„Es geht immer um die Menschen, um Integration und Teilhabe“

Kronberg/Bad Soden (kb) – „Cornelia Zimmermann-Müller, seit 1994 Leiterin der Evangelischen Familienbildung Main-Taunus und bereits seit 1984 im Dekanat Kronberg tätig, geht in den Ruhestand. Offiziell verabschiedet wird sie am 30. November. Ihre Nachfolgerin Marie-Luise Fahr beginnt am 1. Dezember ihre Arbeit.

„Es ist wichtig, dahin zu schauen, wo Integration gelingt und an vielen Stellen Räume zu schaffen, wo Unterschiede keine Rolle spielen. In der Tafel etwa arbeiten Menschen zusammen, die sonst in der Gesellschaft nichts miteinander zu tun haben. Da kann etwas wachsen an Mitmenschlichkeit“, so Cornelia Zimmermann-Müller. Die Schwalbacher Tafel, die sie mit gegründet hat, ist eines der Projekte, auf das sie besonders stolz ist. Als Leiterin der Tafel hat sie über die Gesellschaft gelernt, dass es keine gleichen Bildungschancen geben kann, solange es Armut gibt: „Für die Menschen, die knapp über den Harz IV Sätzen liegen und durch die Fördertöpfe fallen, ist es am schwierigsten. Wenn Menschen arbeiten gehen und trotzdem nicht davon leben können, sind das sehr frustrierende Zustände.“

Stolz ist sie aber auch auf viele andere Projekte – wie etwa die zahlreichen Reisen und Freizeiten, die immer ausgebucht waren und viele Menschen positiv an die Familienbildung gebunden haben. Oder die Deutschschule für Flüchtlinge in Bad Soden, durch die auch Freundschaften zwischen Ehrenamtlichen Mitarbeitenden und Flüchtlingsfamilien entstanden sind. „Es geht immer um Menschen und Beziehungen. Da wo Beziehungen zwischen Menschen entstehen, kann etwas Neues wachsen und gedeihen“, so Cornelia Zimmermann-Müller. Bei den Reisen gehe es zum Beispiel auch immer um eine Teilhabe derer, die sich das eigentlich nicht leisten können. In diesem Zusammenhang hatte sie das traurigste und zugleich schönste Schlüsselerlebnis: „Ich habe mich beim Förderverein der Familienbildung dafür eingesetzt, dass die Reisekosten eines Vaters und seiner drei Kinder übernommen wurden, damit sie mit nach Griechenland reisen konnten. Einen Tag nach der Rückkehr von der Reise verstarb der Vater plötzlich. Mit unserer Unterstützung haben wir für eine wunderbare letzte gemeinsame Zeit dieser Familie gesorgt, auf einer Reise, die sie sich nicht selbst hätten leisten können. Und das ist es, was zählt“, erklärt sie.

„Ich bin stolz darauf, dass die Familienbildung zu einer Anlaufstelle für so viele Menschen geworden ist. Und dankbar dafür, dass es mir letztlich immer möglich war, Menschen von neuen Ideen zu begeistern, Ehrenamtliche zu finden, die mitmachen und Geldquellen aufzutun. Ich war oft Anstifterin und oft ist auch etwas daraus geworden. So sind die Familienbildung und auch die Tafel entstanden. Wir haben es einfach gemacht“, resümiert sie. Natürlich hätte sie gerne noch viel mehr Projekte umgesetzt. Ein Familiencafé in Bad Soden etwa „Das fehlt hier. So wie das Café Vis-à-Vis im Mehrgenerationenhaus in Eschborn. Dafür schlägt mein Herz. Als offener, niedrigschwelliger Begegnungsraum für junge Familien.“ Auf die Frage, ob sie sich noch einmal für diesen Job entscheiden würde, kommt von ihr ein klares „Ja, sofort“. Auch wenn sie einen hohen Preis dafür gezahlt und ihre eigenen Bedürfnisse hinten angestellt habe. Denn „diese Arbeit kann man nicht halbherzig machen“, so ihre Überzeugung, sondern man „muss dafür brennen“. Aber dafür habe sie auch wie kaum ein anderer in seiner Arbeit die Freiheit gehabt, zu gestalten und eigene Ideen umzusetzen.

Vermissen werde sie am meisten die Menschen, mit denen sie zusammenarbeitet. Und die Reisen. „Die Verwaltung und das immer Schauen müssen, wo das Geld für die Projekte herkommt – das wird mir nicht fehlen.“ Pläne für den Ruhestand will sie sorgsam schmieden. Erst einmal wolle sie zu Hause wieder ankommen, sich sortieren. „Ich freue mich schon darauf, die Vorweihnachtszeit mal wieder genießen zu können. Auf mehr Zeit mit meiner Familie. Plätzchen backen mit meinem Enkel, Reisen mit meinem Wohnmobil“, so Cornelia Zimmermann-Müller. Neben ihrer Tätigkeit als Supervisorin will sie sich nach einer Auszeit auch wieder ehrenamtlich engagieren – ihr Traum wäre es, als Krankenhaus-Clownin zu arbeiten – eine Clownsausbildung hat sie dafür bereits absolviert.

Cornelia Zimmermann-Müller, „Anstifterin“ für neue Ideen, geht in den Ruhestand.

Foto: privat



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