Schillergärten-Bebauung mit den Stimmen der Koalition beschlossen

Blick auf die Großbaustelle am Bahnhof, auf der Kammersmusiksaal und Studienzentrum der Kronberg Academy und ein Hotel entstehen werden. Linker Hand – die gerade austreibenden Bäume geben eine Ahnung von den angrenzenden „Schillergärten“, deren Bebauung nun ebenfalls ansteht. Foto: Westenberger

Kronberg (mw) – Wenn es um die Bahnhofsbebauung in Kronberg geht, das ist schon bekannt, dann wird die Diskussion hitzig, die Wogen schlagen hoch und die Stadtverordneten dürfen mit Publikumsinteresse rechnen. So war es auch in der jüngsten Stadtverordnetenversammlung, die Empore und die Treppe hinunter in den Rathaussaal war gefüllt mit interessierten Bürgern. Wie auch dem Umweltschützer Peter Illert, der vor dem Rathaus als abgestorbener Baum gegen die die Zerstörung der Schillergärten protestierte, ist die geplante Bebauung der Schillergärten mit sechs Wohnhäusern und einem bis zu 16 Meter hohen Gewerbebau vielen zu massiv. 2014 und 2015, zwei Mal schon, war über die Pläne für die Schillergärten im Stadtparlament diskutiert worden. Erster Stadtrat Robert Siedler (parteilos) erinnerte eingangs daran, dass 2015 dann über die modifizierten Pläne beraten wurde und diesen schließlich mit breiter Mehrheit zugestimmt worden war.

Gewerbebau – Denkmalamt hat keine

Bedenken

Auch informierte Siedler die Stadtverordneten darüber, dass das Denkmalamt keine Bedenken mehr gegenüber dem geplanten Gewerbebau am nördöstlichen Zipfel der Schillergärten auf dem Bahhofgelände hege. Auch wenn der Gewerbebau höher als das Bahnhofsgebäude werde, tangiere die Bebauung das Bahnhofsgebäude weniger als der Hotelneubau, da der Raum zwischen beiden Gebäuden angemessen breit sei. Siedler nannte den Gewerbebau als raumfassendes Element „eine städtebaulich ansprechende Antwort“. Er glaube, hier entwickele sich „ein Quartier mit eigener Note“. Der Neubau am Rand dessen dürfe sich „abheben“ und als Neubau erkennbar sein.

Dennoch sollte die Sitzung lang und die Debatte kontrovers bleiben. Mit den Stimmen der Koalition aus CDU, SPD und UBG wurde schließlich der vorhabenbezogene Bebauungsplan für die Schillergärten auf den Weg gebracht. Wohnhäuser und Gewerbebau werden nach modifizierter Vorlage gebaut. Dagegen votierten KfB, FDP und Grüne.

Innerhalb der Debatte musste Stadtverordnetenvorsteher Andreas Knoche das Publikum mehrmals auffordern, Beifalls- und Missfallsbekundungen zu unterlassen. Sie sind bei einer Plenarsitzung nicht zulässig. Als seine Aufforderung unter Androhung, die besonders lauten „Buh-Rufer“ des Saales zu verweisen, auf wenig Gehör stieß, ließ er die Sitzung für zehn Minuten unterbrechen, damit sich die Gemüter beruhigen konnten.

„Nicht von der Stange“

Max-Werner Kahl (CDU) wertete die Schillergärten-Bebauung als „Paradebeispiel von Stadtreparatur“, jedenfalls hofft er, dass „sie nicht Architektur von der Stange werden“.

