„Wir Kinder vom Doppes“ – Geschichten aus einer anderen Zeit

Spielplatz Doppes. Illustratorin Birgit Deupmann

Kronberg (kb) – „Papa, schreib‘ das auf!“ Plötzlich war die Neugier der Kinder da, Erlebnisse und Berichte aus der Kindheit des Vaters zu erfahren. Auslöser war ein von Ehefrau Gabi aufgefundener Textentwurf über den monatlichen Waschtag um 1950. Er fand Aufnahme in ein von allen Familienmitgliedern gestaltetes Buch „Familiengeschichten“ zu Gerhard Müllers 75. Geburtstag im letzten Jahr. Und die Aufforderungen, mehr über Papis/Opas Kindheit zu erfahren und zu bewahren, wurden drängender.

So entstand ein Büchlein mit elf Geschichten über den „Erlebnisort Oberer Doppes“, der ältesten Straße Kronbergs. Es sind sehr subjektive Berichte, fern einer distanzierten Betrachtungsweise. Vielleicht ist das Büchlein ja gerade deshalb so reizvoll, weil sich die Vergangenheit aus der Sichtweise eines Buben vom Doppes so unverfälscht erschließt. Viel Hintergründiges gibt es zu entdecken, auch manch deutlichen Hinweis auf das, was „Damals“ von „Heute“ unterscheidet.

Zugedacht waren die Geschichten anfangs den Kindern, Enkelkindern und näheren Anverwandten des Verfassers. Im Laufe der Realisierung kamen als mögliche Empfänger Kindheitsgefährten und Freundeskreis hinzu, schließlich ein Klassensatz für die Kronthal-Schule, die Stadtbücherei ….

Früh jedoch erwies es sich als wünschenswert, die jeweiligen Orte oder Szenen der Geschehen auch bildlich wiederzugeben, der Historie entsprechend. Hierzu konnte Gerhard Müller die auch schon von anderen Büchlein her bekannte Illustratorin Birgit Deupmann gewinnen, die mit Empathie den ehemaligen Gegebenheiten nachspürte. So wurde aus der Textsammlung ein sehenswertes Bilderbüchlein, in dem auch vom Layout her Bilder und Text miteinander eng verwoben sind.

Spätestens jetzt kamen grundsätzlich Überlegungen ins Spiel: Sollten die Geschichten vom hinteren Doppes vermarktet werden – oder als Geschenk für einen weit gefassten Freundeskreis gedacht sein? Für den bekannten Kronberger war die Entscheidung schnell gefasst: Passend zum hölzernen Ritter und den Laternenbildern an seiner Grundstücksgrenze soll es ein Geschenk an Menschen seiner Heimatstadt sein, das ein Stück Historie bewahrt. Denn Gerhard Müller erzählt nicht bloß Geschichten, er erzählt Geschichte! Was wohl auch seine Absicht ist.

Besonders deutlich macht das die Geschichte „Schaukelfreunde“: Hier holt sich der körperlich Unterlegene gegenüber spott- und streitsüchtigen Altstädtern aus der „Eijegass“ Unterstützung bei Jungen vom Rothen Hang. Diese Behelfsheimsiedlung bestand aus Baracken, die als Notunterkunft für Ausgebombte und Flüchtlinge eilig errichtet worden war. „Bei den Kronbergern standen anfangs die Bewohner von dort in der Wertschätzung nicht gerade obenan, von dort holte man sich auch nicht seine Spielkameraden.“ Schwer zu übersehen die Parallele zur heutigen Problematik, Akzeptanz herzustellen. Damals allerdings galt es, das Wenige an verfügbarem Lebensnotwenigem zu teilen ….

Die Geschichten spielen in einer Zeit ohne Fernsehen, Playmobile, Walkman, Computer, Spielkonsolen, Smartphones. Es waren einfach andere Zeiten, in denen die „Kinder vom Doppes“ glücklich waren, deren Leben voller Spannung und Abenteuer war. Wer das Büchlein liest, bekommt auch ein Stück Geschichte vermittelt.

Zunächst gehen viele der druckfrischen Exemplare an den bereits erwähnten Verteilerkreis. Darüber hinaus können alte Kronberger wie auch später Hinzugekommene das sehr lesens- und betrachtenswerte Büchlein auch bei den beiden Kronberger Buchhandlungen in der Friedrich-Ebert-Straße erwerben. Interessenten können sich auch direkt an Gabi und Gerhard Müller (mueller-kronberg[at]gmx[dot]de) wenden.

Gabi und Gerhard Müller



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