Ein fulminantes Musikspektakel der Jungen Sinfoniker in der AKS

Tanz am Klavier: Kana Takeuchi bezauberte ihr Publikum an der AKS.

Foto: Damm

Kronberg (aks) – Die Jungen Sinfoniker aus Frankfurt gaben sich zum achten Mal die Ehre und verwandelten den Festsaal der Altkönigschule (AKS) schon mit den ersten Klängen der zirka 70 Streicher in einen Konzertsaal der Extraklasse. Das Amateur-Orchester aus Studierenden und Berufstätigen unter der Leitung von Bernhard Lingner, der auf den Tag genau seit 20 Jahren das Orchester leitet, ist bekannt für außergewöhnliche Konzerte und so hatte es auch dieses sonntägliche Programm in sich. Markus Gärtner von der Deutsch-Japanischen Gesellschaft, die dieses Konzert unterstützte, weiß um die Rolle der Musik, wenn es um den kulturellen Austausch geht. So ist es kein Zufall, dass seine Frau die erste Geige spielt, dass die japanische Pianistin Kana Takeuchi gewonnen werden konnte und das Stück des Japaners Akutagawa gespielt wird. Das Programmheft ist selbstverständlich zweisprachig. Dann ist die Reihe an der Schulleiterin Ute Keppler, die die Jungen Sinfoniker in ihrer Schule willkommen heißt, „die mit ihren Konzerten für alle Kronberger offen ist“. Der Eintritt ist tatsächlich frei, über Spenden freuen sich die Schüler der AKS für ihre internationalen Projekte.

Yasushi Akutagawas monumentales „Triptychon“ für Streichorchester aus den 50er-Jahren geht unter die Haut. Das moderne Musikstück ist stimmungsvoll und manch einer mag bei den hohen Geigenklängen an die Filmmusik von Hitchcocks „Psycho“ denken.

Fulminant geht es weiter mit Gershwins herrlicher „Rhapsody in Blue“. Gänsehaut pur beim eindringlichen Auftakt des Klarinetten-Glissando. Die junge Japanerin Kana Takeuchi brilliert am Klavier mit einer unglaublichen Energie. Trotz der Dezibel des großen Orchesters mit Klarinetten, Querflöten, Fagotten, Hörnern, Pauken und Trompeten – einige der vielen anwesenden Kinder halten sich ihre kleinen feinen Ohren zu - hört man ihr Spiel immer. Die Verquickung von Jazz, Broadway-Musik und Klassik aus den 20er-Jahren ist heute ein beliebter Klassiker und überrascht jedes Mal mit Vehemenz und schmeichlerischen Melodien im Wechsel – es endet abrupt mit einem Riesenrums.

Die 300 Konzert-Besucher verdienten sich mit ihrem begeisterten Applaus eine Zugabe: „Ein romantisches Stück“, wie Kana Takeuchi die Chopin Nocturne ankündigte, die solo und mit leisen Tönen deutliche Entspannung nach der rasanten Fahrt durch die Moderne brachte. Ein japanisches Kinderlied „ein Lied am Strand“ ist eine weitere Überraschung, dargeboten von der Pianistin und zwei weiteren Japanerinnen.

In der Pause warteten die zirka 15 Schüler und Schülerinnen der 9. Klasse der Haupt-und Realschule der Altkönigschule, die einzigen Jugendlichen an diesem Nachmittag, in der Aula auf hungrige und durstige Gäste mit einem appetitlich selbst zubereiteten Buffet. Sehr adrett in weißen Hemden und ausgesprochen höflich bedienen sie Jung und Alt. Die beiden Lehrerinnen für Arbeitslehre hatten diese Aktion vor sechs Jahren ins Leben gerufen: Amida Hemmasi und Lisa Schmitz ermunterten ihre Schüler, die Konzertbesucher mit reichhaltigen Salaten, Teigtaschen und köstlichen Kuchen zu verwöhnen. „Alles selbst gemacht!“, deuteten sie stolz und strahlend auf die kulinarische Pausen-Bereicherung.

Nach der Pause geht es im „amerikanischen Stil“ weiter mit Dvoraks „Waldtaube“ und „Mittagshexe“, zwei anspruchsvolle Kompositionen, die das komplette Orchester fordern. Da flirrt, trällert, gurrt und rauscht es. Das hört sich eher nach Gewitter an als nach einem romantischen Waldspaziergang, nach Lärm und Übermut, nach Unheil. Die zarten Klänge der Harfe verlieren sich gegen Fagotte und Oboen, die wie bei „Peter und der Wolf“ ein tragisches Ende verkünden. In der Tat erzählen diese sinfonischen Dichtungen von schauerlichen Begebenheiten, Dissonanzen inklusive: von Hexen, die nörgelnde Kinder holen und einer Giftmörderin.

Das offizielle Programm ist damit beendet, doch die Orchestermitglieder feiern ihren Dirigenten Bernhard Lingner. „Der mit den roten Socken“, so feixt ein Cellist und leitet mit den Worten „Das ist der Fluch des Orchesters: Wir brauchen einen Käptn!“ einen weiteren musikalischen Höhepunkt, der das Publikum von den Sitzen reißt. Die Filmmusik von „Pirates of the Caribbean“ (Klaus Badelt), leider ohne Johnny Depp, rauscht nun wie eine große Welle bis in den letzten Winkel der Altkönigschule und dringt selbst durch die geschlossenen Türen zu den Schülerinnen und Schülern, die im Pausenraum ihren Dienst tun. Die strahlten: So fühlt sich große Musik und große Freiheit an. Ein gewaltiges Programm, das auch unseren Wettergott nun eigentlich besänftigen und zu Sonnenschein verführen sollte!



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