Er wies auf die die Wichtigkeit einer sozialen Durchmischung innerhalb der Stadt und nun am Bahnhof umgesetzt hin: Die Schillergärten als höherpreisiges Wohngebiet, daneben das Baufeld V mit sozial gefördertem Wohnraum. „Dieser Mix macht unsere Stadt aus und unser Quartier lebenswert.“

Handlungszwang für „Schillergärten“

Ganz nebenbei erinnerte er daran, dass seit 1965 Baurecht für die „Schillergärten“ bestehe. Nicht die Politik habe hier den ersten Schritt gemacht, sondern es sei nun mal Fakt, dass der Nassauische Studienfonds die „Schillergärten“ verkauft habe und damit „uns unter Handlungszwang gesetzt hat“, ergänzte Wolfgang Haas, der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD zu der schnellen Entwicklung von den versteckt liegenden Gärten zu einem neuen Wohngebiet mitten in der Stadt. Er ließ nicht unerwähnt, dass er die Atmosphäre, die über Verlautbarungen auf den sozialen Netzwerken, aber auch direkt via Mail an eine Stadtverordnete geschaffen worden sei, für bedenklich hält. Er sei ja für eine „lebendige Streitkultur“, wenn jedoch von „verlogenem, korrupten Kronberger Geklüngel“ die Rede sei, habe das damit nichts mehr gemein.

SPD-Stadtverordnete Andrea Poerschke betonte in ihrem Wortbeitrag, dass es für das entstehende Wohnbau-Segment mit barrierefreien Wohnungen nicht nur einen großen Bedarf in Kronberg gebe, sondern in dem vorhabenbezogenen B-Plan auch den vielfältigen Anregungen der Bürger wie die Wegebeziehung, die grüne Wirkung, Begegnungzonen etc. sehr genau Rechnung getragen worden sei.

Pläne passen nicht zu Kronberg

Die Co-Fraktionsvorsitzende der KfB, Heide-Margaret Esen-Baur sieht in den Schillergärten einen „Einheitsbrei“ entstehen. Alexa Börner, die andere Co-Fraktionsvorsitzende der KfB, untermauerte dies: Zwar mögen die Pläne dem Zeitgeist entsprechen, passten aber nicht zu Kronberg. Die Politiker seien sich wohl der Tragweite ihres Entschlusses nicht bewusst, befand Esen-Baur. Hier ginge es allein um die Durchsetzung der wirtschaftlichen Interessen des Investors. Und der Gewerbebau als „Monoklotz“ sei städtebaulich nicht vertretbar. Man habe sich „in die Irre führen lassen“, in diesem Gebiet demokratisch auf die Anwendung des §34 BauGB zu verzichten, denn letzten Endes sei mit diesem vorhabenbezogenen Bebauungsplan eine „maximale Bebauung“ zugelassen worden und die umgebende Bebauung werde „nur zum Lippenbekenntnis“.

Die Grünen als auch die KfB monierten die Geschossigkeit der Schillergärten-Bebauung. Alex Börner verwies darauf, dass auch nach der Modifizierung noch drei der sechs Häuser durch Sockel- und Staffelgeschosse vierstöckig wirken würden und Udo Keil, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen, betonte einmal mehr, auch wenn es rechtlich richtig sei, den Bürgern und direkten Nachbarn sei das nur schwer vermittelbar. Die Grünen verwiesen auf ihre konsequente Linie „eine Schillergärten-Bebauung erhält von uns keine Zustimmung“. Die FDP, und mit ihr der stellvertretender Fraktionsvorsitzende Holger Grupe, übernahm für die Liberalen den Anspruch, bei diesem Thema in der Mitte zwischen den beiden Polen „unkritischem Durchwinken“ und „schwarzmalerischer Blockade“ zu stehen. Dabei unterstützte die FDP den Antrag der KfB auf Visualisierung, um hier „größtmögliche Transparenz zu schaffen“, der jedoch abgelehnt wurde. Grupe forderte eine Sondersitzung zu der Schillergärten-Bebauung, in der alle weiteren Fragen erörtert werden sollten. Dieser Antrag wurde jedoch ebenfalls abgelehnt als auch der Prüfantrag der Grünen, der vorsah, bei dem Gewerbebau entsprechend der verkleinerten Fläche des Bahnhofsvorplatzes und der neuen Höhe des Hotels noch einmal „eine angemessene Höhe für den Baukörper“ festzulegen.



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