Jo van Nelsen liest Fallada – ein ansprechendes Hörspiel

An „Kleiner Mann was nun“ hatte Jo van Nelsen besondere Freude. Foto: Aschke

Kronberg (kb) – Mit der Lesung „Kleiner Mann – was nun“ gab Jo van Nelsen am 5. Mai den gelungenen Startschuss für die neue Reihe „Samstags auf der Burg“ (wir berichteten). Gabi Krtschil als Verantwortliche stellte die Idee dem Publikum in ihrer Begrüßung kurz vor. Fünfmal in der Saison, an jedem ersten Samstag im Monat von Mai bis September, wird es ein Konzert oder eine Lesung ganz unterschiedlicher Art geben. In diesem Jahr sind es allerdings nur vier, wie Frau Krtschil schmunzelnd korrigierte, denn mit der Fußball-WM im Juli könne nicht einmal die Burg Kronberg konkurrieren.

Die ersten positiven Kommentare gaben einige Zuschauer bereits in der Pause, bei einem Glas „Prinz von Hessen“ an der Weinbar: „Eine gute Idee! Samstags gibt es oft nichts Vernünftiges im Fernsehen. Da ist es schön, wenn wir auf die Burg etwas Attraktives geboten bekommen!“

Jo van Nelsen ist in der Region bekannt für seine Literatur-Lesungen. An Hans Falladas „Kleiner Mann, was nun“ hatte er sichtlich, will sagen hörbar, besondere Freude. Er zitierte aus der ungekürzten Originalfassung, die der Aufbau-Verlag 2016 veröffentlichte. Dabei legte er einen Schwerpunkt auf Passagen, die in früheren Ausgaben, aus politischen oder verlegerischen Gründen, gestrichen waren. Darunter sehr tiefsinnige Selbstgespräche Lämmchens, der jungen Frau des Protagonisten Johannes Pinneberg, und Skizzen der politischen und sozialen Umstände zu Beginn der Dreißigerjahre, die präziser – und aktueller – nicht sein könnten. Das Schlusskapitel aus „Kleiner Mann – was nun“ rührte zu Tränen, und so mancher nahm sich an dem Abend fest vor, diesen Roman (wieder einmal) zu lesen.

Jo van Nelsen hat es einfach drauf, mit seinem Vortragsstil das Publikum sofort in den Bann zu schlagen. Als er frei sprach, mogelte sich ihm oft ein „emmm“ und „äh“ unter. Doch in der Lesung intonierte er wunderbar feinfühlig, gab den verschiedenen Charakteren unterschiedliche Stimmen und Dialekte, wo es passte und gestaltete ein sehr ansprechendes Hörspiel. Die Grammophon-Musik zwischen den Kapiteln versetzte die zirka 40 Zuschauer sofort in die damalige Zeit, eine Bildpräsentation lockerte zusätzlich die Lesung auf.

Eine Vorschau auf weitere Kleinode der Reihe „Samstags auf der Burg“ in dem unvergleichlichen Ambiente des Wappensaals gibt es es auf www.burgkronberg.de/Veranstaltungen.



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