeugung Ausdruck verlieh, er sehe für diese Handlungsweise keine Veranlassung, vielmehr solle am Parlamentsabend final über den Antrag abgestimmt werden.

Nun platzte der Fraktionsvorsitzenden von Bündnis90/Die Grünen, Petra Fischer-Thöns der Kragen, die eine Sitzungsunterbrechung forderte. Dieser dringenden Bitte kam Stadtverordnetenvorsteher Andreas Knoche (CDU) nach, der Ältestenrat kam erneut zusammen. Das von Knoche verkündete Ergebnis: „Der Ältestenrat stimmt dem Wunsch der SPD-Fraktion auf Vertagung in die nächste Sitzungsrunde ausdrücklich zu und es ist eigentlich gängige Praxis, dass der Ausschussvorsitzende sich diesem Wunsch nicht verschließt!“ Dem fügte sich Max-Werner Kahl. Die Vorlage 5206/2019 kommt nun in der kommenden Sitzungsrunde erneut auf die Tagesordnung.



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