Heinz Eichhorn: Vier mal elf Jahre Fassenacht – „dahaam is dahaam“

Seit 44 Jahren ist Heinz Eichhorn auf der Fassenachts-Bühne zu Hause. Archivfotos

Königstein (el) – Wer ihn kennt, der würde ohne zu zögern unterschreiben, dass Heinz Eichhorn mit Leib und Seele Fassenachter ist und das bereits seit sage und schreibe 44 Jahren. Dabei waren die ersten karnevalistischen Gehversuche des Königsteiner Urgesteins in den 60er-Jahren noch eher zart. Aber das Talent, das in ihm schlummerte, wartete nur auf den richtigen Zeitpunkt, um erweckt zu werden. Die Wahl für den ersten großen Auftritt fiel auf das ehemalige Café Dorn in der Limburger Straße. Hierher hatte die Kolping-Familie Königstein zur Fassenacht eingeladen. Man schrieb das Jahr 1962, laut dem Fassenachts-Jubilar Eichhorn soll sich Folgendes zugetragen haben: „Ich bin als tolle Frau aus der ‚Tingel, Tangel-Schau‘ gegangen und habe dort auch meine zukünftige Frau Erika kennengelernt.“ Und so wurde aus diesem ersten Schritt in Richtung Fassenacht auch gleichzeitig etwas Großes für die Zukunft. Allerdings hat Eichhorn als Königsteiner Bub immer schon gerne ein Liedchen geschmettert und seine Fußball-Kumpels dienten des Öfteren als willkommenes Publikum für ihn. Einige werden sich noch gerne an das grandiose „Gastspiel“ von Heinz Eichhorn in der Rüdesheimer Drosselgasse erinnern. Hier erlebte sein späterer Evergreen „Marina, Marina“ seine Geburtsstunde und das in der italienischen Muttersprache seines Interpreten Rocco Granata, den Eichhorn sehr bewundert hat.

Vier Jahrzehnte Fassenacht in Königstein. 44 Jahre Königsteiner Narrenring, ein Jubiläum, das Heinz Eichhorn, Rainer Kowald und Adolf Hees als Mitbegründer der Fassenacht in Königstein für immer zusammenschweißen wird. Von daher war es auch eine schöne Geste, als Sitzungspräsident Rainer Kowald seinem Weggefährten Heinz Eichhorn am vergangenen Samstag während der großen Jubiläumssitzung nicht nur einen, sondern gleich drei Orden verliehen hat, um ihn für die Abstinenz von der Plaschi-Bühne zu entschädigen und seine Rückkehr – zumindest für diese jüngste Sitzung – zu würdigen.

Einen Vollblut-Fassenachter wie Eichhorn erlebt man nicht alle Tage. „Irgendwie muss man das schon in die Wiege gelegt bekommen“, sagt er selbst, das Fundament müsse da sein, lernen könne man zwar einiges, aber ein gewisses Talent müsse schon vorhanden sein. Was Letzteres betrifft, so hat der 74-Jährige anscheinend mehr als genug davon abbekommen. So ist es auch nicht verwunderlich, dass man einem wie ihm, bei dem alles stimmt – vom Timing über die Gestik und Mimik bis hin zu den Schoten – 2004 zum 25-jährigen Bestehen der Königsteiner Narrenzunft eine große Freude gemacht hat. Damals hatten der damalige Vorsitzende Michael Jäger und Klaus Rätz die Idee, einen „Kölschen Abend“ mit den „Bläck Fööss“ im Haus der Begegnung anzubieten.

Somit rückte ein großer Traum von Eichhorn in greifbare Nähe, was er selbst kaum fassen konnte. Vor dem gemeinsamen Auftritt mit der Kultband musste er noch dreimal überredet werden, die Bühne zu betreten. Doch ehe er sich versah, stand Eichhorn mit den Fööss vor dem Saalpublikum und sang „Bye, Bye My Love“. „Ich hatte Adrenalin ohne Ende und butterweiche Knie“, entsinnt sich Eichhorn an diesen unvergesslichen Abend und auch daran, dass der Leadsänger der Band ihm anfangs zur Seite gestellt wurde und jedoch entspannt in den Hintergrund trat, sobald er merkte, dass es „läuft“.

