Probiotikum sorgt nach Antibiotikum wieder für ein gutes Bauchgefühl

Königstein (hhf) – „Gesunder Darm – gesunder Mensch“, davon ist Heilpraktikerin Lisa Rauth überzeugt. Auf Einladung der Marienapotheke und mit Unterstützung des Institut AllergoSan war sie in das katholische Gemeindezentrum gekommen, um ihre Botschaft zu verkünden. Und das vor großem Publikum – über 60 Zuhörer konnte Nicola Sundermann-Lamprecht im Namen der Apotheke begrüßen, die sich, wie Lisa Rauth es ausdrückte, „en bissele in die Untiefen des Darms hineinstürzen“ wollten, denn es ging um die „Darmgesundheit“.

Riesige Oberfläche

Schon Hippokrates von Kos hatte vermutet: „Alle Krankheiten haben ihren Ursprung im Darm“, denn dort wird verdaut, das Gute vom Schlechten getrennt. Die Versorgung des Körpers mit Nährstoffen ist ebenso an den Darm gebunden wie die Entgiftung, die Entsorgung von Stoffwechselprodukten aus den Zellen. Wo so viel kontrollierter Grenzverkehr stattfindet, braucht es viel Platz, daher ist der menschliche Dünndarm alleine rund fünf Meter lang, der Dickdarm bringt es auf 1,5 Meter.

Gemeinsam schaffen sie es, innerhalb des Körpers eine Oberfläche von 400 bis 500 Quadratmetern bereitzustellen, der Trick dabei ist geschickte Faltung. Die „Darmzotten“ sind große Vorwölbungen, erst unter dem Mikroskop erkennt man, dass sie wiederum von kleinen Falten untergliedert sind, den „Mikrovilli“. Natürlich führt die Faltung auch zu tiefen Gruben, den „Krypten“, wo sich besonders gerne Bakterien aufhalten, die entweder als Fremdarbeiter an der Verdauung beteiligt sind oder als Krankheitserreger auf ihre Chance warten.

Gemeinsam mit den Bakterien verdaut der Darm normalerweise zwischen ein und zwei Kilo Nahrung am Tag, indem er sie bis auf Molekülgröße aufspaltet und dann entscheidet, was herein darf und was nicht. Man kann diesem Organ die Arbeit wesentlich erleichtern, indem man gut kaut („der Magen hat keine Zähne“), andernfalls gelangen größere Stücke bis in den Dickdarm, wo sich Bakterien darüber hermachen, die Schwefelsäure produzieren. Als Gas verlässt dieses Produkt schließlich den Darm und löst in den Nasen der Umgebung Widerwillen aus.

Botschaften aus dem Darm

Kann ein geschulter Heilpraktiker also schon am Geruch erkennen, wer zu hastig isst? Möglicherweise ja, es kann aber auch andere Ursachen geben. Hinweise auf Probleme in der Verdauung von Eiweißen, Zucker oder gar Krankheiten lassen sich aber über die Nase gewinnen – eine gesunde Verdauung von gesunder Nahrung riecht fast nicht.

Wesentlich am Gelingen der Verdauung beteiligt sind die Bakterien, die unter dem Begriff „Darmflora“ oder auch „intestinale Mikrobiota“ zusammengefasst werden. Erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts entdeckt, weiß man heute, dass jeder Mensch zwischen einem und zwei Kilo Bakterien im Darm beherbergt, und das ist wichtig: „Ohne Darmflora kein Leben!“ Bis zu 700 verschiedene Arten produzieren sogar körpereigene Antibiotika und unterstützen das Immunsystem, etwa zehn Bakterien sind rechnerisch für eine Körperzelle zuständig. Da wird verständlich, dass sich Störungen in der Darmflora bis auf das Gehirn auswirken können. Eine der typischen Störungen ist die Einnahme von Antibiotika, aber auch Stress oder Operationen können die Bakterien dezimieren. Tatsächlich verliert der Mensch mit zunehmendem Alter viele Arten seiner Darmflora.

Besiedlung von außen

Es empfiehlt sich also, die Bestände wieder aufzufüllen, und das ist einfacher als gedacht. Grundlage ist die Erkenntnis, dass alle Bakterien ab dem Zeitpunkt der Geburt erst über den Mund aufgenommen werden müssen, bevor sie im Darm heimisch werden können – Muttermilch spielt dabei eine wichtige Rolle, aber zum Beispiel auch das Küssen. Erst nach etwa drei Jahren ohne massive Störungen besitzt ein Kind eine funktionierende Darmflora. „Ich küsse meine Patienten nicht, sondern nehme Probiotika“, verwies Lisa Rauth auf eine noch recht neue Methode der Darmsanierung. Noch viel zu selten werden nämlich nach der Gabe von Antibiotika, die Krankheitserreger und „gute“ Bakterien gleichermaßen bekämpfen, auch Probiotika verschrieben, um die Darmflora wieder aufzubauen.

Das Verfahren ist denkbar einfach: In Tabletten- oder Pulverform werden auf dem natürlichen Weg durch den Mund die wichtigen Bakterien wieder in den Körper gebracht, dank ihrer robusten Beschaffenheit müssen es nicht unbedingt lebende Organismen sein, es geht auch gefriergetrocknet. Ganz ohne fachmännische Begleitung sollte man solche Präparate nicht anwenden, es empfiehlt sich, in der Apotheke eine Beratung einzuholen. Im Großen und Ganzen aber kann man mit der Einnahme von Probiotika nicht viel falsch machen. Wunder darf aber auch niemand erwarten, denn es gibt doch auch noch andere Ursachen für Krankheiten, der Darm ist für vieles verantwortlich, aber nicht für alles.

Da schlug wohl der österreichische Charme durch: AllergoSan-Mitarbeiter Christoph Klein wurde von Apothekerin Nicola Sundermann-Lamprecht (links) und Heilpraktikerin Lisa Rauth (kam „von hinter den sieben Bergen bei den sieben Zwergen, wo die Staumeldungen herkommen“, also Aschaffenburg) spontan zum Hahn im Korb gekürt.
Foto: Friedel



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