Parlamentsmehrheit entscheidet sich für die Bebauung von Hornau-West

Die Gagernspange zieht sich einmal quer durch das Gebiet – auf der Künstlerwiese und der Fischbacher Straße enstehen zwei Kreisverkehre, an der Bahnlinie und direkt an der Fischbacher Straße sollen Geschosswohnbauten entstehen, der Rest wird mit Einfamilienhäusern bebaut. Hinzu kommt ein Kindergarten und ein Seniorenwohnheim oder ein Mehrgenerationenhaus.Foto: Planer ASL

Kelkheim (ju) – Ein bis auf den letzten Platz belegter Besucherbereich, ein fast vollständig anwesendes Plenum und ein brisantes Thema auf der Tagesordnung der Stadtverordnetenversammlung – das waren die „Zutaten“ für einen Abend, an dessen Ende eine Entscheidung getroffen wurde, die nicht jedem gefallen hatte. Vor allen Dingen nicht den anwesenden Bürgern, den Mitgliedern der Bürgerinitiative „gegen Hornau-West“ und den Feuerwehrleuten der Feuerwehr Fischbach.

Bebauungsplanverfahren

Die Mehrheit im Parlament (CDU/SPD/FW und FWK) hatte beschlossen, dass ein Bebauungsplanverfahren für das Gebiet Hornau-West auf den Weg gebracht werden soll, mit Gagernspange, Wohnbebauung mit rund 200 Wohneinheiten und einem gemeinsamen Feuerwehrstützpunkt der Wehren Mitte, Hornau und Fischbach. Eingebracht hatten den Antrag die beiden Koalitionäre CDU und SPD, die von der fraktionslosen Ivaloo Schölzel (Freie Wähler) und den Freien Wählern Kelkheim unterstützt wurden. Gegen die Variante 14B stimmten die ukw und die FDP. Der in diesem Zusammenhang gestellte Änderungsantrag der ukw, der eine Prüfung darüber vorsah, ob der Feuerwehrstandort Fischbach nicht saniert werden könne und der Vorschlag, die beiden Wehren Hornau und Mitte am Floriansplatz zusammenzulegen, erhielt eine Absage. Auch der beantragte Verzicht auf die Gagernspange und eine maximale Bebauung auf zwei Hektar bekamen keine Mehrheit. Unterstützung bekam die FDP von der ukw bei ihrem Antrag, dass der Magistrat grob berechnen solle, was für Kosten auf die Stadt bei der geplanten Unterführung von Bahnlinie und Gagernring zukommen würden. Hier enthielten sich CDU und SPD bei der Abstimmung, da ihrer Meinung nach zu weit in die Zukunft gegriffen würde.

Faire Diskussion

Den Zuschauern im Plenarsaal bot sich in der Diskussion ein fairer Schlagabtausch, der von Fabian Beine (CDU) eröffnet wurde. Seine Fraktion und ihm sei es wichtig, das „Nadelöhr Bahnhof Mitte“ zu entlasten und den Verkehr von zwei Schulen und zwei Kindergärten fern zu halten. Sein Blick richte sich in die Zukunft und damit auch auf die Feuerwehr. Sie hätten ihr Versprechen gehalten mit neuen Wehren in Eppenhain, Ruppertshain und Münster. „Heute stehen wir vor neuen Herausforderungen, die drei Wehren sind nicht mehr zeitgemäß, jetzt heißt es nicht mehr Unlösbares nachzubessern, sondern nach Lösungen zu suchen.“ Beine rückte den Standort als „innovatives Projekt“ in den Mittelpunkt, „denn was bietet sich mehr an, als ein Gebiet, das zwischen zwei Bahnhöfen liegt“. Seiner Meinung nach dürfe Hornau-West nicht daran scheitern, „weil man sich Sorgen um die Finanzierung einer Unterführung mache“.

Hohe Kosten

Dem konnte FDP-Fraktionschef Michael Trawitzki nicht zustimmen. „Wir reden hier über Kreditaufnahmen, Zinsen, Tilgung, lässt die finanzielle Tragkraft der Stadt so etwas zu?“, fragte er in den Plenarsaal hinein. Auch das Thema gemeinsamer Feuerwehrstandort bereite ihm Unbehagen. „Seit Jahren warten wir auf eine einheitliche Meinung der drei Wehren, die ist nicht gegeben.“ Sicherlich gäbe es eine andere Lösung, bei der Wohnbebauung sei man aber nach wie vor mit dabei.

