Bahnhofsgebäude: Bis Ende August können Investoren Pläne vorstellen

Kronberg (mw) – Mit breiter Mehrheit und den Stimmen von CDU, FDP, KfB und Grünen gegen UBG und SPD ist im Stadtparlament der nach dem Haupt- und Finanzauschuss nochmals von Seiten der KfB veränderte Antrag zur öffentlichen Vermarktung des historischen Bahnhofsgebäudes mit zwei weiteren Ergänzungen verabschiedet worden. Er sieht nach langer und von allen Seiten engagiert geführter Debatte nun vor, dass dem „geplanten Verkauf oder einer Verpachtung des historischen Bahnhofsgebäudes eine öffentliche Vermarktung nach den jetzt vorliegenden Bedingungen (Fläche des Grundstücks und der potentiellen Nutzungsmöglichkeiten etc.) vorangeht.“

Die eingegangenen Angebote und Konzepte der möglichen weiteren Interessenten am Bahnhof (wir berichteten) sollen dem Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt bis zum 28. August vorgelegt werden, sodass sie in der nächsten regulären September-Sitzung des Stadtparlaments zur Beschlussfassung mitberücksichtigt werden können.

Nach Bruch der Koalition vergangene Woche (wir berichteten) kamen bei dieser Entscheidung sogleich die neuen Möglichkeiten wechselnder Mehrheiten zum Zuge. CDU und KfB forderten aufgrund der neuen Sachlage, nach der es laut Erstem Stadtrat Robert Siedler rechtlich Schwierigkeiten gibt, das Bahnhofsgebäude in Erbbaurecht an einen Investor zu vergeben, die öffentliche Vermarktung. CDU-Stadtverordneter Michael Dahmen dazu: „Es ist wichtig, dass am Bahnhof was geschieht.“ Deshalb wolle die CDU hier auf keinen Fall etwas verzögern oder gar verhindern. Wenn jetzt aber seit April plötzlich von Verkauf die Rede ist, sollten fairerweise auch anderen möglichen Interessenten die Chance gegeben werden, ihr Konzept vorzustellen. Außerdem sollte den Stadtverordneten auch der „Letter of Intent“ mit dem vom Magistrat favorisierten Investor zugänglich gemacht werden, befand er.

Bürgermeister Klaus Temmen war sichtlich verärgert über die Beiträge seitens der CDU und KfB. „Den Enthusiasmus, den sie hier jetzt aufbringen, hätten sie vor zwei Jahren an den Tag legen können.“ Damals schon hätte man den Stadtverordneten nämlich mitgeteilt, dass man in Gespräche mit einem möglichen Investor einsteige, das zum Thema „stilles Kämmerlein“, sagte er. „Es wird Zeit, dass sie mal die Hosen runterlassen und sagen, was sie wollen. Verkaufen, im Bestand behalten oder selbst entwickeln?“ Es könne nicht sein, dass der Investor zwei Jahre mit der Stadt verhandele und man ihm bereits zwei Mal das Exklusivitätsrecht gegeben wurde und dann sei das alles plötzlich „vollkommen egal“.

Die Co-Fraktionsvorsitzende der KfB, Alexa Börner, betonte indes: „Aufgrund der zu tätigenden Investitionen ist es für einen Investor von erheblicher Bedeutung, ob er das Objekt erwirbt oder nur pachtet. Außer dem jetzigen Interessenten weiß jedoch niemand, dass das Gebäude inzwischen zum Verkauf steht.“ Es öffentlich anzubieten führe also zu mehr Wettbewerb und damit „hätten wir Entscheidungsträger mit hoher Wahrscheinlichkeit die Auswahl zwischen mehreren Konzepten.“ Börner weiter: „Wir könnten abwägen, welche Konzepte besser geeignet wären, wie die Stadt die von ihr gewollte Nutzung für die Zukunft sicherstellen könnte.“ Da es sich bei einem Verkauf um die Veräußerung von städtischem Eigentum handelt und die Gemeindevertretung dazu verpflichtet ist, mit dem Vermögen treuhänderisch umzugehen, müsse eine grundlegende Änderung der Ausgangslage wie es der Verkauf darstelle, sowie die genaue Beschreibung des Kaufgegenstandes hinreichend bekannt gemacht werden. Auch habe man bei der Vorstellung der Pläne durch den Investor erfahren, dass auf dem Grundstück unter anderem die Errichtung eines neuen Gebäudes in Erwägung gezogen werde, wenn auch hierfür noch kein Baurecht bestehe. Auch dies sei ein Aspekt, der für potentielle Investoren sehr interessant ist und bekannt gemacht werden sollte.

