Fachbuch um Neuentdeckungen erweitert

Schmetterlinge beobachten ist schwierig genug, sie zu fotografieren ist hohe Kunst. Daher ist unklar, ob die Bilddokumentation über einheimische Schmetterlingsarten unter Naturkunde oder Ästhetik ins Bücherregal gehört.

Königstein (hhf) – Entomologen, also Insektenkundler, haben meistens den Blick für Kleinigkeiten, schauen viel auf den Boden und werden auch mal gestochen, so eine landläufige Einschätzung. Immerhin haben sie seit der Erfindung der Farbfotografie das Image der Nadelmörder mehr und mehr verloren und stattdessen reichlich Anerkennung in Fotografenkreisen erworben. Wenn es sich dann auch noch um Fachleute für Schmetterlinge handelt, die als Verein „Apollo“ eine Forschungsstation auf dem Bangert betreiben, lässt sich erahnen, dass ein Buch aus ihren Reihen durchaus ein Genuss auch für Laien sein kann. Freude haben immerhin viele Menschen an den bunten Flattermännern, das lässt sich auch jährlich am Tag der offenen Tür dort belegen.

„Das Buch soll Interesse wecken und Freude bringen“, formulierte denn auch Alfred Westenberger, als er sich 2009 entschlossen hatte, sein umfangreiches Fachwissen gemeinsam mit seinem Schwiegersohn zu Papier zu bringen. Seit seiner Kindheit faszinierten ihn die Schmetterlinge, allerdings weniger weltweit als vor der Haustüre. Bis zum Rentenalter hat sich daraus ein einmaliges Fachwissen für den Main-Taunus-Bereich ergeben – und die Erkenntnis, dass die Grenzziehung nicht ganz so eng sein darf. Zur Neuauflage im Jahr 2013 tat der Hofheimer sich daher mit zwei Co-Autoren zusammen, die für die Regionen Hochtaunuskreis (Dr. Hans-Georg Mark aus Königstein) und Frankfurt (Wolfgang Peuker) verantwortlich zeichnen.

Sicherlich auch wegen der vielen qualitätvollen Fotos war diese „Bilddokumentation“ – gleichzeitig das Standardwerk für hiesige Arten von „Lepidoptera“ – bald wieder vergriffen, so dass die Rufe nach einer Neuauflage lauter wurden. Dazu kam, dass die rührigen Naturbeobachter mittlerweile fünf neue Arten beobachten konnten, was sich gemeinsam mit anderen Überarbeitungen in einem Zuwachs von 44 Seiten niedergeschlagen hat. Interessant dabei ist, dass der mehrbrütige Würfel-Dickkopffalter in unserer Gegend als „verschollen“ galt, während der Karstweißling aus dem Elsass wieder eingewandert ist. Andere waren vielleicht bisher übersehen worden, weil sie sich wie der Ulmen-Zipfelfalter oft in Baumkronen aufhalten oder sind eventuell in Folge der Klimaveränderungen aufgetaucht.

Mithin werden im schon am Titel erkennbaren Fachbuch „Tagfalter und Widderchen der Stadt Frankfurt am Main, der Kreisgebiete Hochtaunus, Main-Taunus und der näheren Umgebung“ nun 60 heimische Tagfalterarten

vorgestellt und acht Vertreter der „Widderchen“. Auf je zwei bis vier Seiten werden auch die verschiedenen Stadien der Metamorphose (Ei-Raupe-Puppe-Schmetterling) gezeigt, dazu auch die verschiedenen Pflanzen aufgeführt, von denen sich die Tiere jeweils ernähren.

Da die Futterpflanze der Raupe (an der die Eier bevorzugt abgelegt werden) nicht unbedingt dieselbe ist, die dem Falter seinen Nektar spendet, verbergen sich in dieser Aufzählung wichtige Tipps für Gärtner, die sich bestimmte Schmetterlinge ans Haus holen wollen. Sogar die Taktik zum Überwintern ist sehr unterschiedlich, so legen die einen Arten Eier, die den Frost überdauern, andere suchen Unterschlupf – zum Beispiel auf Dachböden – und es gibt sogar Zugvögel, Verzeihung, Zugfalter natürlich.

Über 800 Abbildungen – jede in ihrer Auflösung kleinster Strukturen ein eigenes Kunstwerk der Hochpräzisionsfotografie – dokumentieren die heimischen Arten ausführlich auf 288 Seiten. Um diese Vielfalt übersichtlicher zu machen, und auch die Verwendung als Bestimmungsbuch zu vereinfachen, sind die fünf Tabellen nebst Verbreitungskarte durch ein neues Design unterstützt worden. So werden zum Beispiel die Unterarten am Anfang jedes Kapitels mit kleinen Bildern vorgestellt, farbige Grafiken informieren über Flugzeiten, Raupenzeiten, Nektar- und Raupenfutterpflanzen sowie die genauen Beobachtungsgebiete. Natürlich auf Hochglanzpapier gedruckt, im DIN A 4-Format mit „Hardcover“ versehen, macht das Werk Träumer ebenso glücklich wie Forscher.

Die Stadtbibliothek hat es schon, wer „Tagfalter und Widderchen der Stadt Frankfurt am Main, der Kreisgebiete Hochtaunus, Main-Taunus und der näheren Umgebung – Eine Bilddokumentation der letzten Jahre“, 2., aktualisierte und erweiterte Auflage 2017 selbst besitzen oder verschenken will, kann sie für 32 Euro in der Buchhandlung Millennium (Fußgängerzone) erstehen. Gegen fünf Euro Versandkosten zusätzlich kann man auch direkt bestellen unter hgimark[at]t-online[dot]de, apwestenberger[at]aol[dot]com oder entomologi[at]aol[dot]com, dort werden auch weitergehende Fragen beantwortet.



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