Zunahme des Verkehrs

Wolfgang Coy von der ukw lenkte den Blick auf die Diskussion in der Fischbacher Wehr. Man hätte durch den Ankauf eines Grundstücks neben dem Feuerwehrhaus die Grundlage geschaffen, den Standort zu sanieren und auszubauen. Hinzu käme, dass die Zusammenlegung in weiten Teilen der Wehr kritisch gesehen werde. Neben dem ökologischen Eingriff sieht Coy auch die Zunahme des Verkehrs als kritisch. „Mit der Gagernspange wird die Strecke attraktiver für den Fernverkehr. Dann haben die Bewohner der Fischbacher Straße den Verkehr vor und hinter der eigenen Haustür.“ Hinzu käme, dass die Gagernspange als Tempo 30-Zone ausgeschildert und für den Lkw-Verkehr gesperrt werden solle. Und noch etwas bereitet ihm Sorgen – die Wohnbebauung. Hätte die SPD noch im vergangenen Jahr die Bebauung mit 20 Prozent Einfamilienhäusern präferiert, sei man jetzt davon abgerückt. Inzwischen machen diese 50 Prozent der zu bebauenden Fläche aus. „Damit wird der Anteil an Geschosswohnungsbau und damit sozialem Wohnungsbau immer weniger. Das finde ich schade.“

Hysterie rausnehmen

Man solle aus der Diskussion die Hysterie rausnehmen, forderte SPD-Chef Michael Hellenschmidt. Die in der Mobilitätsstudie von 2018 anvisierten 4.000 Autos mehr werde es nicht geben, eher sei von einem Zuwachs von 1.500 Fahrzeugen zu rechnen. Ein natürlicher Zuwachs der „eh da wäre“. Das hieße 7 Prozent mehr für Kelkheim. Seiner Meinung nach mache man die Stadt fit für die Zukunft und „keiner muss sich Sorgen machen, dass seine Wanne nicht vollläuft oder er morgens auf den Kaffee verzichten muss. Will sagen, die Infrastruktur bricht nicht zusammen, wir richten keine ökologische Katastrophe an“.

Wirtschaftsmotor

Für Ivallo Schölzel (Freie Wähler) sei es wichtig, einen Startschuss für die Feuerwehren zu setzen, „denn die Zustände in den Wehren sind nicht mehr tragbar“. Sie möchte nicht, dass die Fischbacher auf der Wartebank sitzen. Sie finde das Konzept ansprechend und natürlich bedürfe es dann auch der Gagernspange. Robert Wintermayr (FWK) sieht in Kelkheim wenig Möglichkeiten, den Wohnungsbau voranzutreiben. Von daher sei Hornau-West eine Chance für die Zukunft. Viele sähen Kelkheim als attraktiven Standort und ein mehr an Bevölkerung würde auch die örtliche Wirtschaft ankurbeln. Nötig wäre dafür allerdings ein „sinnvolles Mobilitätskonzept“. Es gäbe Konzepte, die nicht soviel Verkehr in die Möbelstadt bringen würden. „Es ist nicht sonderlich viel Zuwachs, das kann die Stadt stemmen“, ist er sich sicher.

Kürzester Weg zur A3

Das sieht Jochen Ballach von der ukw ganz anders. Er erinnerte das Plenum daran, dass eine Gagernspange in Zukunft die schnellste Verbindung zur A3 darstellen würde. Er gehe davon aus, dass der Gagernring und auch die Kelkheimer Straße in Zukunft von zusätzlichen 2.400 Autos belastet werden. „Und dann stellen Sie sich mal vor, auf der A3 gibt es eine Vollsperrung. Den Verkehr, der sich dann durch Kelkheim quält, möchte ich nicht erleben“, so seine Schlussworte.

70 bis 80 Millionen

Den Taschenrechner bemüht hatte hingegen Patrick Falk von der FDP. Eine große Baufirma hätte ihm auf Nachfrage die aktuellen Kosten für Straßenbau und Unterführung zukommen lassen. So sei man bei 850 Metern „Gagernspange“ bei rund 18 Millionen, eine Unterführung schlage heute mit 20 bis 25 Millionen Euro zu Buche. Bei den Kosten für die Feuerwehr zog er als Beispiel den derzeitigen Bau der Bad Sodener Wehr heran. Der beläuft sich auf 27 Millionen, Ende offen.  „Mir stellt sich da nicht die Frage, ob wir das wollen, sondern ob wir das können“, so Falk. Er brachte den Standort am Hauptfriedhof wieder ins Spiel, der schon einmal für die Wehren Hornau und Mitte im Gespräch und positiv geprüft worden war. Für ein Projekt, das einen Prozent Zuwachs bringe, wisse er nicht, ob die Stadt so aufgestellt sei, das auf sich zu nehmen.

Zum Abschluss wies Altbürgermeister Thomas Horn (CDU) darauf hin, dass es jetzt nicht so sei, dass morgen gleich die Bauanträge gestellt werden würden. „Wir reden hier über gut 8 Jahre, die so ein Verfahren in Anspruch nimmt.“ Es sei elementares Interesse der Stadt, dass Jüngere hierherziehen, da die Haupteinnahmequelle Kelkheims die Einkommenssteuer sei. „Außerdem konkurrieren wir mit den Nachbarstädten und machen wir uns nichts vor, wir haben Stadtteile, da ist eine weitere Bebauung nicht mehr möglich.“ Man rede hier über ein Projekt für die Zukunft und von daher sei es ihre Pflicht einen Bebauungsplan auf den Weg zu bringen. „Denn Stillstand heißt Rückschritt.“



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