Von Cowboys, Büttenrednern und Indianern – Fastnachtssitzung in Königstein

Tanzeinlage à la Wild West mit Burgfräulein Helen I. mittendrin. Foto: Scholl

Königstein (gs) – Am Samstag hielt der Wilde Westen Einzug in Königstein – wilde Cowboys, Squaws und Indianer bevölkerten das Fort „Haus der Begegnung“ und waren nicht bereit, diese Eroberung bis tief in die Nacht wieder aufzugeben. Das diesjährige Motto des Königsteiner Narrenclubs lautete „Wild Wild West“. Sitzungspräsident Rainer Kowald ließ sich lediglich von dem entzückenden Burgfräulein in Gestalt von Helen Dawson kurz aus der Ruhe bringen. Das Duo „Two for You“ war für die musikalische Seite des Abends zuständig. Mit dem Klassiker „Am Rosenmontag bin ich geboren …“ ging es dann auch los. Das Organisationsteam in Gestalt des Elferrates (hat interessanterweise mehr als nur elf Mitglieder) stellte ein illustres Programm zusammen. Ein Mix aus Büttenreden, Tanzeinlagen, Livemusik und Komik sorgte dafür, dass keiner zu kurz kam.

Das Amüsement ging auch gleich im Anschluss weiter, als Petra Geisel in Gestalt von „Hiltrud“ die Bühne betrat. Ihre Lebensweisheiten einer Kassiererin, gespickt mit den alltäglichen Erlebnissen aus dem Biotop „Supermarkt“ riefen beim Publikum Begeisterung hervor. Wer bis zum Samstag noch nicht wusste, dass „der Kunde zwar König ist, der Kaiser aber im Supermarkt an der Kasse sitzt“, kann sich nun vielleicht manche Reaktion des Supermarktpersonals besser erklären. Hiltrud kann auch singen – schließlich ist sie im Singkreis engagiert, dessen zwischenmenschliche Beziehungen viel Platz für Lästereien boten, besonders was die Männer anging. Den Frauen gab sie den weisen Rat: „Nach de Männer muss mer gucke, sonst verloddern die ..!“ Nun denn – was die Herren im Saal anging, so hatten entweder alle Frauen ein strenges Auge auf dieselben geworfen, oder sie verfügten durchaus über einen guten (Kostüm) – Geschmack. Besonders die Hüte hatten es den Damen angetan – Warum tragen Männer eigentlich in „Zivil“ nie Hüte? Sieht doch top aus…

Auch Rolf Krönke trug solch eine kleidende Kopfbedeckung in Form einer Narrenkappe, als er in die Bütt trat, um als „Protokoller“ über die großen und kleinen Begebenheiten unserer Kurstadt zu berichten. Ob Verkehrschaos, Bürgermeisterwahl, Toilettenhäuschen oder Jurte in der Parkanlage – Rolf Krönke schonte nichts und niemanden, wobei unser amtierender Bürgermeister einiges aushalten musste – was er jedoch mit karnevalistischer Fassung trug. Was blieb ihm auch übrig – wo er doch im „Jahr eins nach de Bäckerei Hees“ weiterhin Rathauschef bleiben möchte. „Satire ist Kunst“ lautete das Motto von Krönkes Büttenrede. Auch Sitzungspräsident Rainer Kowald musste sich von Krönke anhören, dass die Renovierung des Kurbades sich nur wegen ihm nun auch nicht wirklich lohnen würde. Krönke traf mit seiner satirischen Betrachtung unserer Stadt den Nerv der Königsteiner, die ihren Spaß hatten und den herzerfrischenden Beitrag mit einem Riesenapplaus quittierten. Für musikalische Abwechslung war natürlich auch gesorgt. Schon zu Beginn hatten die „Auringer Buben“ in ihren peppigen Hawaiihemden den Besuchern ordentlich eingeheizt. Original „karnevalistisch“ wurde es dann mit den „Königstänzern“.

Die Gardetänzer des Königsteiner Narrenclubs hatten sich auch in diesem Jahr wieder fantastisches einfallen lassen. Passend zum Thema „Wild Wild West“ tanzten sie zu „Cotton Eye Joe“ oder „Bonanza“, dass einem beim Zusehen ganz „wild“ wurde.

