Buch wieder zu haben: Aufstieg und Fall der Mainzer Patrioten

Königstein/Kelkheim (hhf) – Man schrieb das Jahr 1792, als das französisch besetzte Königstein unter preußischem Granatenhagel in Schutt und Asche fiel. Nur die längst zur Festung ausgebaute Burg überstand den Beschuss weitgehend unbeschädigt – fiel aber bald wieder in deutsche Hand und diente fortan als Gefängnis für Anhänger der Revolution.

Namentlich verbunden ist dieses Geschehen mit General Adam-Philippe Custine, der 1792 vom Elsass kommend mit seinen Truppen bis in den Taunus vordrang (wo manche Schanze im Wald noch an ihn erinnert) und auch Frankfurt sowie Mainz eroberte. Dann aber wendete sich sein Kriegsglück (später endete er gar unter der Guillotine) und bis 1793 hatten die alliierten Soldaten sogar den Rhein überwunden und Mainz zurückerobert. Gerade dort aber hatten die französischen Ideen von „Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit“ ihre Spuren hinterlassen, die Stadt wurde für eine kurze Zeit der Mittelpunkt einer „Jakobinerrepublik“ mit gewählten Vertretern.

Obwohl die Verfechter der neuen Staatsform und ihre Sympathisanten – die „Clubbisten“ – sich als „Patrioten“ für ein geeintes deutsches Vaterland einsetzten, konnten diese Bestrebungen den deutschen Herren der „Kleinstaaterei“ nicht gefallen und es kam zu intensiven Verfolgungen. Wer erwischt wurde, landete ohne Gerichtsverfahren für bis zu drei Jahre im Gefängnis, verteilt auf Erfurt, Ehrenbreitstein und Königstein (Taunus).

Mit den geschichtlichen Hintergründen dieser Zeit beschäftigt sich Dr. Dr. Mark Scheibe, seit er als Oberstufenschüler den „Schinderhannes“ entdeckte, der von den Wirren der Revolutionskriege profitierte. Mittlerweile engagiert er sich um die Aufarbeitung der Schicksale der Gefangenen auf Festung Königstein, zu denen auch die bekannte Schriftstellerin Caroline Schlegel-Schelling zählte. Dabei stieß er nun auf ein Buch, dessen Inhalt ihm wichtig genug erschien, um es als überarbeitete Neuauflage wieder in die Regale interessierter Heimat- und Demokratieforscher zu bringen, ergänzt um eine Chronologie der Ereignisse und eine Einleitung: „Weil das Büchlein viel mit Königstein zu tun hat, lag es nahe, es wieder ins Bewusstsein zu rufen.“

Nach langer Zeit des Schweigens über die frühen Demokraten und deren weiteres Schicksal, hatte sich Dr. Karl Georg Bockenheimer, der wohl bekannteste Mainzer Geschichtsforscher und Ehrenbürger, 1873 dieses Themas angenommen. Titel: „Die Mainzer Patrioten in den Jahren 1793 – 1798. Einschließung und Kapitulation von Mainz – Haft in Königstein (Taunus), Ehrenbreitstein und Erfurt – Neuanfang und berufliches Auskommen.“

Besonders der letzte Aspekt ist weitgehend unbekannt, denn die ehemaligen Aktivisten, von adliger Seite verachtet, hatten sich auch unter Demokratiefreunden keinen guten Ruf erworben, als sie sogar mit gewaltsamen Mitteln in Mainz einseitige Wahlen erzwingen wollten. Immerhin kam dabei das erste deutsche Parlament zustande, der „Rheinisch-Deutsche Nationalkonvent“ – umgangssprachlich auch als „Mainzer Republik“ bezeichnet – existierte aber nur wenige Tage. Dazu kommt, wie Bockenheimer anhand von Quellen erläutert, dass ihr kurzfristiges Engagement für die Demokratie später „nach dem Wind“ schwenkt, nicht zuletzt, als sie sich der Militärdiktatur Napoleons und nach 1815 wieder den alten Fürsten unterwerfen, dort sogar aktiv „für die Vorzüge des Adels“ einsetzen.

Und das, obwohl sie ab 1797 die Möglichkeit gehabt hätten, in den französisch besetzten linksrheinischen Gebieten ihre Ideen weiter zu kultivieren. Bockenheimer quittiert: jene, „welche einst dem Volke den Tyrannenhass gepredigt hatten, bequemten sich in die neuen Rollen als Untertanen, und ihr einstiger republikanischer Eifer hatte ein Ende, als sie die gehorsamsten Diener der rücksichtslosesten Militärwirtschaft Napoleons wurden und selbst im Stande waren, mit der Rückkehr der alten Landesherren ihre Vorliebe für das Franzosenthum abzulegen.“

„Die Mainzer Patrioten in den Jahren 1793 – 1798...“ (siehe oben) kostet 13,90 Euro und ist bei der Buchhandlung Millennium erhältlich – oder bei der „Stiftung Historische Kommission für die Rheinlande 1789 – 1815“. Der Erlös daraus dient der Unterstützung von Abschlussstudenten, die sich um die Aufarbeitung der Quellen um die Jakobiner in Königstein kümmern.
Repro: Friedel



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