Wenn Specksteine sich in Bücher verwandeln

Schlange stehen beim Künstler: Stephan K. Müller sieht sich die Specksteinbücher der Kursteilnehmer an und gibt Tipps, wo und wie die Exemplare verbessert werden können. Foto: fch

Bad Homburg (fch). Geschäftiges Treiben herrschte am Samstag den ganzen Vormittag über im Atelier der Galerie Fleck. Hausherr Stephan K. Müller hieß 26 Kinder zum Skulpturenworkshop „Ein Boot“ willkommen. Dieser fand im Rahmen des fünften „Kinder-Blickachsen-Projekts“ der Kinderkunstschule Bad Homburg statt. Die Gründerin der Kinderkunstschule, Petra Kirchberg, ist zugleich gemeinsam mit der Galerie Scheffel Ideengeberin des „Kinder-Blickachsen-Projekts“. Eines der Themen in diesem Jahr lautet „Literatur auf Reisen“.

Die Kursteilnehmer waren zwischen vier und 15 Jahre jung. 16 von ihnen hatte die Teilnahme am Kurs das Projekt „Kulturkinder! Hochtaunus“ des gemeinnützigen Vereins „KulturLeben Hochtaunus“ ermöglicht. Jutta Kaiser und einige Eltern begleiteten die jungen Künstler in die Werkstatt. Die Kinder fertigten mit ihren Händen unter Einsatz verschiedener Werkzeuge aus Specksteinen jeweils ein Buch an. Ein Buch deshalb, weil „jedes Buch seinem Leser eine neue Welt eröffnet und das Wissen der Welt in vielen Büchern steckt. Zudem ermöglichen Bücher Weltreisen und können Welten verbinden“, informierte Petra Kirchberg.

Die „große weite Welt“ symbolisiert bei diesem Projekt ein schnittiges Boot. Das hat der Künstler und Bildhauer Stephan K. Müller aus Tannenholz geschnitzt. Auf „große Fahrt“ geht es am 22. Juni bei der Eröffnung des „Kinder-Blickachsen-Projekts“. Die Fracht des Bootes wird dann aus 26 individuell gefertigten Specksteinbüchern bestehen. Jedes von ihnen enthält Wünsche und Träume der Kinder. Doch bis es soweit ist, stand Raspeln, Schleifen, Schnitzen und Polieren auf dem Programm der Mädchen und Jungen.

In Form brachten die Kinder ihre Specksteine mit Hilfe von einer groben Specksteinraspel und Schleifpapier. Danach wurde mit Hilfe von Schnitzmessern geschabt und geraspelt, um Details wie Linien, Muster oder Vertiefungen herauszuarbeiten. Hier waren Geduld und Feingefühl gefragt, damit nicht zu viel Stein abgeschabt wurde. „Man braucht Geduld, aber es macht Spaß“, sagten Indira (13), Shama (10) und Mohammed (9). „Ja, es macht Spaß, aber es tut auch in den Fingern weh“, stellten Sebastian (13), Alexander und Benjamin (beide 10) fest. Nach dem Raspeln stand das Schleifen der in Buchform gebrachten Specksteine an. Mit feinem Schleifpapier oder einem Schleifschwamm glätteten die Kinder die Oberflächen. Sie entfernen vorsichtig Kratzer, Risse, Unebenheiten oder sogar kleine Löcher, die beim Bearbeiten entstanden waren.

Auf Hochglanz poliert

Stolz zeigten die Kinder Bildhauer Müller ihre Exemplare. Dieser prüfte jeden Buchrohling genau. Oft zeigte er den Nachwuchskünstlern, wo sie noch vorsichtig etwas wegschleifen konnten. Danach ritzten die Kinder in die Buchrücken ihre Initialen ein so wie Hugo (9) aus Karben-Petterweil. „Ich habe bei Herrn Müller schon öfters an Kursen teilgenommen. Es ist immer wieder toll, und ich habe viel gelernt.“ Zum Abschluss polierten die Kinder ihre Buchexemplare auf Hochglanz. Dafür befreiten sie die Steine mit Wasser von ihrer durch das Bearbeiten entstandenen Staubschicht. Um danach die getrockneten Steine mit Naturharzöl einzureiben. Dadurch glänzten die Bücher besonders schön, und die verschiedene Marmorierung der Specksteine trat hervor.

Die stolzen Künstler zeigten sich gegenseitig ihre glänzenden Unikate. Die Kinder versicherten, dass ihnen das plastische Arbeiten mit den Specksteinen gut gefallen hat. Die fünfte „Kinder-Blickachsen“-Skulpturenausstellung findet vom 22. Juni bis zum 13. Juli in Bad Homburg statt. Eröffnet wird sie um 14 Uhr in der Stadtbibliothek. Von dort aus geht es mit der Frankfurter Clownskommode die Dorotheenstraße hoch in die Orangerie im Schlosspark.

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