Naturbetrachtungen aus Kelkheim und Umgebung Heimchen auf der Deponie

Flirrende Hitze, viele bunte Blumen, der Gesang der Lerche in der blauen Luft und dazu das Zirpen von Grillen, für viele von uns gehörte das in der Kindheit zusammen. Seitdem hat sich vieles in unserer Umwelt verändert. Die Lerchen sind fast überall verschwunden, und nach bunten Blumenwiesen sucht man inzwischen vielerorts vergeblich. Die moderne und immer effizientere Landwirtschaft fordert ihren Tribut. Viel Dünger, vor allem jedoch der Einsatz von Pestiziden und Herbiziden, führen immer mehr dazu, dass empfindliche Pflanzen und Tiere damit nicht klarkommen und verschwinden.

Ein Riesenproblem, das gerade in diesen Wochen sehr intensiv in den Medien zum Thema geworden ist, angestoßen durch neue wissenschaftliche Untersuchungen mit ihren zum Teil besonders niederschmetternden Ergebnissen. Diese Feststellungen stimmen für unsere Feldgrillen, nicht jedoch für die verwandten Heimchen. Ich war doch erstaunt, als ich im Frühsommer dieses Jahres Gartenabfälle auf der Deponie entsorgte und gleich mehrere der eigentlich bei uns eher in Gebäuden vorkommenden „Sänger“ auf den großen Abfallhaufen (Kompostierungsanlage an der B 519) vernahm. Der an verschiedenen Stellen vernehmbare Gesang deutete darauf hin, dass es den Tieren auf den „geruchsintensiven“ Abfällen offenbar gut gefiel.

Zuerst hatte ich vermutet, es sei die Feldgrille, die es sich dort gut gehen ließ, denn allzu ähnlich klang mir der Gesang. Doch ein klärendes Gespräch mit einem Fachkollegen (dank an M. Fehlow für weiterführende Informationen) zeigte schnell, dass der Lebensraum Deponie nichts, aber auch gar nichts mit dem oben beschriebenen der Feldgrille zu tun hat.

Vor allem die Nahrung der Heimchen unterscheidet die beiden Arten. Während Grillen vornehmlich pflanzliche Nahrung aufnehmen, sind es bei den Heimchen eher kleine, bodenbewohnende Lebewesen, aber auch verrottende Abfälle.

Bei Wikipedia liest man: „Ideale Lebensräume stellen Kompostlager dar, da dort durch die Gärung der Abfälle ganzjährig hohe Temperaturen herrschen.“ (Zuletzt abgerufen am 21. Oktober 2017). Eine Katastrophe für die Tiere muss der tagelange Brand im März 2012 gewesen sein, bei dem große Teile der Kompostieranlage in Flammen aufgingen und der Rauch viele Kilometer weit zu sehen war. Doch die Population hat sich offenbar schnell wieder erholt, da die Bedingungen vor Ort ideal sind. Durch die verrottenden Abfälle herrschen ganzjährig erhöhte Temperaturen, sodass die Fortpflanzung gewährleistet ist. Und durch die humusbildenden Lebewesen ist die Ernährung permanent gesichert.

Wie bei den Grillen können nur die Männchen singen. „An der Bildung der Gesänge sind die Schrillader, die Schrillleiste mit den Schrillzähnen oder Lamellen und die Schrillkante beteiligt, an der Verstärkung die Harfe und der Spiegel.“ (Wikipedia, https://de.wikipedia.org/wiki/Feldgrille), d.h. die Männchen bewegen beide Flügel gegeneinander, Schrillzähne des rechten Flügels über die Schrillkante des linken Flügels.

Mit ihrem Gesang locken die Männchen paarungsbereite Weibchen an und übertragen bei der Kopulation ein Samenpaket (Spermatophore).

Je nach Ernährungslage legen die Weibchen unterschiedliche Eizahlen ab. Ist die Ernährung schlecht, sind es gegen 1.000, ist sie dagegen gut, können es auch über 2.500 Stück sein.

Heimchen durchlaufen, anders als zum Beispiel Käfer oder Schmetterlinge, eine unvollständige Verwandlung oder Metamorphose.

Je nach Temperatur und Ernährung sind es neun bis 16 Larvenstadien, bis wieder geschlechtsreife Heimchen vorliegen.

Es grenzt fast an ein Wunder, dass die Heimchen die permanenten Umwälzungen auf der Deponie „klaglos“ ertragen und jedes Jahr erneut ihren Gesang im stinkenden Abfall der Menschen ertönen lassen.

Wir meinen: macht weiter so, formuliert KS.



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