Politik setzt große Hoffnungen in Peter Zumthors Impulse

Kronberg (pu) – Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Diese Binsenweisheit bewahrheitet sich in diesen Tagen im Zusammenhang mit den Planungen rund um den sensiblen Bereich am Bahnhof. Nachdem im Sommer wochenlang Kubatur und Fassadengestaltung des dort geplanten Hotels im Mittelpunkt hitziger Diskussionen standen und der Geschäftsführer der Projektentwickler Contraco GmbH unter dem Eindruck dieser emotionsgeladenen Debatte ein Einladungswettbewerbs-Verfahren vorschlug, dessen Realisierung die zuständigen Gremien mit Freude zustimmten, ist durch die Gespräche im Zusammenhang mit dem inzwischen neben dem Hotel angedachten Kammermusiksaal der Kronberg Academy neue Bewegung in die ganze Angelegenheit gekommen.

Wie Erster Stadtrat Jürgen Odszuck (parteilos) in der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Umwelt (ASU) darlegte, „würde sich der Ausnahmearchitekt Peter Zumthor aus der Schweiz unter bestimmten Voraussetzungen dem Projekt nähern“. Demzufolge lehnt der Schweizer eine Beteiligung am Wettbewerbsverfahren ab, vielmehr biete er an, nach Erteilung eines Alleinauftrags für den Kammermusiksaal und das Hotel tätig zu werden. Wohlwissend um den möglichen Sturm der Entrüstung als Reaktion auf diese Aussage, warb der Baudezernent anschließend um Verständnis für die Haltung des Architekten von Weltrangs, der sich als Möbelschreiner, Denkmalschützer und Architekt insbesondere einen Namen gemacht habe bei der Schaffung von meist kleineren Bauten wie Kirchen, Bädern oder Museen an Orten, die durch ihre besondere Sensibilität einen äußerst sorgfältigen Umgang mit ihrer Umgebung erforderten.

Der Erste Stadtrat stützt seine Beurteilung der Fähigkeiten Zumthors im Übrigen mitnichten auf Hörensagen, sondern auf fundierte eigene Eindrücke, die er während eines kürzlichen Aufenthalts in dessen Schweizer Büro gewonnen hat. „Zur Erfassung des Ortes auf der Suche nach richtigen städtebaulichen Antworten auf dessen Bedürfnisse sowie denen der geplanten zusätzlichen Funktionen arbeitet Peter Zumthor mit seinem knapp 35-köpfigen Team fast ausschließlich am Modell in allen erdenklichen Maßstäben.“ Nach eigener Aussage entwickle der Architekt seine Gebäude von innen nach außen, dies beziehe sich zunächst auf die Analyse dessen, was im Gebäude passieren soll und einer Untersuchung von räumlichen Anforderungen, die den dortigen Aktivitäten zu Grunde liegen beziehungsweise den Qualitäten, die für den jeweiligen Bereich wünschenswert sind. Erst wenn dieser Prozess durch das gesamte Konzept abgeschlossen sei, werde die abschließende Form gefunden.

Eine von großer Sorgfalt geprägte Arbeitsweise, die sich laut Odszuck wesentlich von anderen Architekurbüros unterscheidet, jedoch nachvollziehbar macht, warum es Zumthor auf der Basis der vorliegenden Rahmenplanung für sein Engagement für unabdingbar hält Platz, Hotel und Kammermusiksaal sowie möglichst auch noch den Platz flankierenden Gewerbebau als Ensemble zu entwickeln. „Zumthor ist ein Glücksfall für Kronberg“, so der UBG-Fraktionsvorsitzende Oliver Schneider in der anschließenden Debatte. Die Grünen stehen nach Aussage des stellvertretenden Vorsitzenden im Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt Udo Keil der Hotelplanung weiterhin kritisch gegenüber, sehen durch die modifizierte Beschlussvorlage jedoch durchaus die Chance, einen Entwurf zu erhalten, „der unseren Vorstellungen eher Rechnung trägt und diese Option wollen wir uns offen halten“. Als einzige der neun stimmberechtigten ASU-Mitglieder votierte die Fraktionsvorsitzende der KfB, Dr. Heide-Margaret Esen-Baur, gegen die Vorlage.

Modifizierungen auf einen Blick

Sofern auch die Stadtverordnetenversammlung wie erwartet Donnerstag, 31. Oktober, grünes Licht gibt, wird in den kommenden Wochen Folgendes auf den Weg gebracht: Die verbleibende Fläche des Grundstücks am Bahnhof Kronberg, für das der Contraco GmbH eine Reservierung eingeräumt wurde, soll mit dem Ziel für die Kronberg Academy einen Kammermusiksaal zu errichten, entwickelt werden.

Darüberhinaus soll der Contraco GmbH durch die neue Entwicklung bedingt eine Verlängerung der Reservierung bis Ende April 2014 eingeräumt werden, damit ein Architekturwettbewerb durchgeführt und auf dieser Grundlage Unterlagen für einen Aufstellungsbeschluss für einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan erstellt werden können. Sollte dieser Architekturwettbewerb tatsächlich stattfinden, würde die Preisgerichtssitzung nach jetzigem Stand der Planungen am 6. Februar 2014 stattfinden.

Alternativ soll vor dem Wettbewerbsverfahren ausgelotet werden, ob eine Zusammenarbeit mit dem Architekten Peter Zumthor möglich ist. Dies soll nach Meinung der Koalition aus CDU und SPD, die einen diesbezüglichen Änderungsantrag eingebracht hat, bis Ende November bewerkstelligt sein. Sofern die Verhandlungen mit der Contraco GmbH, der Kronberg Academy, dem Hotelbetreiber und der Stadt Kronberg bis dahin erfolgreich verlaufen, „soll diese Option weiterverfolgt werden“, so die Koalitions-Vorstellung, im anderen Fall sei das Wettbewerbsverfahren durchzuführen. Wie Erster Stadtrat Jürgen Odszuck in diesem Zusammenhang noch einmal bekräftigte, befindet sich die Stadt in einem regen Gesprächsaustausch mit der Contraco GmbH und der Kronberg Academy. Eines der daraus resultierenden momentanen Ergebnisse sei die Reduzierung der Hotelzimmer von 132/140 auf 110 Zimmer. Auch bei den Konferenzräumen seien wie bereits berichtet deutliche Abstriche gemacht worden, eine Einbeziehung der Stadthalle als Konferenzstätte sehr wahrscheinlich. In puncto Kosten gab der Baudezernent deutlich zu verstehen, auf die Stadt kämen weder durch finanzielle Hilfen für den Erwerb des Grundstücksteils durch die Kronberg Academy noch für die Beauftragung des Architekten Peter Zumthor Kosten zu. „Wir wollen das Vorhaben nicht finanziell, sondern inhaltlich unterstützen und Wege bereiten.“



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