„Gesunde Wohnungen und recht gute Gasthäuser“ – Bestens umsorgt in Bad Königstein

Beate Großmann-Hofmann (rechts) referierte in der Stadtbibliothek (links Leiterin Simone Hesse) über alte Gasthäuser und Hotels in Königstein – wozu auch das Gebäude der Stadtbibliothek zählt. Foto: Friedel

Königstein (hhf) – Da waren sich das zahlreich erschienene Publikum und die Leiterin der Stadtbibliothek einig: „Es ist wie immer schön, dass Sie da sind“, begrüßte Simone Hesse die Referentin des Abends und vermutete richtig, dass sie wohl mehr als eine Geschichte zu erzählen habe. In der Tat bestätigte Stadtarchivarin Beate Großmann-Hofmann, dass das Thema „Alte Königsteiner Gasthäuser und Hotels und ihre Geschichte(n)“ sehr weit formuliert sei, was es unmöglich mache, alle zu erwähnen: „Wenn man sich da hineinversetzt, kommt einiges zutage.“ Daher wird es im nächsten Jahr einen zweiten Teil über Pensionen und Cafés geben – und im Januar auch eine entsprechende Ausstellung im Rathaus.

Raststation an der Reichsstraße

Keine Frage, wenn eine Burg in der Entfernung einer Tagesetappe von Frankfurt an der wichtigen Reichsstraße nach Köln gebaut wird, gehört auch eine „Raststation“ dazu, allerdings vor den Mauern gelegen. Nicht unähnlich eines heutigen Autohofes kümmerten sich dort Wirte, Kaufleute, aber auch Sattler und Schmiede um die Reisenden und deren Gefährte, auch einen Schuster dürfte es gegeben haben. Lange Zeit sind die Gasthäuser ausschließlich entlang der Fernstraße angesiedelt, die als heutige Hauptstraße vor dem Alten Rathaus abknickte und über die Gerichtsstraße zur Limburger Straße verlief.

Die Tradition der Gastfreundschaft ist mit vielen alteingesessenen Namen verbunden – zum Beispiel Colloseus, Bender, Pfaff oder Kroth – die früheste Erwähnung von 1294 bezieht sich aber auf mehrere „Judenwirte“. Früh belegt ist aber auch der Name „Zu den drei Königen“, was einen Zusammenhang mit der Pilgerroute auf den Spuren der Kölner Reliquien nahe legt. Im April 1509 brannte diese Herberge (heute Hauptstraße 47) völlig nieder, die Schuld schrieb Wirt Kilian Schneider „fahrendem Gesindel“ auf dem Weg zur Frankfurter Messe zu.

Im Jahr 1566 feierten die Herren zu Stolberg auf ihrem Schloß eine Doppelhochzeit, was dazu führte, dass die 137 Räume im Gebäude nicht ausreichten, um alle Gäste unterzubringen. Einige wurden daher bei den Honoratioren der Stadt einquartiert, andere in den Gasthäusern „Zu den Königen“, „Zur Rose“ und „Zum Schwanen“. Im „Stern“ oder „Zu den Sternen“ stritten sich 1635 stolbergische Beamte mit dem Wirt, denn die evangelischen Herren kamen durch den 30-jährigen Krieg für eine kurze Zeit wieder an die Macht im mittlerweile katholisch gewordenen Königstein. „Wir sind allhie gut mainzisch“ knurrte der Hausherr, die Beamten konterten: „Wir sind gut stolbergisch“... der Vorfall landete schließlich vor Gericht, ein Urteil ist leider nicht bekannt.

Bekannte Häuser, bekannte Familien

1728 werden sechs Gaststätten als wichtige Steuerzahler aufgelistet. Es fällt auf, dass manche Namen typisch für Lokale in vielen Gegenden Deutschlands sind, ein Haus Hirsch, grüner Baum oder Kranz findet sich auch woanders leicht wieder. Zur Zeit von Herzog Adolph gab es sogar in Mammolshain, Falkenstein und Königstein je einen „Nassauer Hof“. Die „Ratsstuben“ heißen hingegen erst seit 1968 so, über 100 Jahre wurde das „Gasthaus Messer“ zuvor von der gleichnamigen Familie betrieben. Hier lohnt sich vor allem ein wacher Blick auf das Gebäude, dessen Formen ein beständiges Wachsen und Anpassen an die begehrte Ecke neben dem Alten Rathaus offenbaren.