Auf Nachfrage aus den Reihen der Stadtverordneten bestätigte der Erste Stadtrat Siedler, dass es tatsächlich noch zwei weitere Interessenten für das Bahnhofsgebäude gebe, die sich nun, nach der HFA-Sitzung bereits bei ihm gemeldet hätten. Börner sprach auch davon, dass „es nicht zwingend um Verkauf gehen müsse, sondern auch eine Verpachtung auf eine angemessene Zeit“ denkbar wäre. Wie genau das nun aussehen könnte, schien jedoch an diesem Abend keiner thematisieren zu wollen, geschweige denn zu wissen. Da war das Plädoyer des FDP-Stadtverordneten Dietrich Kube schon klarer, der an den Kauf und die Umnutzung der Receptur erinnerte und dafür warb: „Den Bahnhof zu sanieren, dass können wir uns auch zutrauen, lassen sie uns das Ding selber durchziehen, anstatt ihn aus der Hand zu geben!“

Auch die Grünen, allen voran Mechthild Schwetje, waren sich einig, dass das Verfahren an dieser Stelle für alle Interessenten geöffnet werden müsse. Gleichzeitig müsse man nun eine „intensive Diskussion führen, was wir mit dem Bahnhof wollen.“ Grünen-Fraktionsvorsitzender Udo Keil untermauerte: „Wir hatten zu jeder Zeit das Vertrauen, bei den Gesprächen, die mit möglichen Investoren geführt wurden, dass es hier um Vergabe in Erbbaurecht geht. Und da fragen sie uns jetzt, was wir denn wollen!“ Denn das habe Erster Stadtrat Jürgen Odszuck seinerzeit immer betont, zu keiner Zeit sei von Verkauf die Rede gewesen.

SPD-Fraktionsvorsitzender Christoph König wollte die ganze Aufregung gar nicht verstehen: Die Stadt hätte das gemacht, was man von ihr erwartet. Sie hätte sich um einen Investor bemüht, damit die städtische Liegenschaft nicht weiter vergammle. Nun hätte man ein „vernünftiges Konzept“ mit einer Nutzung, die das Gebäude öffentlich hält. Mit der öffentlichen Vermarktung werde man sicherlich „nichts viel Besseres außer einer Zeitverzögerung finden. Und was wollen Sie denn eigentlich bei drei Konzepten, die alle ähnlich sind, machen? Die Investoren nach Bonität überprüfen?“, fragte er in die Runde der Stadtverordneten. „Hier hat sich ein Kronberger Bürger, der hier mit seiner Familie lebt, einem Schandfleck angenommen“, warb die SPD-Stadtverordete Andrea Poerschke für die im HFA vorgestellten Pläne. Da sollte man nicht lange fackeln, sondern „den Bürgern endlich eine Entscheidung vorlegen“, meinte sie.

Siedler bat die Stadtverordneten darum, wenn sie schon für eine öffentlichen Vermarktung votierten, dann doch bitte die Rahmenbedingungen festzulegen, nach denen die eingehenden Konzepte dann betrachtet werden sollten. Nach langer kontroverser Diskussion – Erich Geisel, Fraktionsvorsitzender der UBG meinte, nachdem eine Vergabe des Bahnhofsgebäudes in Erbauurecht nun plötzlich vom Tisch sei könne er, den Rückkauf der Burg in letzter Minute noch vor Augen, die heute auch äußerst lebendig und wichtig für die Stadt sei – hier und heute keine Entscheidung treffen und werde sich bei der Abstimmung enthalten.

So stimmten am Ende eines äußerst langen Abends im Rathaus 23 Stadtverordnete für die öffentliche Vermarktung, neun votierten dagegen, einer enthielt sich.



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