40 Jahre Migräne-Klinik: „Es waren bewegte Zeiten“

Dr. Ronald Brand informierte anlässlich des runden Geburtstages der Migräne-Klinik das Publikum über die Geschichte der Einrichtung, die sein Vater gegründet hat. Als Gastgeber für den bereits im Ruhestand befindlichen Arzt fungierte Privatdozent Dr. Charly Gaul (rechts), der die Klinik inzwischen leitet. Foto: Friedel

Königstein (hhf) – Es war etwa im Jahr 1962 in Bad Homburg. Da begann Dr. Joachim Brand, sich intensiver mit der Behandlung von Migränepatienten zu beschäftigen. Ausgehend von der Erkenntnis, dass mit den damals „nur sehr eingeschränkt zur Verfügung stehenden medikamentösen Möglichkeiten“ eine befriedigende Kopfschmerzbehandlung für viele nicht möglich ist, suchte er nach neuen Therapieformen. Im Laufe der Zeit integrierte er dann psychologische Ansätze, Ansätze aus der Ordnungstherapie aber auch Ausdauersport, Ernährungsumstellung, Entspannungsübungen und Kneipp-Behandlungen in sein Verfahren.

Wie dieser Leistungskatalog erahnen lässt, wuchs mit der Entwicklung auch die Idee, eine geeignete Klinik dafür zu gründen. Als 1976 in Königstein das Gebäude einer ehemaligen Kaltwasser-Heilungsanstalt im Ölmühlweg zum Verkauf stand, nahm der Arzt all seinen Mut (und sein Geld) zusammen und sprang gewissermaßen ins kalte Wasser. Nach einem Jahr intensiver Renovierung eröffnete die „Klinik Dr. Brand“ schließlich im Januar 1977. Mithin ist die inzwischen umbenannte „Migräne- und Kopfschmerzklinik Königstein“ in diesem Jahr 40 Jahre alt geworden, ein guter Grund zum Feiern.

Natürlich hatte man auch schon im Jahr 2002 die runden 25 Jahre gehörig begangen, doch „gab es damals noch nicht so viele medizinische Vorträge wie heute“, erinnerte sich Dr. Ronald Brand, Sohn und mit seinem Bruder Jan langjähriger Nachfolger des Gründers, nun. Tatsächlich hielt er im Rahmen einer zweitägigen „Headache Master-School“, die auch von der Landesärztekammer Hessen mit Fortbildungspunkten ausgezeichnet war, den einzigen Vortrag, der sich auf die Geschichte des Hauses bezog. Rund 15 weitere Beiträge und einige Workshops zur „Klassifikation, Pathophysiologie und Therapie von Kopfschmerzsyndromen“ rundeten das Symposium ab und zogen reichlich Fachpublikum an. Daher wurde kurzerhand die Gymnastikhalle zum Hörsaal umgestaltet, bei gutem Wetter saßen weitere Gäste sogar noch auf der Terrasse dahinter an den weit geöffneten Türen.

Wie so viele Elemente wurde auch die Sporthalle erst nachträglich eingebaut, wohl einer der Gründe, weshalb Ronald Brandt die familiäre wie berufliche Lage der letzten 40 Jahre auf einen kurzen Nenner bringen konnte: „Es waren bewegte Zeiten“. Im nahtlosen Übergang von Vater auf Söhne passte die erste Klinik in Deutschland für Migräne und Kopfschmerzen nicht nur ihre Therapien, sondern auch die Räumlichkeiten permanent an Bedarf und neueste Forschungen an. Dabei schien der Unterbringungsstatus sogar für politische Verhandlungen in der Abgeschiedenheit des Taunus so geeignet, dass sich 1982 Helmut Schmidt und Wolfgang Mischnick hier trafen – sicherlich das einzige Mal, dass die Klinik ein „Kopfzerbrechen“ in ihren Räumen ohne Gegenmaßnahmen zuließ.

Im Gegenteil wurde „immer wieder investiert“, vor zwölf Jahren übrigens auch in den Umweltschutz, als ein Blockheizkraftwerk eingebaut worden war. Neben neuem Speisesaal (1986), Gymnastikhalle plus Büros darüber (1994) oder Eingangshalle (1996) experimentierte das Team natürlich auch eifrig weiter, so begann man 1988 zum Beispiel erste Studien mit „GR 43175“ von Glaxo, einem „sehr beeindruckenden Medikament“, das Schmerzen schnell verschwinden ließ.

2012 schließlich gelang es, die Nachfolge weiter zu sichern, indem Privatdozent Dr. Charly Gaul die Leitung der Klinik übernahm, so dass sich die Brüder Brand mit gutem Gewissen in den Ruhestand zurückziehen konnten – das Privatleben war gegenüber dem ansprechenden Beruf oft zu kurz gekommen und forderte nun seinen Tribut. Charly Gaul hatte sich die Entscheidung zunächst nicht einfach gemacht, denn es stand auch eine Professur im Raum, freut sich heute aber, seinen Platz hier gefunden zu haben: „Ich bin längst hier heimisch geworden, mein Büro hat einen Blick ins Grüne, ...“ Auch der Wissenschaft musste der renommierte Mediziner in der Migräneklinik nicht abschwören, im Gegenteil führt er die Tradition engagiert fort, die Therapien weiter zu perfektionieren.

Vor diesem Hintergrund darf die Klinik, die nach ärztlicher Einweisung auch Kassenpatienten aufnehmen darf, also getrost in die Zukunft schauen. Dazu kommen die guten Wünsche der Eigentümer: „Mein Bruder und ich wünschen der Klinik und den Menschen, die aus ihr gemacht haben, was sie ist, viel Glück!“



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