Humor ist, wenn man trotz Hitze Kunst, Wein und Musik genießt

Kronberg (pu) – 1986 verwirklichte Horst Neugebauer, der „Vater der Kronberger Märkte“, mit der Premiere des ersten Bilder- und Weinmarktes eine weitere seiner zahlreichen Ideen. Von der ersten Stunde dieser vor Jahren in Kunst- und Weinmarkt umbenannten hochsommerlichen Veranstaltung an, waren die Guldentaler Winzer aus der seit mittlerweile 45 Jahren mit Kronberg befreundeten Nahe-Gemeinde mit im Boot. Elf Winzer reisten seinerzeit an, um ihren Wein vorzustellen, doch an jenem Wochenende zeigte das Thermometer schweißtreibende 37 Grad und die Besucher verlangten zur Erfrischung weitaus mehr Wasser als Wein.

Erinnerungen und Parallelen zu dieser Begebenheit wurden anlässlich der jüngsten vom Magistrat der Stadt Kronberg, dem Aktionskreis Lebenswerte Altstadt Kronberg, dem Verein Tourismusförderung Kronberg (TiK) sowie des Bundes der Selbstständigen ausgerichteten Marktauflage samt verknüpftem Verkaufsoffenem Sonntag am letzten Wochenende ob des Déjà-vu-Erlebnisses mehr als einmal wachgerufen. Obgleich das letzte Ferienwochenende theoretisch geradezu prädestiniert für einen perfekten Ausklang der unbeschwerten Ferienzeit in Kronbergs malerischer Altstadt schien, steuerten angesichts der tropischen schweißtreibenden Temperaturen viele bevorzugt Freibäder und Badeseen zur Abkühlung an.

Lob

Die knapp zehn wackeren Kronberger Einzelhändler, die trotz Wetterprognosen und Ferienzeit nicht den Aufwand scheuten, das einheimische Warenangebot ins rechte Sonnenlicht zu rücken, Künstler, Kunsthandwerker, Partnerschaftsvereine und Musiker nahmen es mit Humor, Stehvermögen und zollten einhellig allen Besuchern, die trotz dieser Rahmenbedingungen vorbeischauten, Respekt. „Die Kronberger sind tolle Leute und tolle Kunden und waren sich nach meiner Beobachtung selbst am knallheißen Samstag nicht zu schade, die einzelnen Stände anzulaufen und Produkte zu kaufen, dem gebührt großes Lob“, brachte es Wolfgang Büttner alias Apfelking auf den Punkt.

Wie vereinzelt zu vernehmen war, hatten von den insgesamt 70 angemeldeten Künstlern und Kunsthandwerkern aus dem gesamten Bundesgebiet, die ihre Produkte auf dem Markt anbieten wollten, im Endeffekt zwar nicht alle tatsächlich an beiden Tagen ihren Stand in der Innenstadt geöffnet, nichtsdestotrotz war das Angebot breit gefächert.

Handgemachter Schmuck in allen Variationen zählt nachweislich zu den Favoriten der holden Weiblichkeit. „Meine Ketten sind völlig ohne Nickel gemacht und die Schmuckstücke können auch nicht schwarz anlaufen“, gab eine der einheimischen Anbieterinnen im Detail Auskunft über ihre Ware. Darüber hinaus waren in der Burgstadt und im näheren Umland im Vorfeld der Veranstaltung die Pinsel gezückt worden und zahlreiche Motive – Porträts, Obst, Landschaften, Tiere und vieles mehr – auf Papier oder Leinwand künstlerisch umgesetzt worden. Konkurrenz belebt bekanntlich das Geschäft, aber ausgefallene Werbebotschaften verschaffen womöglich den entscheidenden Vorteil und so entstand dieser gewitzte 6-Punkte-Katalog „art-to-go“, der sich folgendermaßen las: 1. Kunstwerk aussuchen, 2. Preis ermitteln (Rückseite), 3. einpacken lassen, 4. bezahlen, 5. behalten oder verschenken, 6. freuen – Jipiih! Noch Fragen?

Ein besonderes Aquarell- oder Ölbild als Hingucker und Zier der heimischen vier Wände wird immer wieder gern genommen. Wer jedoch eher Glas-, Metall- und Keramikdeko für Haus und Garten bevorzugte, hatte am sommerlichen Stand Weilroder Glaskunst die Qual der Wahl. Während das Hersteller-Ehepaar erstmals die familiäre Atmosphäre des Kronberger Kunst- und Weinmarktes genoss und eine Wiederkehr in Aussicht stellte, war Detlef Weis aus Katzenelnbogen mit seinem Holzleuchten-Zauber bereits zum zweiten Mal präsent. Er kombiniert mindestens 150 Jahre alte Holzbalken mit Glas aus dem Bayrischen Wald sowie LED-Modulen und Bändern und schafft auf diese Weise ebenso außergewöhnliche Unikate wie Andreas Härtel und seine Frau Renata von Essig&Freunde Eisblume. „Unsere Nachbarin hat ihre alten Schallplatten ausgemistet und so entstand die Idee, die Platten im Backofen zu erwärmen und Pflanzgefäße daraus zu formen, die mit Sukkulenten bepflanzt werden“, gaben die beiden Einblick in ihre Ideenvielfalt. Eigentlicher Schwerpunkt sind jedoch außergewöhnliche Essig-, Marmeladen-, Gelee- und Likörkreationen. Die verwendeten Zutaten kommen ausschließlich aus eigenem Anbau oder dem Wald, wie etwa die Wilde Mirabelle, die es, wie interessierte Marktbesucher im anregenden Gespräch erfuhren, nicht nur in gelb gibt, sondern auch lilafarben. Dann heißt sie allerdings Kirschpflaume. „Wir machen alles aus Freude“, gaben Härtels allen auf den weiteren Weg und diese Freude am Schaffen zog sich wie ein roter Faden durch das Marktgebiet. Der Duft von Lavendel, Rosen und Pfirsich lag bei Fischers aus Kirchhain und ihrer Rosenkunst „aus Liebe zu Düften, Blumen und Stoff“ in der Luft, deren Biedermeier-Sträußchen und Duftkissen angesichts der schon zehnten Teilnahme quasi schon zum Kunst- und Weinmarkt-Inventar zu zählen sind.

