Außergewöhnliche Kunst – Philipp Franck und die Berliner Secession

Seine Frau Nini, in lässiger Haltung bäuchlings auf einem grünen Sofa ausgestreckt, malte Max Slevogt. Foto: Wittkopf

Kronberg (pf) – „Ich ging der Natur zu Leibe so gut ich konnte.“ Philipp Franck blieb dieser Maxime ein Leben lang treu. Aber es ist eigenartig: Seinen Bildern aus Kronberg und dem Taunus wohnt eine gewisse Schwere inne, während seine in Berlin und in seinem idyllischen Garten am Wannsee entstandenen Gemälde viel leichter, lockerer und positiver wirken. Davon können sich Kunstliebhaber in der Ausstellung „Philipp Franck und die Berliner Secession – von Max Liebermann bis Lesser Ury“ im Museum Kronberger Malerkolonie selbst ein Bild machen.

Außergewöhnlich ist, was dort noch bis zum 2. Februar 2014 geboten wird. Bilder von Philipp Franck, der als 19-Jähriger mit großen Erwartungen von der Städelschule, wo er bis dahin studiert hatte, zu Anton Burger nach Kronberg kam, sind im Malermuseum in der Streitkirche schon häufig zu sehen gewesen. Aber die Werke seiner Kollegen, die er später in Berlin traf und mit denen er gemeinsam 1898, kurz vor der Jahrhundertwende, die „Berliner Secession gründete, sind für das Kronberger Museum ein Novum. Möglich wurde die Ausstellung durch die intensive Zusammenarbeit mit der Stiftung Schlösschen im Hofgarten und der Sammlung Wolfgang Schuller in Wertheim.

Die Berliner Secession entstand in Berlin als Protestbewegung gegen die traditionelle Kunstauffassung und die konservative Kunstpolitik Kaiser Wilhelms II. Neben Philipp Franck und Walter Leistikow gehörte Max Liebermann zu den Gründungsmitgliedern. „Als Kunstwerk erscheint uns jedes Werk, welcher Richtung es angehören mag, in dem sich eine aufrichtige Empfindung verkörpert“, war seine Überzeugung. Von Max Liebermann befindet sich in der Ausstellung ein Bild seiner Enkeltochter mit Kinderfrau vor der dem See abgewandten Seite seines Landhauses am Wannsee sowie ein Selbstporträt, das ihn bei der Arbeit an der Staffelei zeigt.

Dass Liebermann und Franck, die später am Wannsee Nachbarn waren, sich gegenseitig sehr schätzten, beweisen Briefe, die in den Vitrinen ausgestellt sind. In einem entschuldigt sich Liebermann bei Franck, weil bei einem Besuch sein Dackel dem Karnickelbock des Franck-Sohns das Genick brach. Dem Brief beigefügt war eine Zeichnung. Liebermann schreibt: „Um die greusliche Scene, die mein Hund bei Ihnen produciert hat, ein wenig zu verwischen, erlauben Sie mir, Ihnen in wenigen Strichen einen etwas liebenswürdigeren Eindruck aus Wannsee zu übersenden. Möchten Sie die Zeichnung behalten und vergessen, was Männe in seiner Hundenatur getan. Die Zeichnung drückt hoffentlich meine Natur aus!“

Zur Berliner Secession gehörten auch Max Slevogt und Lovis Corinth, dessen von Peter Paul Rubens inspiriertes üppiges Gemälde „Raub der Töchter des Leukippos“ zu sehen ist. Max Slevogt ist mit sehr intimen Bildern seiner Frau Antonie (Nini) Finkler und der philippinischen Tänzerin Marietta de Rigardo vertreten.

Eindrücke des Lebens in Berlin vermitteln Bilder wie „Dame auf nächtlicher Straße“ von Franz Skarbina, „Regennasse Straße“ und „Zeitungslesender Herr“ von Lesser Ury. Noch deutliche Anklänge an den Jugendstil zeigt das Gemälde „Silberbach im Spreewald“ aus dem Frühwerk von Heinrich Basedow d.Ä., der ebenfalls zu den Gründungsmitgliedern der Secession zählte. Die Spiegelung der Bäume in dem gräulich-silbrigen Gewässer, das sich gemächlich durch die Landschaft schlängelt, scheint die Frage nach Unten oder Oben aufzuheben.

Alltägliche Szenen aus der städtischen Gesellschaft, sehr intime Darstellungen aus dem privaten Leben der Künstler, zahlreiche Schilderungen ihres Umfelds, ihrer Wohnräume und ihrer Gärten lassen für die Betrachter das Leben der damaligen Zeit lebendig werden. Diesen unpolitischen Sujets stehen die anrührenden sozialkritischen Graphiken von Käthe Kollwitz aus „Ein Weberaufstand“ gegenüber.

Es gibt viel zu entdecken beim Rundgang durch die Ausstellung, beispielsweise den Rentbach, den Philipp Franck 1934 in zwei zarten Aquarellen festhielt, im Gemälde „Boote und Schwäne“, das Franck in sehr hellen, lichten Farben gehalten hat, die idyllische Stimmung am Jungfernsee, auf dem die anmutigen Vögel zwischen den abgedeckten vor Anker liegenden Booten über das Wasser gleiten, das großformatige Blütenmeer im Jahr 1943 in Francks Garten oder ein in kräftig bunten Farben leuchtender Blumenstrauß auf Francks gedecktem Kaffeetisch. Die „blaue Diele auf Hallig Hooge“ entführt die Zuschauer in den hohen Norden und das Gemälde der zwei alten handarbeitenden Frauen erinnert entfernt an alte holländische Meister.

Die Ausstellung im Museum Kronberger Malerkolonie in der Streitkirche ist bis zum 2. Februar 2014 jeweils mittwochs von 15 bis 18 Uhr, samstags, sonntags und feiertags von 11 bis 18 Uhr geöffnet. Heiligabend, am ersten Weihnachtsfeiertag, Silvester und am Neujahrstag bleibt das Museum geschlossen. Führungen werden an den Sonntagen 5. und 26. Januar 2014 jeweils um 11.15 Uhr angeboten. Am Donnerstag, 16. Januar 2014 um 19 Uhr wird Dr. Constanze Müller-Neuendorf unter dem Titel „Der Maler und die Tänzerin“ über Max Slevogt und Marietta de Rigardo berichten.



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