Schüler schreiben

Matthias van der Minde, Autor des Buches „Dialektik der Bombe“ und Lehrer für Englisch und Politik, war an der Altkönigschule zu Besuch und referierte über die Bedeutung der Atomwaffen im heutigen Zeitalter. Foto: priva t

Wie gefährlich ist die Atombombe?

„Der Kalte Krieg ist zwar vorbei, die atomaren Risiken sind es jedoch nicht.“ Dieser kritische Kommentar stammt aus dem Buch „Dialektik der Bombe“ von Matthias van der Minde (33). Minde erläutert darin, wie uns die politischen Entscheidungen und Denkweisen in der Vergangenheit zu der jetzigen atomaren Situation geführt haben. Hierbei kritisiert er den verantwortungslosen Umgang mit Atomwaffen, die oftmals nur als Mittel zum Zweck gesehen werden würden. Dies hätte die Welt in vielen kritischen Situationen bis an den Rand des Dritten Weltkrieges geführt, welche mehr durch Glück als durch Verstand gelöst worden seien.

Matthias van der Minde, Autor und Lehrer für Englisch und Politik, war letzten Freitag an der Altkönigschule zu Besuch und referierte über die Bedeutung der Atomwaffen im heutigen Zeitalter. Die Schulveranstaltung der Q2 wurde von Lehrer Christian Schmeiser geleitet und den Schülern/-innen Felix Rosenwald, Jasmin Noori, Yaren Cengiz und Melis Dügün, die die Diskussion mit kritischen Fragen angeregt haben.

Van der Minde interessierte sich schon früh für das Weltgeschehen und wurde von dem ehemaligen neuseeländischen Premierminister David Lange, der sich für eine atomwaffenfreie Politik einsetzte, inspiriert, berichtete er.

Doch wie gefährlich ist die Atombombe und was können wir gegen sie unternehmen? Im Laufe der Veranstaltung legte van der Minde den Schülern seine Einschätzung der heutigen Situation dar. Hierfür bot sein Buch „Dialektik der Bombe“ die Grundlage für seine fundierte Bewertung. So gebe es drei Probleme, die in Betracht bezogen werden müssten.

Das erste Problem befasst sich mit der Entrückung der Bombe aus unserer Wahrnehmung. Die Atombombe sei selten in den Nachrichten und wenn doch, ginge es oft nur um das ferne Nordkorea. Dies habe zur Folge, dass wir die Gefahr gar nicht wirklich wahrnehmen. Matthias van der Minde bezieht sich in seinem Buch immer wieder auf Günther Anders, einem Philosophen, der die Menschheit als „Apokalypse-Blind“ bezeichnet. Anders meint damit, dass die Menschheit technologisch zum ersten Mal in der Geschichte fähig sei sich auszulöschen, aber das menschliche Gehirn nicht in der Lage sei, sich die Folgen eines Atomkrieges vorzustellen und deshalb nicht die vollständige Gefahr der Atomwaffen erkenne. Ist Günther Anders zuzustimmen? Könnte dies der Grund sein, weshalb es zur Zeit immenser nuklearer Hochrüstung keine große Friedensbewegung gibt?

Matthias van der Minde ging weiter auf die nur selten stattfindenden Friedensdemonstrationen der heutigen Bevölkerung ein und löste eine Diskussion aus, bei der sich Schüler aus dem Publikum zu Wort meldeten. Als Problem wurde hierbei die übergeordnete Rolle der Medien und sozialen Netzwerke gesehen. Durch diese könnten Meinungen schnell und anonym über soziale Netzwerke kundgetan und verbreitet werden. Ob diese Form der Meinungsäußerung positive Effekte in Bezug auf den Umgang mit politischen Problematiken aufweist, sei jedoch äußerst umstritten. Außerdem könnten die Medien eine so große Bandbreite an Informationen vermitteln, dass es häufig schwer sei, das Wichtige und Relevante herauszufiltern. Darüber hinaus seien die Themen häufig zu komplex und verworren, als dass sich viele Menschen damit beschäftigen würden.

„Die Wahrscheinlichkeit eines Atomkrieges ist nicht unbedingt hoch. Aber sie liegt auch nicht bei Null und ist damit zu hoch.“ Dies ist die Kernaussage seines zweiten Problems des atomaren Zeitalters: Tausende von Atomwaffen seien innerhalb weniger Sekunden einsatzbereit und könnten nach einer halben Stunde überall auf der Welt einschlagen. Bis zum heutigen Zeitpunkt gab es schon viele Beinahe-Katastrophen aufgrund von zum Beispiel defekten Alarmsystemen, abgebrochenen Kommunikationswegen und vielen Fehleinschätzungen. Van der Minde erläutert zwar, dass die Wahrscheinlichkeit eines Atomkrieges in naher Zukunft relativ gering sei, betonte aber auch, dass man sich nicht darauf verlassen sollte, da es hierbei um unser aller Leben gehe. Daher appellierte er an die Schülerinnen und Schüler, sich mit dem Thema zu befassen, um sich der Gefahr bewusst zu werden, die er neben dem Klimawandel als größte Herausforderung dieses Zeitalters sieht.

Problem Nummer drei sei, dass nur wenige Menschen in wenigen Ländern über die Atomwaffen bestimmen könnten. Die Bevölkerung könne durch ihre Wählerstimmen, Demonstrationen oder auch eigene politische Praxis solch Entscheidungen beeinflussen. Dennoch diene der staatliche Besitz von Atomwaffen häufig auch als Abschreckungsmittel. Dieser Besitz könne tatsächlich Sicherheit und Stabilität in einem Land schaffen, würde jedoch gleichzeitig eines der größten Risiken in Bezug auf die allgemeine Sicherheit und den allgemeinen Frieden für die Weltbevölkerung darstellen. Der Autor sieht deshalb in dieser Strategie keine langfristige Zukunft und hofft auf ein kontrolliertes, stufenweises Abrüsten der Atomwaffen. Die Anhänger der Friedensbewegung und die atomaren Entscheider müssten zusammenkommen und gemeinsam neue Handlungsoptionen in Richtung Rüstungskontrolle und Abrüstung finden.

Van der Minde versucht den Menschen durch sein Buch die Problematik des atomaren Zeitalters nahezubringen und sie für die Thematik zu sensibilisieren. Er ist der Meinung, dass sich die Menschen für Abrüstungsschritte einsetzen müssen, da die Atomwaffe viele Gefahren für die Weltbevölkerung mit sich bringe. Diese risikoreichen Auswirkungen, die durch einen falschen Umgang mit der Problematik entstehen könnten, seien für viele Menschen unvorstellbar.

von Seong-Min Jun, Emilia Eiwanger und Gwendolyn Kemm



X