Italienische Produkte aus kleinen Familienbetrieben hatte die Italienerin Rosella Nocerino mitgebracht. Der Bogen spannte sich von Lederware aus Marken, Keramik von der Amalfi-Küste bis zu Seidentüchern aus Sanremo (Ligurien) und damit schloss sich der Kreis, schließlich feierte Kronberg an diesem Wochenende das 25-jährige Bestehen der italienisch-deutschen Partnerschaft. Am Stand nebenan gab es, passend zu den tropischen Temperaturen, handgewebte Hamamtücher aus osmanischer Bio-Baumwolle, die die aus dem Segelsport kommende Charlotte Meerman auf der Suche nach leichten, saugfähigen und schnell trocknenden Hand- und Badetüchern für das Segelboot fand. Die vielfältige Produktpalette der angereisten Standbetreiber wurde unter anderem abgerundet durch original afrikanische Produkte, vegane und palmölfreie Seifen mit originellen Bezeichnungen, Badezusätzen und mehr, genähten Taschen, Wohn- und Modeaccessoires, Sommer-Ponchos und Seelenwärmer aus Baumwolle, Maulbeerseide mit Alpaka, Hanf mit Merinowolle – alles angenehm tragbar oder den handgefärbte Schals und Tücher mit Seide von Renate Dann. „Ich spiele gern mit Farben, achte auf Qualität und meine beste Freundin heißt ‚Pfaff‘ (Nähmaschine)“, erklärte sie schmunzelnd.

Kulinarisches, Wein und Musik

Während anlässlich des Festwochenendes aus der italienischen Partnerstadt angereiste Delegationsteilnehmer wie gewohnt die beliebte Salami und Wein offerierten, war der Partnerschaftsverein Kronberg-Ballenstedt, bei dem aktuell zusätzlich die Vorbereitungen für das 30-jährige deutsch-deutsche Partnerschaftsbestehen auf Hochtouren laufen, voll auf Abkühlung programmiert. Eiskaffee, Zitronen-Sorbet mit Prosecco, Zitroneneis mit Wodka und Sahne, Vanilleeis mit Eierlikör und Sahne oder mit Erdbeerpüree und gemischtes Eis standen für viele Abnehmer ganz oben auf der Favoritenliste, aber selbstredend lockten auch selbst gebackene Kuchen. Der Partnerschaftsverein Kronberg-Le Lavandou setzte auf Deftiges und Alkoholisches mit Croque Lavandou, Canapes mit Crevetten und Lachstatar auf Vollkornbrot, Rosé, „Mispelchen (Frankfurter Kultgetränk mit Mispelchen auf Calvados) – und „Eiswürfel ohne Ende“, wie Stefanie Schibbe-Albair, Geschäftsführerin des Vereins und Organisatorin des am 19. August wiederum stattfindenden Boule-Turniers (siehe auch weitere Ankündigung in dieser Ausgabe) lachend verriet.

Ohne die Guldentaler Winzer und ihre Wein-Kreationen wäre dieses Event zweifellos undenkbar. Wetterbedingt gingen vor allem die leichten Sommer-Rosés und „Schorsch“ (Holunderblüten-Weinschorle), „Holly“ (alkoholfreie Holunderblütenschorle), „Hugo“ (Holunderblütensekt) und „Hildegard“ (geeiste Himbeeren in Lauro Secco) über die Theke. Dass der diesjährige Sommer automatisch Jahrhundertweine nach sich zieht, wollte Winzer Helmut Schmitt alles andere als bestätigen: „Die Rebe fühlt sich bei 28 Grad am wohlsten, heute ist es auch ihr zu heiß und was die Qualität der Ernte angeht, sind wir tatsächlich erst in sechs Wochen schlauer!“

Für Ratespaß sorgte einmal mehr das vom Altstadtkreis organisierte Quiz mit sechs zu beantwortenden Fragen und der Aussicht auf attraktive Preise. Die Bands „Cakewalk“ rund um den Friedrichsdorfer Musiker Sven Claussen, Musiker Jürgen Lugert, das Bad Homburger Jazz-Projekt „Schrägsekunde“ und Mike Jehn & The Hot Strings aus Fulda und der Männergesangverein 1860 Kronberg setzten die musikalischen Akzente im Laufe dieser Veranstaltung, die letztendlich gerade wegen der besonderen Witterungsverhältnisse im Gedächtnis bleiben wird.

Fazit

„Es war schon eine ganz besondere Solidarität zwischen allen Beteiligten und Besuchern spürbar, das erlebt man auch nicht alle Tage und beispielsweise die Jazzmusik am Samstagabend verlieh dem Ganzen noch eine besonders schöne Note“, zog Achim Klinger, Sprecher vom Arbeitskreis Handel dennoch ein zufriedenes Fazit.



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