Temporeiche Reise durch die Musikstile mit La Serena

Sie beherrschen nicht nur die verschiedenen Musikstile, sondern haben auch die Kunst des gekonnten Stilbruchs perfektioniert, auch für diesen erfrischenden Mut, der so manche akustische Überraschung in sich barg, wurden „La Serena“ im Haus der Begegnung gefeiert.

Königstein (el) – Im Haus der Begegnung hatte es im vergangenen Jahr anlässlich des Festaktes zur 700-Jahr-Feier der Stadt Königstein die erste Begegnung mit „La Serena“ gegeben. Der Name des Instrumental-Ensembles aus dem Rhein-Main-Gebiet heißt übersetzt „Die Heitere“ und lässt durchaus die richtigen Rückschlüsse auf das zu erwartende Repertoire zu. Am Sonntagabend nahmen die acht Musiker ihr Publikum nicht nur erneut mit auf eine Weltreise, sondern überraschten es zugleich mit den vielseitigen Musikstilrichtungen, deren Grenzen während der einzelnen Stücke wunderbar zu einem stimmigen Ganzen verschmolzen. So kam es schon mal vor, dass sich der Zuhörer dank Flötistin Isabelle Bodenseh im Mittelalter wähnte, nur um festzustellen, dass dieser Zeitsprung nur von kurzer Dauer war und die Vertonung am Ende sehr rockig ausfiel und somit ganz anders, als man eingangs hätte vermuten können. Neben eigenen Kompositionen, inspiriert von der einen oder anderen Reise in ferne Länder, hatte das Ensemble, dessen Wurzeln nach eigenen Angaben im Bereich der Klassik liegen, auch Stücke bekannter Künstler, wie beispielsweise Sting, mitgebracht. Ihre sanfte, romantische Seite kehrten „La Serena“ bei der Schmuseballade des Ex-„Police“-Frontmannes, „Shape Of My Heart“, heraus, nur um dann zupfend – auf Violoncello und Kontrabass – den Übergang mit Geige und Querflöte in den Hauptrollen zum flotteren, heitereren „Englishman in New York“ (leicht abgewandelt in „Englishman in Königstein“) zu schaffen. Hier drehten die Musiker, die seit ihrer Gründung 1999 bereits fünf CDs veröffentlicht haben, das erste Mal an diesem fröhlichen Abend so richtig auf und ließen erahnen, was noch alles in ihnen steckt.

Immer wieder schöpften sie auf faszinierende Weise aus den verschiedenen Quellen und wussten diese so geschickt miteinander zu verzahnen, dass Stilbrüche nicht als solche, sondern als Neuentdeckungen verstanden wurden. Immer wieder sollte sich auch die Erfahrung während des Zusammenspiels auszahlen, was sich mitunter im hervorragenden Timing und aufeinander Abgestimmtsein bemerkbar machte. Spannung beherrschte die Bühne und übertrug sich auf die Zuschauer im Saal, als Streich- und Blasinstrumente beim spanischen Singtanz Fandango von Luigi Boccherini miteinander im Dialog standen, der das Feuer der Leidenschaft für die Musik erst so richtig entfachte. Percussionist Detlef Biedermann sorgte zudem mit Kastagnetten für den typisch spanischen Sound, da passte es auch zu dem wunderbaren Stilbruch, dass der Komponist eigentlich ein Italiener war.

So ein eingespieltes Team überlässt sich auch gerne mal gegenseitig den Vortritt und so wurde als Teil der perfekten Inszenierung, zu der auch die wortgewandte Moderation von Tilmann Jerrentrup (Violoncello) zählte, jeder einzelne Musiker mit der ihm eigenen Qualität vorgestellt. Überraschungseffekte waren natürlich in diesem bunten Potpourri inbegriffen und hierzu passte die herrlich ehrliche Feststellung von Jerrentrup: „Wir springen durch die Zeit und wissen manchmal selbst nicht, wie ein Stück zu Ende geht.“ Weiter ging die Reise also hin zu einem Lieblingsstück des Gitarristen Jürgen Volkmar, der sich mit seiner Wahl der englischen Volkslied-Melodie „Greensleeves“ als echter Romantiker erwies, allerdings für sein Publikum noch ein ungewöhnlich kraftvolles und lautes Ende à la La Serena parathatte. Violinistin Hilde Singer-Biedermann, die im Laufe des Abends öfter mal das Instrument wechselte, entführte alle zunächst mit beschaulichen Klängen nach Irland, um kurz darauf auf der E-Gitarre aufzudrehen. Mit dem Akkordeonstück „Bandonion“ reihte sich Rüdiger Schmidt in die verschiedenen Musikstile ein und ließ Reminiszenzen an das Savoir-vivre im Nachbarland Frankreich zu.

Bassist Frank Willi Schmidt wusste ebenfalls das Klischee seiner Zunft auf unterhaltsame Weise zu bedienen. Während er genüsslich über die Saiten seines Instrumentes strich, konnte man sich förmlich das gemütliche Leben eines Bassisten bei einer heißen Tasse Kaffee vorstellen, das dann allerdings im Laufe des Tages an Fahrt aufnehmen sollte und immer lebendiger und auch hektischer wurde.

Genauso fröhlich ließen es dann La Serena mit der eigenen Komposition der Flötistin Isabelle – „Serenissimo“ – angehen. Anschließend wurde nochmals nach Frankreich mit „French Touch“ geschwenkt, diesmal zu fünft, während sich der Rest des Ensembles anscheinend hinter der Bühne über das Büfett hermachte, wie ein stets zum Spaßen aufgelegter Moderator breit grinsend verriet. Nach einem Solo von Oboistin Uli Jordan folgte ein Abstecher nach Afrika; hier flossen die Reiseerlebnisse des Drummers in das Programm ein. Mit dem leidenschaftlichen „Libertango“ von Piazolla verabschiedeten sich die acht Interpreten von ihrem Publikum, frenetisch von Letzerem gefeiert, nochmals drei Zugaben zu geben, bevor sie sich ein letztes Mal auf der Bühne verbeugten und die Lichter im Saal angingen. Hut ab auch für die Mitglieder des einladenden Fördervereins des Hauses der Begegnung um den 1. Vorsitzenden Manfred Colloseus, der an diesem Abend allerdings auf eine Begrüßung verzichtete und stattdessen der Sprache der Musik den Vortritt ließ. Erwähnung fand allerdings im Zuge des Abends die Tatsache, dass es das verstorbene Vorstandsmitglied Tilmann Köster gewesen war, das ursprünglich den Kontakt zu La Serena hergestellt hatte.



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