Woher kommt die karnevalistische Ader des Ehrenvorsitzenden der Königsteiner Narrenzunft? Ein Blick in die Familienchronik verrät, dass auch sein Patenonkel Sitzungspräsident im Westerwald war und sogar zwei Tanten sich nicht selten in der Bütt aufhielten. „Ich freue mich einfach, wenn ich die Menschen zum Lachen bringen kann“, sprudelt die einfachste und wichtigste Begründung für den Spaß an der Narretei aus Eichhorn heraus. Allerdings ist das, was er macht, auch mit viel Arbeit verbunden. Es habe lange gedauert, bis er sich einen Ruf als anständiger Fassenachter erarbeitet habe, was man auch daran erkennen könne, dass ihm schon beim Betreten der Bühne Aussprüche wie „da kommt der Eichhorn…das muss gut sein“ entgegen schallten.

Auch seine scharfe Beobachtungsgabe kam Eichhorn bei seinen Fassenachts-Inszenierungen zu den unterschiedlichsten Themen der Zeitgeschichte oder einfach nur aus dem wahren Leben gegriffen, sehr gelegen. 1972, zu einer Zeit, als Lehrlinge händeringend gesucht wurden, war er als „Ein Lehrbub“ in die Bütt gestiegen. Darauf folgten die Erlebnisse eines Schaffners bei der Kleinbahn, ehe er für den „Landwirt Oskar“ bei seinem ersten Auswärts-Vortrag in Fischbach vom Gereimentem auf Prosa umstieg.

Genauso wie ihr Urheber besitzen die Figuren, die er verkörperte, auch Kultstatus. Allen voran ist hier der „Utschebebbes“ zu nennen, der aus Quetschemumbach kommt und nie ohne seine karierte Jacke und Hose aus dem Haus geht. Weiterhin im Angebot waren auch „Othilie Schneckenbusch“ und „Amalie Hechelmeier“.

Auch diese beiden Damen sind nicht nur in den Köpfen der Jokus-Jünger abgespeichert, sondern auch schriftlich und digital in Eichhorns persönlichem Fassenachtsarchiv.

Eichorn, der sich in diesem Jahr für die Fassenacht in die Lage eines armen Kerls versetzt hat, den seine Frau nach 35 Jahren verlassen hat, beschreibt den Entstehungsvorgang für einen Fassenachtsvortrag folgendermaßen: „Ich höre, sehe und interpretiere.“ Es geht also nichts übers Probieren, aber dazu muss man zuallererst studieren und das kann Heinz Eichhorn, der über die Jahre so manche erfolgreiche Fassenachtsgruppierung aus der Taufe gehoben hat. So war er Mitbegründer des Männerballetts „Plaschi Stamper“, die in diesem Jahr wieder reaktiviert wurden. 30 Jahre lang waren die „Schlawinos“ auf jeder Fassenachtsveranstaltung der Inbegriff für närrischen Frohsinn mit ihren Persiflagen bekannter Stars mit der dazugehörigen musikalischen Interpretation. Da kamen schon mal an die 20 Auftritte pro Kampagne zusammen. Ganz zu schweigen von den Einzelauftritten, die Eichhorn über die Jahre absolviert hat. Allerdings geschieht auch so manch Großes, ohne dass jemand davon Notiz nimmt und dabei ist der Verdienst dahinter ebenso groß und würdigenswert.

So verbringt Eichhorn schon seit Jahren seine Zeit an Rosenmontag mit den Senioren vom Haus Raphael, so dass diese auch ein wenig Fassenacht feiern können.

Rosenmontag ist übrigens auch ein gutes Stichwort, wenn es um die Fassenacht in Königstein geht. Denn eines Tages, es war ein Rosenmontag im Jahre 1971, saß Eichhorn zusammen mit dem Betreiber der Nordsee-Stuben, Emil Graf, zusammen und bemerkte, dass an Rosenmontag in Königstein so gar nichts los sei.

Das sollte sich ändern. Ein Gespräch zwischen dem Fischhändler Graf und dem Weihbischof, den er belieferte, brachte Schwung in die Bemühungen um einen Austragungsort für die Fassenacht in Königstein. So hatte der Narrenring nicht nur eine geistige Heimat mit den Vereinen, die ihn trugen, sondern auch ein Domizil mit geistlichem Hintergrund, denn hier fanden die Tagungen von Kirche in Not etc. statt.

„Ich freue mich sehr auf die Veranstaltung“, hatte „Rückkehrer“ Eichhorn, der 1983 mit dem Ehrenbrief des Landes Hessen ausgezeichnet wurde, noch vor seinem jüngsten und wie hinterher von allen Seiten zu hören war, überaus gelungenen jüngsten Auftritt in der Narrhalla des HdB gesagt. Schließlich, und auch hier ist Wahres dran: „Dahaam is dahaam.“

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