Kinder können die schweren Kartoffelsäcke nicht mehr tragen

Fast zwei Millionen syrische Flüchtlinge leben in der libanesischen Bekaa-Ebene, darunter mehr als eine halbe Million Kinder. ZDF-Redakteurin Barbara Völkel und ihr Kameramann Silas Koch waren vor Weihnachten zehn Tage im Libanon und Jordanien unterwegs, keine 50 Kilometer von Beirut entfernt, um die Situation an Ort und Stelle zu dokumentieren.

Schon mehrmals haben die ZDF Redakteurin und ihr Kameramann den Nahen Osten bereist, um für das ZDF über das Flüchtlingselend vor Ort zu berichten. Diesmal haben sie den stellvertretenden Leiter von Caritas international, Christoph Klitsch-Ott, bei seiner Arbeit begleitet. „Der Libanon“, so Barbara Völkel, war für uns das extremste Beispiel von Flüchtlingselend und Not, das wir bisher erlebt haben. „Sicherlich, so die Journalistin weiter, haben die Nachbarländer Syriens, wie zum Beispiel Jordanien, auch unter dem Ansturm an Flüchtlingen aus den Krisengebieten wirtschaftlich zu leiden, aber kein Vergleich mit dem Libanon. Denn dort leben über fünf Millionen Einwohner mit knapp zwei Millionen Flüchtlingen zusammen. Das heißt: Auf fast jeden dritten libanesischen Einwohner kommt ein Flüchtling. Ohne Hilfe von außen, steht der Libanon, so Völkel weiter, kurz vor dem Zusammenbruch.“

Damit die Flüchtlingsfamilien überleben können, schicken viele ihre minderjährigen Kinder zur Feldarbeit. Dort müssen bereits Siebenjährige für vier Euro mindestens sechs Stunden lang arbeiten. Bei jeder Witterung. Die Hilfsorganisationen versuchen mit Lebensmitteln und medizinischer Versorgung zu helfen, aber bei der Menge an Flüchtlingen, so Caritas Helfer, Klitsch-Ott, reicht die Hilfe nicht aus. „Wir haben Kinder gesehen, die oft vor Erschöpfung die schweren Kartoffelsäcke nicht mehr tragen können, aber immer wieder vom Vorarbeiter des Feldbesitzers angetrieben wurden“, so die Journalistin. Zwei Drittel der Flüchtlingskinder gehen nicht mehr zur Schule.

Zeltschulen, wie die des Deutsch-Syrers Bassam Helou, ein Unternehmer aus Berlin und Vizepräsident der deutsch-arabischen Gesellschaft, besuchte das ZDF-Team. Dort werden 1.500 Kinder mit Hilfe von Spendengeldern unterrichtet. „Wir erlebten endlich mal Kinder, die auch lachten, sich freuten, als sie am Unterricht in dieser Zeltschule teilnahmen,“ so Barbara Völkel weiter. Alle wollten so schnell wie möglich wieder nach Syrien zurück, manche wohnten Luftlinie nicht einmal 80 Kilometer von ihrem Heimatdorf entfernt.

Eine Familie aus Aleppo/Syrien war vor dem Bombenterror in Syrien geflüchtet. Sie bat uns um Hilfe, weil ihr Sohn bei einem Bombenangriff bereits über ein Jahr lang völlig traumatisiert ist. Bei jedem lauten Geräusch, so sagte der Vater, rennt der Sohn weg, ziellos kilometerweit, ohne Schuhe, auch im Winter. Die Familie kann die teuren Therapien für ihren Sohn nicht bezahlen und kettete ihn daraufhin im Zimmer an. An einer fünf Meter langen Kette. Nun kümmert sich die Caritas Organisation um den Jungen. Es sind Geschichten wie diese, die das ZDF-Team erlebte.

Am morgigen Freitag, am 15. Januar läuft der Beitrag um 21.30 Uhr im „auslandsjounal extra“ auf 3sat.

Die Fotos: Kinder bei der Kartoffelernte und Barbara Völkel mit einem Flüchtlingskind auf dem Arm. (Silas Koch).

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