Schräg gegenüber gerieten die „Drei Könige“ in arge Schwierigkeiten, als französische Revolutionssoldaten hinter dem Namen Verehrung der Monarchie witterten. Das Schild wurde abgerissen, die Feiern zum Dreikönigstag verboten, stattdessen stellten die Franzosen einen Freiheitsbaum auf dem Geisberg auf und schickten die Rechnung für die zugehörige Feier an die Stadtverwaltung. 1811 wurde das Anwesen schließlich an den Schmied Schmitt verkauft, dessen Werkstatt bis heute dort in großen Teilen erhalten geblieben ist. Einige Jahre existierte später sogar wieder eine gemütliche Kneipe in diesem Ambiente, unter dem Namen „Kamin“.

Bombardiert und geplündert

Im Dezember 1792 „bombardierten“ die Preußen von Falkenstein her Königstein, wobei die Festung kaum Schaden erlitt, große Teile der Stadt aber in Schutt und Asche fielen. Durchziehende Soldaten plünderten gerne Weinkeller und Speisekammern oder nahmen sich neue Schuhe, daher gilt die Zeit bis 1815 als der absolute Tiefpunkt der Stadtgeschichte. Für die Heimatforschung sprang dabei aber auch etwas Gutes heraus, denn es sind Abrechnungen der Schädigungen mit der Stadtverwaltung erhalten geblieben und auch etliche Unterlagen über den Wiederaufbau von Gasthäusern. Im „Hirsch“ (Berechtigung zum Weinausschank seit 1668) wie auch im „grünen Baum“ sind nachweislich ersteigerte Trümmerteile der Infanteriekasernen von der Festung verbaut. Ob Blücher und vor ihm französische Generäle dies spürten, als sie den Hof des Posthalters zu ihrem Durchgangsquartier machten?

Der Schinderhannes jedenfalls begnügte sich mit dem Diebstahl einer Leiter aus dem Hof, der sich in den heutigen Kurpark erstreckt: Matthias Borgnis hatte Gebäude und Garten, zu dem auch die heute noch übrige Platane zählte, erworben, um dahinter seine „Villa Borgnis“ zu bauen. Schon lange ist dieses Haus im Besitz der Stadt und als Kurhaus wieder im gastronomischen Bereich angesiedelt. Der „Grüne Baum“ erstand indes schräg gegenüber des Originals wieder auf und machte sich über 50 Jahre einen guten Namen, bevor erst der „Seifenplatz“ und dann ein Auktionshaus dort einzogen. Nur wenige Schritte weiter, rund um den heutigen Kapuzinerplatz, standen einst die angesagtesten Kurhotels, in denen sogar Könige verkehrten – und Schriftsteller Friedrich Stoltze. Natürlich hatten schon die Mönche auch Reisende beherbergt, das Kloster wurde aber später verkauft und zum Hotel de Lion, später Pfaff umgebaut. Gegenüber befand sich Hotel Colloseus, auch „Stadt Amsterdam“, das später beinahe 100 Jahre als Rathaus diente und an der Einmündung Adelheidstraße stand das Hotel „Wiesbaden“, später Parkhotel Bender.

Kunden sind Kurgäste und Vereine

Zur Blütezeit der Kur um 1900 ist ein häufiger Eigentumswechsel auffällig, „diverse Etablissements werden versteigert“ – ob sich da die Betreiber finanziell übernommen hatten? In dieser Zeit spielen die Gaststätten mit ihren Veranstaltungssälen auch eine besondere Rolle im Vereinsleben, daher hatten natürlich auch die heutigen Stadtteile ihre „Szenelokale“ und die Gastronomie erstreckte sich über die Nebenstraßen Königsteins bis in den Wald hinaus. Dazu dann aber mehr, wenn die Pensionen und Cafés an der Reihe sind – und vielleicht auch noch eine dritte Folge entsteht, denn Beate Großmann-Hofmann sammelte nicht nur im Anschluss an den Vortrag in angeregten Gesprächen neue Anekdoten (Angehörige manch namhafter Wirtsfamilie wurden gesichtet), sondern freut sich auch, wenn weitere Einheimische ihre Erinnerungen zu dem Thema aufschreiben und dem Stadtarchiv zukommen lassen.



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