Auf dem Weg zu einem großen Stück Frieden

Königstein (pit) – Die Verleihung des Eugen-Kogon-Preises hat für Dany Atar und Mousa Qaddoura junior, der ihn im Namen seines Vaters entgegen nahm, eine große Bedeutung. Im persönlichen Gespräch berichteten sie gerne, was sie damit verbinden, wie es zu dem Projekt kam, dessentwegen es zu dieser Würdigung kam und wie sie es in Zukunft weiter gestalten wollen.

„Dieser Preis bedeutet uns unter anderem daher so viel, weil er uns Rückenwind gibt und es ist sehr schmeichelhaft, dass er aus Deutschland kommt – von den Menschen, die uns unterstützt haben“, sagte Dany Atar. Zusammen mit Mousa Qaddoura sei er für ihre gemeinsamen Ziele lange gegen die Strömung geschwommen. Dessen Sohn versichert ebenfalls: „Es ist ein großes Kompliment, ihn eineinhalb Jahre nach seinem Tod in seinem Namen entgegenzunehmen – schließlich erlangte mein Vater nicht so sehr Bekanntheit als Gouverneur, sondern wegen seiner Zusammenarbeit mit Gilboa.“ Somit betrachtet auch er die Auszeichnung als eine Ermunterung zum Weitermachen, das Werk seines Vaters fortzusetzen und auf Frieden und Demokratie hinzuwirken.

Der erste Kontakt zwischen den beiden Männern war ein Telefonat im Jahr 2005, persönlich begegnet sind sie sich zwei Jahre später. Eine Begegnung, die bei beiden Männern bleibenden Eindruck hinterließ und sie dazu bewegte, zum Wohle der Menschen künftig zusammenzuarbeiten. Begonnen hat das gemeinsame Projekt, das den Titel „Gilboa-Jenin-Modell“ trägt, mit humanitärer Hilfe. „Menschen suchten ein Krankenhaus oder hatten andere Probleme, die es zu lösen galt“, so Dany Atar.

Dadurch, dass sie gemeinsam an einem Strang zogen, haben sie in den darauf folgenden Jahren erreicht, einen Übergang zu schaffen, damit die Menschen sich frei bewegen können und die Wirtschaft vorankommt. „Am Anfang gab es unter der Juden viele, die keine Beziehung zu Palästinensern haben wollte, doch nachdem sie gesehen haben, dass das Modell für beide Seiten gut ist, fanden auch die Menschen zueinander“, erinnerte sich der Bürgermeister von Gilboa.

Die Todesumstände von Mousa Qaddoura – sein Haus wurde von Unbekannten beschossen und er starb daraufhin an einem Herzinfarkt – haben daran nichts geändert: „Dieses Ereignis hat nichts mit unserer Beziehung zu Gilboa zu tun“, zeigte sich sein Sohn überzeugt. Er erinnerte sich daran, wie beschwingt sein Vater an die Arbeit ging, als er feststellte, dass Frieden möglich sei. Über 200.000 Menschen hätten an der Trauerfeier des überaus beliebten Mannes, der immer nah an der Basis gewirkt hat, teilgenommen. Einen Rückschlag hätte es bei dem Projekt seither auch nicht gegeben.

Im Gegenteil. Dany Atar und Mousa Qaddoura junior verfolgen neue, weitere Ideen und Initiativen. Zum Beispiel gilt es einen Ansatz zu verfolgen, der in weiteren gemeinsamen Industrieparks gipfeln soll – ein erster mit 15.000 Arbeitsplätzen ist bereits Wirklichkeit geworden. Aber auch Foren zwischen vielen weiteren Gemeinden der beiden Landkreise sind im Entstehen. Deren Bürgermeister orientieren sich an dem Vorbild Gilboa-Jenin. In Planung sind auch gemeinsame Kulturfestivals und Aktivitäten im Bereich der Umwelt. „Dabei entscheiden die Städte selbst, was wichtig für sie ist“, sagte Dany Atar. Das Wichtigste sei, dass die Botschaft bekannt geworden sei, dass Zusammenarbeit viel ändern kann.

Der Verleihung des Eugen-Kogon-Preises kommt dabei noch eine besondere Bedeutung zu: „Dadurch werden alle Beteiligten motiviert, man spricht darüber und Kooperationen werden noch ein einfacher.“

Sowohl Dany Atar als auch Mousa Qaddoura sind überzeugt davon, dass sie sich auf dem besten Weg zu einem großen Stück Frieden in Nahost sind. Denn das Ziel lautet, dass alle Menschen die gleichen Möglichkeiten bekommen und man mit Respekt miteinander lebt.

Erste Überlegungen, was sie mit dem Preisgeld in Höhe von 5000 Euro planen, haben die beiden Männer auch schon angestellt. Mousa Qaddoura hat zum Beispiel einen Fond mit dem Namen seines Vaters für soziale Projekte gegründet und freut sich über die erste Spende hierfür. Doch auch wenn das Geld geteilt wird, die Verwendung wird wohl größtenteils gemeinsam entschieden. So zum Beispiel in Richtung Jugendarbeit in der Region auf pädagogischer Ebene. Aber es geht auch um unbürokratische Hilfe für Menschen, denen Mousa Qaddoura senior einst geholfen hat und die seit dessen Tod kein Geld mehr bekommen haben.

Mit dem Eugen-Kogon-Preis ausgezeichnet worden zu sein, bedeutete für Mousa Qaddoura junior und Dany Atar nicht nur ein leichtes Schulterklopfen, sondern einen regelrechten Rückenwind, das Projekt „Gilboa-Jenin-Modell“ weiter voranzutreiben.
Foto: Pfeifer



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