Greta gratuliert zum närrischen Jubiläum

Ein fester Bestandteil der Kolping-Kappensitzung: Die „Kolping Chicks“ orientieren sich in diesem Jahr am Erfolgsroman „The great Gatsby“ und tanzen zu Melodien aus den 1920er-Jahren. Foto: Theuner

Von Sebastian Theuner

Bad Homburg. Schmeichelhaft war das nicht gerade, was von dort oben aus der Bütt zu ihnen in die erste Reihe drang. Und doch konnten sich die Stadtchefs um Oberbürgermeister Alexander Hetjes, Bürgermeister Meinhard Matern und Stadtverordnetenvorsteher Dr. Alfred Etzrodt bei der Kappensitzung der Kolpingfamilie vor Lachen kaum halten.

Derart „charmant“ wie Kaja Simons und Anastasia Seipp hatte sich bisher wohl kaum jemand zu deren tänzerischen Fähigkeiten geäußert („Hetjes Temperament war wie eine Schlaftablett‘“). Seit einigen Jahren eine feste Institution der Kappensitzungen der Kolpingfamilie Kirdorf, hatten sich die beiden Mädchen in diesem Jahr die Bad Homburger Politiker vorgeknöpft. Auf der Bühne versuchten sich die beiden angesichts der im Sommer erstmals anstehenden Bad Homburg Open als Tennisspielerinnen – und wurden prompt vom Vereinsvorstand dazu ermutigt, der Stadtpolitik für den in diesem Rahmen stattfindenden Ball Nachhilfe zu geben. Dass Hetjes und Co. keine Bestnoten erhielten, konnten diese dennoch gut verkraften.

Der gelungene und vor allem sehr selbstbewusste Auftritt der beiden jungen Büttenrednerinnen im Bürgerhaus Kirdorf war Spiegelbild eines abwechslungsreichen und von mehreren Höhepunkten geprägten Programms der Kolping-Fastnachtsabteilung. Seit närrischen 44 Jahren nun hält diese ihre Kappensitzung ab. Das Jubiläum war Anlass für prominenten Besuch auf der Bühne im Bürgerhaus. Die Kirdorfer „Ton-Tauben“, die zum 14. Mal auftraten, kamen in diesem Jahr als Umweltaktivisten daher. Um die für 2022 geplante Errichtung des Windparks im Kirdorfer Feld und die damit einhergehende Rodung vom „Hett’sches Wäldchen“ zu verhindern, holte sich die Gesangsgruppe, diesmal unter dem Namen „Rosemonday for Future“, niemand Geringeren als Greta Thunberg ins Boot. Für den mit einer politischen Botschaft versehenen Auftritt gab es vom Publikum besonders lautstarken Applaus.

Die Traumnote „11“

Die närrischen Sitzungsgäste durften sich auch über den Besuch der aus dem deutschen TV bekannten „Let’s Dance“-Jury freuen, die den Tanz einer neuformierten und erstmals beim Kolpinger Kappenabend aufgetreten Gruppe unter die Lupe nahm. In Glitzerkleidern überzeugten „Unique Spirit“ sowohl Jury als auch Publikum und Elferrat. Sitzungspräsident Volker Göbel bewertete die tänzerische Premiere gar mit der Traumnote „11“. Einem jeden bekannt waren auch jene Charaktere, die Oliver Ernst und Florian Ebbers in ihrem Vortrag verkörperten. Als Winnetou und Old Shatterhand blickten die beiden nostalgisch zurück auf das, was das Indianerleben Mitte des 19. Jahrhunderts von der heutigen Gesellschaft unterschieden hatte: „Wir hatten keinen Laptop und kein WLAN, ein Feuer hat gereicht, schon hat sich die Nachricht am Himmel gezeigt.“

Einen launigen Auftritt in der Bütt legte auch Urgestein Waldemar Wehrheim hin, der diesmal von seinen Erlebnissen als Psychiater erzählte. Am liebsten seien ihm in seiner Praxis ja die Leute mit Fastnachtsorden, „weil ich da sofort erkenn’, die sind plemplem“. Einen musikalischen Stempel drückte der Kinderchor dem Abend auf, mit dem Song „Willkommen in der digitalen Welt“. Im „Gamer“-Shirt sorgten die Kids für einen kleinen Reminder an alle Eltern, die sich noch nicht mit Smartphone und Co. angefreundet haben. Von tänzerischer Seite aus sehenswert waren neben den Debütanten von „Unique Spirit“ auch die Auftritte der Tanzgruppe vom TV Dornholzhausen, der „Kolping Chicks“, der „Kolping Böbbcher“ in ihren in liebevoller Kleinarbeit selbst hergestellten Kostümen, des Männerballetts und der „Traumbuben“. So stand nach über vierstündiger Sitzung mal wieder ein gelungener Kappenabend mit Auftritten auf höchstem Niveau, garniert mit Schunkelrunde und vielen „Helaus“. Befolgen die Kolpings den Ratschlag ihres Psychiaters Waldemar Wehrheim, wird es nicht der letzte gewesen sein: „Feiert richtig Karneval, denn dann bleibt ihr normal.“

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