„Am Cavallier Holstein“ Vorbild für Lebens- und Wohnkonzepte

Klaus Pfeifer, Andreas Poerschke (beide SPD) und Erster Stadtrat Robert Siedler vor dem Wohnprojekt Foto: privat

Kronberg (kb) – Der Tag fängt ja gut an, denkt sich Anja S., alleinerziehende Mutter der 5-jährigen Emma, die mit leichtem Fieber aufwacht und auf keinen Fall in den Kindergarten gehen kann. Dabei muss ihre Mutter dringend zur Teambesprechung an ihren Arbeitsplatz.

Bestimmt hilft ihr ihre Nachbarin, Frau Müller, eine ältere Dame, die mit ihr gleichzeitig in das Wohnprojekt gezogen ist. Sie kennt ihre Tochter schon durch die Vorlesegruppe und durch den zum Quartier gehörenden Spielplatz. Heute Mittag bei der Kochgruppe in der Gemeinschaftsküche, die regelmäßig montags stattfindet, dürfen die beiden sicher dabei sein. Eigentlich ist dieses Wohnprojekt mit seinen Angeboten ein Glücksfall für Anja S. und die anderen Familien und Singles. Für die älteren Mitbewohner gibt es einen integrierten Pflegedienst, mit dem Gemeinschaftsraum ein Treffpunkt für alle, den auch Vereine von außerhalb eifrig nutzen. Hier finden Bastel- und Koch AGs statt und der Gartenverein diskutiert und entscheidet über das Anlegen der Pflanzhochbeete in ihrer Wohnanlage. Die Gemeinschaft in ihrem Wohnprojekt funktioniert toll. Jeder hilft jedem, es gibt jede Menge andere Kinder, die in dem autofreien Innenbereich der Anlage Rad fahren lernen. Im Sommer treffen sich die älteren Menschen zum Kaffee auf der Terrasse vor der Küche und schauen zu. Und last but not least ist die kleine, nah an ihrem Arbeitsplatz liegende 3-Zimmerwohnung für Anja S. bezahlbar. Ohne Förderung wäre das allerdings unmöglich. So unterstützt kostet die Wohnung 7 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter.

Kein Traum, sondern Realität

Dass diese Szenerie kein Traum oder Wunschdenken ist, davon konnte sich eine kleine Kronberger Besuchergruppe, die jüngst der Einladung der SPD nach Mainz zum Wohnprojekt der Wohnbau Mainz „Am Cavallier Holstein“ gefolgt ist, persönlich überzeugen. Vertreten waren neben Erstem Stadtrat Robert Siedler (parteilos) und den beiden Magistratsmitgliedern Hans Willi Schmidt (SPD) und Prof. Dr. Jörg Mehlhorn (Bündnis90/Die Grünen) Anwohner der Ludwig-Sauer-Straße sowie Helga Michaelis, Wolfgang Haas und Andrea Poerschke von der SPD.

Das WIR steht bei diesem Wohnprojekt „Am Cavallier Holstein“ im Vordergrund. Wer hierher gezogen ist, wählte bewusst dieses Konzept des gemeinschaftlichen Wohnens, des Mit- und Füreinanders, wählte Gemeinschaft statt Einsamkeit im eigenen Haus, wählte Verbindungen mit vielen verschiedenen Menschen im täglichen Wohnumfeld. Ein bunter Querschnitt durch alle Altersgruppen und Familienkonstellationen hinweg lebt in dieser architektonisch äußerst ansprechenden Wohnanlage mit ihren drei kubisch geformten Baueinheiten und grünen Durchwegungen.

Niedrige Baukosten

Dabei ist es der Wohnbau Mainz unter Ausnutzung von Fördermitteln von Land und Bund und durch Konzeptionierung, Planung, Ausschreibung und Bauleitung im eigenen Haus gelungen, die Baukosten mit 1.470 Euro pro Quadratmeter unvergleichlich niedrig zu halten. Üblich sind zwischen 1.900 und 2.500 Euro. 50 Prozent der Wohnungen sind geförderter Wohnraum, 70 Prozent der Bewohner sind Familien mit mittleren Einkommen wie Polizisten, Erzieher und Ähnliches. Aber auch Menschen mit Behinderung gehören hier zur Gemeinschaft dazu. Barrierefreie Wohnungsgrundrisse machen das möglich.

Natürlich, so berichtete der Architekt der Wohnbau Mainz und Chef der Bauabteilung der Gruppe, Tilmann Weyel, gab es, wie überall, aus der Nachbarschaft Widerstände gegen die Wohnbebauung im allgemeinen und gegen geförderten Wohnungsbau im Besonderen.

Inzwischen sind die Gegner verstummt. Die neue Bebauung, die sich zur Bestandsbebauung hin mit ihrem Frei- und Spielgelände öffnet, zieht die Bewohner des gesamten Viertels ebenso an wie die soziale Infrastruktur, die sie ihnen bietet.

Am Ende waren alle Teilnehmer dieses Ausfluges rundum begeistert und überzeugt, dass dieses Konzept auch für Kronberg eine Alternative zu herkömmlichen Wohnkonzepten sein könnte.

Die SPD will sich nach Angaben ihrer Vorstandsriege in jedem Fall dafür einsetzen.



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