Ich mache jetzt weniger Müll. Machst Du mit?

Diese Lehrerinnen, Schülerinnen und Schüler machen sich in der Projektwoche Gedanken, wie sie weniger (Plastik)-Müll produzieren können – die Kronberger Designerin Britta Kratz (hintere Reihe, Siebte von links) hatte auch schon eine Idee mit im Gepäck, wie das gehen kann. Foto: Westenberger

Kronberg (mw) – Es ist keine drei Stunden her, dass Maxi, Calixt, Joshua, Luca und einige Fünft- und Sechstklässler der Altkönigschule (AKS) mehr, begonnen haben, sich über die weltweite Müllproblematik Gedanken zu machen: Sie sind mit Feuereifer dabei, schließlich haben sie sich das Thema „Zero Waste – Ich mache jetzt weniger Müll. Machst Du mit?“ für die Projektwoche unter wirklich vielen interessanten (siehe auch weiteren Bericht in dieser Ausgabe) selbst ausgesucht. Im Vorfeld haben sie sich bereits mit einem Film über die Verschmutzung der Weltmeere auf das Thema eingestimmt: Das Bild, wie ein Seepferdchen sich an einem Plastikstrohhalm klammert, weil es diesen für ein Pflanze hält, abdriftet und stirbt, prägt sich ein. Die Schüler wissen von dem Wal, der in Thailand an 80 Plastiktüten im Bauch gestorben ist, und der ist leider längst einer unter vielen.

Schätzungsweise 37 Kilogramm Plastikmüll verursacht allein jeder Deutsche jedes Jahr. EU-weit ist der Müllberg gut 26 Millionen Tonnen schwer. Ein nicht zu unterschätzender Teil landet in den Meeren in gigantischen Müllstrudeln sogenannter Mikroplastik. Die Folgen, betonte kürzlich EU-Kommissionsvize Frans Timmermans, seien nicht nur für die Fische und Vögel, sondern auch für die Menschen verheerend. Zu viel Plastik ist in der Umwelt, den Meeren, der Luft, letztlich in unseren eigenen Körpern, deshalb hat die EU vor allem dem Plastik-Müll unlängst den Kampf angesagt. Die verbotene Plastiktüte ist erst der Anfang, weitere Verbote sollen folgen, Strohhalme, Ballonhalter, Wattestäbchen und weitere Produkte sollen nicht aus den Marktregalen verschwinden, wohl aber aus anderen recyclebaren Materialien hergestellt werden. Dem Einwegplastik soll es besonders an den Kragen gehen.

Schüler wollen nachhaltig Müll vermeiden

Bei den Schülerinnen und Schülern, die sich in der letzten Schulwoche vor den großen Sommerferien an dem Projekt der Lehrerinnen Jentzen, Feldbrügge und Alkimou beteiligen, ist das Bewusstsein für Nachhaltigkeit geweckt – teilweise spürt man, dass die Eltern ihnen dabei zuhause auch schon Vorbilder sind. Schnell haben sie gemeinsam mit den Lehrern Ziele definiert: „Wir wollen nicht, dass unsere Kinder und Enkel das ganze Leid mit dem Müll ertragen müssen“, sagt einer der Schüler. Deshalb sieht ihre Zielplanung auch vor, dass sie in der Schule, beim Essen und im Alltagsleben Lösungen für sich finden, um weniger Plastik, um weniger Müll zu produzieren. „Dabei ist uns wichtig, dass wir nicht nur diese Woche plastikfrei sind, sondern für uns Lösungen finden, um nachhaltiger zu leben – und das auch noch in einem Jahr“, fasst einer der Schüler die eben definierten Ziele zusammen. Und das wollen sie mit Freude machen: und dazu erst einmal eine müllfreie Pizza backen. Auch einen „Unverpackt-Supermarkt“ in Frankfurt wollen sie ebenfalls besuchen, um für sich Strategien zu entwickeln, wie die Müllberge auf dem Planeten reduziert werden können. Dazu hatten sie am ersten Projekttag auch noch einen Gast zu Besuch: Die Designerin Britta Kratz, selbst ehemalige AKS-Schülerin und Mutter dreier schulpflichtiger Kinder, hat sich schon vor 15 Jahren für ein plastikfreie Umwelt eingesetzt, indem sie der Kita KEK kurzerhand 20 Stoffbeutel für die Wechselklamotten der Krabbelkinder nähte und die Wegwerfplastiktüten damit ersetzte. Für die KEK und dann später auch für die Kronthalschule entwarf sie auch Logos und andere Drucksachen. „Für mich ist gutes Design hunderprozentig recycelfähig. Das haben wir übrigens schon im Studium gelernt“, erzählt sie den Schülern.