Hin und wieder hat der Elferrat auch offizielle Pflichten zu erfüllen, wie dies bei hohem Besuch aus ebenfalls faschingsaffinen Nachbargemeinden der Fall war: Prinz Carsten I., „Seine Tollität“ und Faschingsprinz aus Oberursel machte dem Präsidium seine Aufwartung, was mit einem entsprechenden Orden honoriert wurde. Damit dem Publikum nicht langweilig wurde, überbrückte Siggi Sturm mit einer Gesangseinlage, der sich die Gäste problemlos anschließen konnten, da sich der Mitsingtext auf den Tischen fand. Da sage noch einer, Fastnachter wären nicht pragmatisch! Eine gehörige Portion Pragmatismus legten auch Nicole und Ela an den Tag, die in Gestalt einer Wein- bzw. Bierkönigin ihren Tourbus verpasst hatten, in dem sie gemeinsam mit 50 anderen „Königinnen“ durch die Republik tourten. Teilweise recht „zotig“ unterhielten sie ihr Publikum und ließen ihre Gäste an Weisheiten wie „dumm darf man heute nicht mehr sagen – das heißt gesinnungsblond“ teilhaben.

Zwei Frauen, die frei von der Leber weg über die Unbillen ihres Lebens philosophierten. Auf dem Trockenen sollten auch die Gäste nicht sitzen, sodass man sich zur wohlverdienten Pause anschickte, jedoch nicht ohne den vorherigen Tanz des Elferrates, der zwar sehr ambitioniert, jedoch auch leicht unkoordiniert daher kam. Der Bürgermeister tanzte „natürlich“ aus der Reihe, was vielleicht auch irgendwie ein Omen für den folgenden Wahlsonntag war.

Frisch gestärkt (dafür sorgte, Christina und Michael Pfaff) und mit flüssiger Nahrung versorgt startete man nach der Pause in die zweite Runde des Abends. Wer noch eine Wahlinspiration für den Sonntag brauchte, hatte die einmalige Gelegenheit, alle Kandidaten in „Cowboy und -girl“-Zivil unter die Lupe zu nehmen. Eine Gelegenheit, die dem Wahlvolk nicht überall zuteil wird. Der Start in die „2. Halbzeit“ war so bunt wie fulminant. Es gaben sich die „Zigeuner“ aus Hofheim die Ehre, die mit ihren mitreißenden und poppigen Rhythmen den Saal locker rockten. Mit ihrer Kombi aus Street- und Line-Dance begeisterten sie mit ihrem Liveaufritt das Königsteiner Publikum. Stimmgewaltig und mitreißend tanzten sie zu Hits wie „Light My Fire“ oder „Let Me Entertain You“. Sicher eines der musikalischen Highlights dieses Abends. Ein Highlight jagte das andere – im Anschluss folgte der wahre „Tanzrausch“ aus Mainz-Kastel.

Südamerikanische Rhythmen, schmissige Melodien und Kostüme in den mexikanischen Nationalfarben brachten einen Hauch Südamerika in den Saal. Am Ende der Choreografie stand eine Begegnung mit „Speedy Gonzales“, bekanntlich der schnellsten Maus von Mexiko. Aber damit nicht genug der tänzerischen Höhepunkte. Burgfräulein Helen (Helen Dawson) kann bekanntlich ebenfalls hervorragend tanzen und sie hatte sich gemeinsam mit ihrer Entourage etwas ganz Besonderes für die Fastnacht überlegt. Der Raub eines Burgfräuleins – getanzt von ihrer Gruppe zu mitreißender Musik – eine ganz besondere Idee, die bei den Gästen großen Applaus bekam. Technisch allerdings lief nicht alles perfekt, sodass man einen zweiten Start hinlegen musste.

Doch es wurde zu später Stunde nicht nur getanzt, auch für die Bildung wurde noch etwas getan. Ob zu nächtlicher Stunde noch alle Gäste der Vorlesung des „Babbelprofessors“ folgen konnte, lassen wir mal dahingestellt, amüsiert haben sich aber ganz sicher alle. Nach so viel intellektueller Anstrengung blieb, kurz vor Mitternacht, noch Zeit für Musik und Tanz aus den eigenen Reihen. Die Saloon-Girls, in Gestalt der Resi-Dancers, verwandelten die Bühne in einen echten Western-Saloon, in dem zu Musik des legendären Enrico Morricone (zum Beispiel „Spiel mir das Lied vom Tod“) in Rüschenkleidern stilecht getanzt wurde. Sogar der Cancan durfte nicht fehlen, bei dem die Herren ja immer gespannt sind, was sich wohl unter…Nun ja, es war spät und auch der Wilde Westen feierte nicht unendlich. Mit den Söhnen Heusenstamm hatte eine ganz junge Band die Ehre, mit ihren eigenen, hessischen Songs diesen Abend beschließen zu dürfen. Das Finale mit allen Aktiven auf der Bühne war obligatorisch und mündete in die lang erwartete Polonnaise, ohne die Fasching eben kein Fasching ist!



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