So einfach wie genial: Schulhefte mit

farbig gestalteter Ecke

Heute hatte sie Schulhefte mit im Gepäck. „Die haben wir schon zuhause, die kann man hier freitags in der Altkönigschule kaufen“, erkannte ein Geschwisterpaar sogleich richtig. Britta Kratz‘ Idee ist so einfach wie genial: Entwickelt hat sie diese dank ihrer eigenen Kinder, wie sie den gespannt lauschenden Schülern neu verriet. Wieder einmal stand sie im Schreibwarengeschäft vor Ort: Dieses Mal war es ein Rosa-Schnellhefter, der in der Schule gewünscht wurde und den sie ihrem Sohn mitbringen wollte. Diese ausgefallene Farbe gab es jedoch nicht in Karton, sondern nur in Plastik. In Ermangelung etwas Besseren kaufte sie einen recycelfähigen weißen Schnellhelfer – ihr Sohn hatte zuhause die pfiffige Idee, die Ecken einfach bunt anzumalen und: die Lehrerin war begeistert. „Damit war die Idee geboren!“ Danach interviewte sie mehrere Lehrer und fand heraus, dass es ihnen allein um die Farbe als Wiedererkennungseffekt ging. „Der Plastikumschlag erschien ihnen nicht mehr wichtig.“ Zunächst probierte sie die Färbung der Hefte – die jetzt mit einem stabileren Deckel versehen sind – aus. Doch diese Idee gestaltete sich als zu aufwendig, bei all den Farbwünschen der Lehrer neben liniert, kariert, mit und ohne Rand.

Auch ihre Kollegin bei designdirect, Elke Leipf, hat zwei Schulkinder und kannte das Müllproblem: „Ich habe das selbst lange nicht hinterfragt, schließlich war das schon zu unserer eigenen Grundschulzeit so, dass ,rotes Heft‘ bedeutet, ein Heft mit einem roten Umschlag zu kaufen. Die Lösung des Designerinnen-Duos von designdirect sind nun – wie sollte es anders sein – weiße Hefte mit stabilem Einband: „Diese weißen Hefte könnt ihr jetzt nämlich selber an den Heftecken in den gewünschten Farben je nach Schulfach bemalen.“ Auch ein eigenes Muster ist dabei möglich. So hat man praktischerweise immer die richtige Farbe parat, auch hellgrün oder lila, und das Zusatzprodukt Umschlag fällt komplett weg.

Die Hefte sind auf qualitativ sehr hochwertigem 100-prozentigem Recyclingpapier in einer deutschen Umweltdruckerei gedruckt und mit Füller gut beschreibbar. Eine tolle Lösung, wenn man bedenkt, dass in Deutschland 11 Millionen Schüler ihre Hefte in Plastikhüllen stecken. Britta Kratz freut sich, berichten zu können, dass sich die hessische Umweltminsterin Priska Hinz ebenfalls Gefallen an der Heft-Lösung der beiden Designerinnen zeigt und dass die Hefte bereits in Kronberg in der Buchhandlung Limberger angeboten werden und hofft nun, dass auch die Grundschulen mit aufs Boot springen. Die Kinder jedenfalls finden die Hefte super: Es ist eindeutig eine einfache Möglichkeit, den Schulalltag mit einem Wegwerfprodukt weniger zu meistern – und das ganz ohne Mehraufwand.

Schneeballeffekt

Und da Kinder ohnehin für Kreativität bekannt sind, verwunderte es keinen, dass zwei von ihnen gleich noch mit einer weiteren Idee aufwarteten: Im Heftinneren könnten doch weitere Anregungen aufgeführt werden, wie sich im Alltag Müll vermeiden lässt! Welche das sein könnten, wollen die Kinder sich diese Woche selbst noch überlegen. Wenn sie dann in den Schulheften abgedruckt würden, hätten sie ihr ebenfalls gesetztes Ziel – ihre nachhaltigen Lösungen zu weniger Müll einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen – bereits ziemlich geschickt erreicht. Etablieren sich die Schulhefte auf dem Markt, dürfte es einen richtigen Schneeballeffekt geben und die Schülerinnen und Schüler, aber auch die Designerinnen könnten stolz darauf sein, einen nicht unerheblichen Beitrag dazu geleistet zu haben, um zu verhindern, was alle fürchterlich erschrocken macht: Dass 2050 im Meer die Plastikmenge mehr wiegen könnte als alle Fischschwärme zusammen.

Bürger sind gefragt – Ihre Ideen zur Müllvermeidung

So, liebe Bürger, und nun sind Sie gefragt: Auch Sie können Ihren Beitrag dazu liefern, die Müllberge zu verringern. Das tun einige von Ihnen vermutlich auch schon. Und bekanntlich sind es oftmals die kleinen Lösungen, mit denen es am Ende doch gelingt, im Großen etwas zu verändern. Deshalb würde sich der Kronberger Bote freuen, wenn Sie, liebe Leser, Ihre Ideen zur Müllvermeidung mit allen anderen Lesern teilen. Vielleicht kommen auf diesem Wege noch mehr Vorschläge für den Alltag auf den Tisch, deren Umsetzung gar nicht so viel Mehraufwand von uns abverlangt, außer vielleicht eine gewisse Flexibilität, die gewohnten Pfade im Alltag zu verlassen. Beispiele, wie und wo Sie Müll vermeiden, zur Veröffentlichung bitte per E-Mail mit Namen und Adresse bis Dienstag, 26. Juni, unter: westenberger[at]hochtaunus[dot]de einsenden.

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